Jakobswegurlaub Tag 6: Bankerlfetisch

Sankt Johann in Tirol – Lofer

Ich habe geschlafen wie ein Stein. Augen zu gemacht, Augen aufgemacht, 9 Stunden rum. Wieder klebe ich Blasenpflaster auf meinen Fuß als wäre er ein Stickeralbum. Nicht vergessen… ich muss unbedingt Blasenpflaster nachkaufen!

Gemächlich geht es aus Sankt Johann raus. An der Hotelrezeption wurde mir eine Flasche Apfelsaft in die Hand gedrückt. Und da ich nicht wusste, wie es auf der heutigen Strecke mit Verpflegung aussieht, habe ich sicherheitshalber 2 Liter extra in den Rucksack gepackt. Plus einen Liter, der vom Vortag noch übrig ist. Macht 3,5 Liter. Na zumindest verdurste ich nicht. Dann muss ich ja heut gar nucht mehr einkauf… aaaaah verdammt, vergessen Blasenpflaster zu kaufen.

Recht gedankenversunken humple ich vor mich hin. Die Sonne scheint und ich hätte gern ein schönes Sonnenbankerl für eine Rast. Eines erblicke ich, aber das gehört zu einer Hotelanlage. Moment. Das ist gar keine Hotelanlage, sondern eine Wohnsiedlung für Mitarbeiter der Hotelanlage. Na servas. Irgendwie traue ich mich dann doch nicht mich dort hinzusetzen und warte aufs nächste Sonnenbankerl. Na wenn ich mal gewusst hätte… Es kommen zwar unzählige Bankerl, aber alle im Schatten. 10 Kilometer lang kein einziges Sonnenbanker! Dabei bin ich so sehr auf die Bankerlsuche fixiert, dass ich rund um mich kaum was mitbekomme. Was ich hingegen schon mitbekomme, ist meine Erschlauchtheut. Mein Körper schreit aus jeder Pore nach einem Ruhetag. Dann endlich… ein Sonnenbankerl!

Nach längerer Rast fühlen sich meine Beine so an, als hätten sie gerade erst laufen gelernt. Jössas, schlimm mit mir. Keine 200 Meter weiter – das nächste Sonnenbankerl. Ich würd soooo gern… aber nein, ich muss auch ein paar Kilometer machen.

Mir kommt eine vollbepackte Wanderin entgegen. Riesen Rucksack, tausend Sachen baumeln daran runter und irgendwas ist zum Trocknen an den Brustgurt geklemmt. Das sieht definitiv nicht nach einem Tagesausflug aus 😀 Natürlich will ich sofort wissen wo die junge Dame so herumwandert. Zu meiner großen Überrschung werde ich begrüßt mit „Bist du der Philipp?“ … waaaaaas. Ich bin zugegebenermaßen derart perplex, dass ich erst gar nicht weiß was ich anderes darauf sagen soll als „Ja“. Wie sich herausstellt ist Manuela gebürtige Südtirolerin und geht gerade von Wien nach Hause nach Bozen. Das finde ich sehr toll! Bei der Recherche über den Weg durch Österreich ist sie auf meinen Blog gestoßen und hat daher gewusst, dass ich wieder am Jakobsweg (zumindest für einen Urlaub) bin. Jetzt weiß ich wie sich Weltstars fühlen. Keinen Meter kann man sich bewegen ohne erkannt zu werden! 😉 In meiner altbekannten zwischenmenschlichen Unbeholfenheit habe ich natürlich wieder einmal vergessen Kontakte auszutauschen. Liebe Manuela, solltest du das hier lesen, melde dich doch gerne bei mir, wenn du wieder in Wien bist. Natürlich will ich wissen wie es ist nach Südtirol gewandert zu sein! Meine Mailadresse ist unter „Kontakt“ gespeichert.

Weiter gehts. Als Mittagspause habe ich wieder einmal einen Spar auserkoren. Inklusive Sonnenbankerl vorm Spar! Eigentlich will ich gar nicht mehr aufstehen. Mir tut alles weh und ich fühl mich total kO. Hoffentlich habe ich auf Manuela keinen allzu bemittleidenswerten Eindruck gemacht 😀

Ein gutes Stück nach dem Spar schießt mir ein: Verdammt… Blasenpflaster vergessen! Im weiteren Verlauf des Tages gehe ich mehr oder weniger von Bankerl zu Bankerl. Das erinnert mich wirklich sehr an meine Anfangszeiten damals am Jakobsweg 😀

„Kein Wanderweg“ mit Richtungsangabe. Wenn man mal wo nicht hingehen will.

Bei meinem letzten Sonnenbankerl kurz vor Lofer gesellt sich ein junges Mutter-Tochter Gespann zu mir. Die kleine Tochter ist so süß, wie sie mir im Hardcore Dialekt erklärt was sie alles bei der Wanderung gesehen hat 😀 Moment. Ich finde Kinder süß? Oh Gott. Was ist los mit mir?

In Lofer gehe ich noch einen kleinen Umweg um mir endlich die Blasenplaster zu besorgen. Dabei fällt mir ein, dass ich auch gleich Verpflegung für morgeb mitnehmen muss. Denn auf der längsten Etappe meines Jakobswegurlaubs gibt es keine Einkaufmöglichkeit. In der Unterkunft angekommen, bin ich erstaunt über die Größe des Zimmers. In einem Hotel wäre das mindestens eine kleine Suite. Beim Auspacken des Rucksacks… VERDAMMICHEINSNOCHMAL… die Blasenpflaster vergessen!

Zu Abend habe ich entschieden im gleichen Lokal zu speisen, in dem ich vor vier Jahren schon war. Mindestens einmal wollte ich aus nostalgischen Gründen einmal in einem „historischen Philipp Jakobsweggasthaus“ einkehren. Diesen Wunsch habe ich mir somit erfüllt. Natürlich nicht, ohne vorher noch einen Abstecher zum Spar zu machen um Blasenpflaster zu kaufen…