Jakobsweg

Wo: Von Wien nach Santiago de Compostela und weiter nach Finisterre und Muxia
Wann: 30.03.2018 – 24.08.2018
Länge: ca. 3100 Kilometer

Der Jakobsweg war mein erster Weitwanderweg. Aber warum ist es genau dieser geworden? Nunja. Eigentlich wollte ich ja mit dem Pacific Crest Trail anfangen. Nach nur zwei Tagen musst ich mich dort allerdings geschlagen geben. Unzureichend vorbereitet, absolut keine Fitness, mangelnde Erfahrung und so weiter, und so weiter. Tränenüberströmt bin ich im Hotel in San Diego gesessen und tausend Gedanken sind mir durch den Kopf geschossen. War es die falsche Entscheidung alles aufzugeben und wandern zu gehen? Ist alles vorbei? Ist mein Traum geplatzt? Wie soll es nun weiter gehen? Mit einem äußerst mulmigen Gefühl in der Magengegend bin ich zuhause angekommen. Mein Vater war anfangs von meiner Weltwanderidee schließlich überhaupt nicht begeistert und ich habe mir eine Standpauke erwartet, die ihresgleichen suchen wird. Aber das Gegenteil war der Fall. Es wurden aufbauende Worte gesprochen und mein Selbstwertgefühl wiederhergestellt. Das war der Zeipunkt als mein Vater vorgeschlagen hat, ich solle doch mit dem Jakobsweg beginnen. Ich habe mich wirklich laaaaaaaaaaaange gegen den Jakobsweg gewehrt. Aber das ideale Startfenster stand quasi vor der Tür und die Argumente für den Jakobsweg waren einfach absolut unbestreitbar überzeugend. Gute Infrastruktur, gößtenteils leichtes Gelände, nie wirklich weit weg von Zivilisation und ich muss weder Wasser filtern noch mir ernsthafte Gedanken über die Verpflegung machen. Somit war es entschieden. Und die Entscheidung bereue ich bis jetzt nicht!

Die Frage, die ich mir gestellt habe, war vorallem ob man religiös sein muss um am Jakobsweg zu pilgern. Ich denke nicht. Es geht ja auch darum Besinnung und „das Etwas“ zu finden. Was auch immer das ist, muss jeder für sich entscheiden.

Aber kommen wir zur Route. Mein persönlicher Startpunkt war im Norden Wiens im Wienerwald. Mein Vater hat mich dort hingebracht, damit ich nicht durch ganz Wien hatschen muss. Was ich mir auch jetzt noch nicht berauschend vorstelle. Von dort bin ich dann nach Purkersdorf marschiert, was mein offizieller Einstieg in den Jakobsweg Österreich war. Der Wegverlauf geht westlich durch Österreich, an St. Pölten und Linz vorbei und durch Salzburg Stadt durch, bis zum kleinen deutschen Eck, welches passiert wird. Wir schlängeln uns über Lofer nach Innsbruck, passieren den Arlbergpass (wo ich in einem Schneefeld eingebrochen bin) und überschreiten in Rankweil bei Feldkirch die Grenze in die Schweiz.

In der Schweiz gibt es mehrere Routen. Ich habe mich vor Ort spontan für das Appenzeller Land entschieden. Beim schweizer Jakobsweg hat man öfters Wahlmöglichkeiten wie man weitergehen möchte, so bin ich zum Beispiel mit einem Boot am Vierstädtersee von der Hauptroute abgewichen und nach Luzern geschippert. Etwa bei Bern kommen alle Wege zusammen und es geht geschlossen nach Genf. Die Landschaft in der Schweiz hat mir wirklich sehr gut gefallen und war für mich ein besonderes Erlebnis. Wäre dort nicht alles so schweineteuer, würde ich jedem empfehlen dort zumindest ein paar Tage den Jakobsweg zu gehen.

Der französische Jakobsweg führt uns anfänglich am Rande der französischen Alpen vorbei, leitet uns durch das Velay, folgt grob dem Lot, durchquert die Causses und die Gascogne und teilt sich dann in 2 Übergangsmöglichkeiten über die Pyrenäen auf. Die nördlichen Etappen führen über die spanischen Grenze nach Pamplona, die südlichen Etappen durch den etwas anstrengenderen Somportpass. Ich habe mich für die nördliche Variante entschieden. Da kommen wir durch Saint Jean Pied de Port, was den Beginn des vielbegangenen Camino Frances markiert. Von da an waren wirklich Massen unterwegs und mit der liebgewonnenen Einsamkeit am Camino war es vorbei.

Spanien. Ich sage nur… „La Rioja“. Ich weiß, ich weiß… viele bringen pilgern mit Verzicht in Verbindung. Aber seien wir uns mal ehrlich… wenn sogar Jesus auf Wein steht, dann wird man sicher nicht mit der ewigen Verdammnis bestraft, wenn man sich in der berühmtesten Weingegend Spaniens das Eine oder Andere Glaserl gönnt 😀
Bei diesem Abschnitt habe ich mir vorgenommen nicht zu viel zu planen und mir besonders viel Zeit zu lassen. Denn hier habe ich mit Abstand die meisten anderen Pilger getroffen. Gepaart mit den aneinander gereihten Bars war der Camino Frances auf jeden Fall ein geselliges Erlebnis 🙂

Nachdem ich Santiago erreicht hatte, fühlte ich mich noch immer nicht angekommen. Auch die drei weiteren Tagesetappen nach Finisterre – dem Ende der Welt – haben daran nichts geändert. Erst in Muxia, wo der Reiseführer endgültig aufhört, habe ich langsam realisiert, dass es jetzt zu Ende geht.

Alle 148 Tagesetappen gibt es natürlich im Blog nachzulesen. Ihr findet die Einträge in der Kategorie *Trommelwirbel* Jakobsweg.

Meine Packliste für den Jakobsweg findet ihr hier.

Fragen und Antworten

Es folgt eine kleine Zusammenstellung aus den Fragen, die mir am öftesten gestellt werden. Vielleicht hilft es ja dem einen oder anderen 🙂

Welchen Teil des Jakobsweges kannst du empfehlen?
Mir persönlich hat die Schweiz am besten gefallen. Das Alpenvorland, die Seen, die Menschen… und natürlich auch, dass man hier zum ersten Mal auf mehr als einen Pilger in der Woche stößt 🙂 Natürlich unverschämt teuer, aber hätte ich nur beschränkt Zeit, dann würde ich diesen Part wählen.

Welches Budget braucht man für den Jakobsweg?
Diese Frage lässt sich absolut nicht pauschal beantworten. Wieviel Geld man für den Jakobsweg braucht hängt von vielen persönlichen Präferenzen ab. Schläft man lieber alleine in einem gemütlichen Zimmer? Geht man gerne mal in ein Restaurant? Schaut man sich Sehenswürdigkeiten mit Eintritt an? Meine Empfehlung wäre mit etwa 50 Euro pro Tag zu kalkulieren. Da kann man sich mal ein schönes Zimmer abseits der Herbergen leisten, sich ein Abendessen im Restaurant gönnen und auch mal zwischendurch für ein Bier Halt machen. Ich habe auch Menschen getroffen, die mit 15-20 Euro pro Tag auskommen. Gehen tut alles 😀

Wie sind die Herbergen am Jakobsweg, wo kann man sonst noch schlafen?
Hier muss man nach Ländern unterscheiden. Je näher man Santiago kommt, desto einfacher wird es eine Unterkunft zu finden. Wobei ich dazu sagen muss, dass ich eigentlich bis auf einige wenige Male immer sofort in meinem Zielort einen Schlafplatz gefunden habe. Wobei ich nie vorher reserviert habe, sondern in der Regel einfach 1-2 Stunden vor meiner Ankunft bei potenziellen Schlafplätzen angerufen habe. Oft bin ich auch einfach vor Ort aufgetaucht und habe gefragt, was mir sogar öfters einen Rabatt eingebracht hat!

Österreich: Viele Wirtshäuser haben verhältnismäßig günstige Zimmer zwischen 30 und 40 Euro pro Nacht. In Pfarrhäusern und Klöstern kann man meistens kostenlos bzw. gegen eine Spende übernachten. Private Herbergen findet man nur selten. Im Westen sind die Menschen viel entgegenkommender gegenüber Pilgern. Im Zweifelsfall anläuten und fragen 🙂
Achtung! April/Mai ist Zwischensaison in den Skigebieten in Salzburg und Tirol. Ich hätte 2 Mal beinahe nichts zum Schlafen gefunden.

Schweiz: In der Schweiz ist „Schlafen im Stroh“ weit verbreitet. Das ist in dem sauteuren Land definitiv die günstigste Variante die Nacht zu verbringen, muss man halt mögen. Es gibt zwar bereits vermehrt Herbergen, aber selbst die verlangen meistens grob um die 25 Euro. Dafür gibt es nach dem Alpenvorland häufiger Campingplätze. Welche aber ebenfalls nicht billig sind. Preise für Einzelzimmer in Bed and Breakfasts liegen etwa um die 60 Euro pro Nacht.

Frankreich: Der Jakobsweg ist in Frankreich sehr beliebt. Dementsprechend gibt es hier auch viele Herbergen. Spätestens ab Le Puy en Velay, wo viele Ihren Weg beginnen, muss man eigentlich gar nichts mehr buchen. Wir sind immer direkt hingegangen und haben bis auf ein einziges Mal immer ein Bett bekommen. Die Qualität der Zimmer lässt zwar gegenüber Österreich und der Schweiz nach, sind aber deutlich günstiger mit etwa 10-15 Euro für ein Bett. Auch die Preise für Hotelzimmer sinken, je weiter man Richtung spanischer Grenze kommt. Franzosen campen sehr gerne. Dementsprechend verfügt gefühlt jeder Ort über einen Campingplatz. Diese sind meistens sehr günstig (7-10 Euro) und ich hatte bis auf einen Campingplatz ausschließlich tolle Erfahrungen mit sauberen Sanitäranlagen und gemütlichen Zeltwiesen.

Spanien: Der Jakobsweg in Spanien ist quasi zugepflastert mit Schlafmöglichkeiten. Es gibt kirchliche Herbergen, welche 5 Euro pro Nacht verlangen, private Herbergen, in denen man 10-15 Euro bezahlt und dann sogenannte „Donativos“. Diese Donativos sind Orte, wo man gegen eine Spende übernachten kann. Ich war zwar nie in sowas drin, habe aber nur schlechtes darüber gehört. Wer nicht am absoluten finanziellen Minimum unterwegs ist, dem empfehle ich die 10-15 Euro zu investieren. Leider bestehen die Herbergen in Spanien in der Regel aus riesigen Schlafsälen mit bis zu 50 Betten. Die Sanitäranlagen waren zwar in Ordnung, allerdings konnte ich mich nicht damit anfreunden mit so vielen Menschen in einem Zimmer zu liegen. Deshalb bin ich auf Hotels ausgewichen, welche aber oft durchaus preiswert sind. Gerade gegen Ende des Jakobsweges gibt es auch immer wieder Hostels, welche ein angenehmes Mittelding zwischen Herbergen und Hotel sind.

Gibt es Bettwanzen am Jakobsweg?
Knappe Antwort: Ja. Allerdings wurden sie erst in der zweiten Hälfte des spanischen Jakobsweges, also des Camino Frances, zu einem Problem. Davor habe ich von niemandem gehört, dass er welche gehabt hätte.

Wie sind die Menschen am Jakobsweg?
Generell ist den Bewohnern der Orte, durch die der Jakobsweg führt, klar, dass es sich um einen Pilger handelt, wenn ein Mensch mit großem Rucksack durchkommt. Man kommt dadurch immer wieder ins Gespräch und ich hatte wirklich nur gute Erfahrungen mit Einheimischen.
Wenn man andere Pilger trifft, fühlt es sich oft so an, als wäre man mit einem alten Freund unterwegs. Man verzichtet ganz automatisch auf den Smalltalk und das typische BlaBla. Ich weiß die persönlichsten Dinge von wildfremden Menschen und umgekehrt habe auch ich mich ihnen anvertraut. Es scheint ganz normal zu sein sich den Ballast von der Seele zu reden und dabei immer auf offene Ohren zu stoßen. Aber wie es überall ist, kann man auch am Jakobsweg nicht mit jedem. Macht nichts, denn wenn man will, verliert man sich relativ schnell wieder aus den Augen. Wenn man das nicht will, tauscht man seine Nummern aus. Ich hatte noch nie so viele Kontakte in meinem Handy. Und alle haben den selben Nachnamen: Pilger. Eine große Familie sozusagen 🙂

Und zu manchen Pilgern baut man ganz besondere Beziehungen auf. Aus Pilgern wurden Freunde. Auch jetzt, wo ich ja schon zuhause sitze, habe ich immer noch regelmäßig Kontakt zu einigen. Ich glaube, dass gerade dieses stundenlange „aufeinander kleben“ während dem Gehen und den unzähligen Gesprächen die man führt leicht erkennen lassen mit wem man kann und mit wem nicht. So kommt es dann, dass man sich von manchen Menschen am liebsten gar nicht mehr trennen würde.

Ist es gefährlich am Jakobsweg?
Definitiv: Nein. Es gibt keine Wölfe oder Bären, die einem nach dem Leben trachten. Die Wanderwege sind wirkliche Wanderwege ohne Bergsteigerei. Man ist im Prinzip immer in der Nähe von Zivilisation. Auch als Frau braucht man keine Angst haben. Mir ist nur eine einzige Geschichte zu Ohren gekommen, dass eine junge Frau in einer Herberge unsittlich berührt wurde. Sie hat lauf auf sich aufmerksam gemacht, andere Pilger haben den Strolch vertrieben, die Herbergsmutter hat der Dame sofort ein versperrbares Einzelzimmer gegeben und am nächsten Morgen ist die Polizei bereits den Jakobsweg abgefahren um den Typen zu suchen. Die größte Gefahr ist meiner Meinung nach der Verkehr. Gerade in Österreich und Frankreich muss man viele Kilometer auf gut befahrenen Straßen zurücklegen. Nicht nur einmal musste ich mitten auf einer Freilandstraße gehen.
Interessanterweise war Diebstahl überhaupt kein Thema. Auch nicht auf dem wirklich überlaufenen Camino Frances. Im Gegenteil, ein Pilger aus unserer Gruppe hat sein Geldbörsel verloren und der Finder hat aktiv nach dem Besitzer gesucht. Rucksäcke lässt man immer irgendwo überall stehen. Ich habe meinen Rucksack zum Beispiel vor einem Geschäft hingestellt, wenn ich hinein gegangen bin. War nie ein Problem.

Wie steht es um die Verpflegung am Jakobsweg?
Auch hier muss ich wieder länderspezifisch werden, da sich teilweise sogar einzelne Regionen stark von der Versorgungslage unterscheiden.

Österreich: Der Streckenverlauf leitet uns immer wieder durch Ortschaften durch. Mindestens 2 Mal am Tag kommen wir bei einem Supermarkt vorbei und auch an Wirtshäusern mangelt es nicht. Brunnen gibt es aber selten. Ich hatte immer mit: 2 Liter zu trinken, 2 Wurstsemmeln und ein paar kleine Snacks.

Schweiz: In der Schweiz sieht man oft regionale Lebensmittelhändler, welche zum Gustieren einladen. Die Supermärkte scheinen auf den ersten Blick teuer, aber es gibt auch günstige Eigenmarken. Zwar kommt man immer wieder an Restaurants vorbei, schrecken aber mit wirklichen Horrorpreisen ein bisschen ab. In „Beisln“ geht es preislich einigermaßen, welche eigentlich meine Haupternährungsquelle wurden 😀 Ansonsten empfehle ich immer die Abendmenüs in den Herbergen zu nehmen und beim Frühstück ordentlich reinzuhauen. Trinkwasser zu bekommen ist ansich kein Problem. Zwar gibt es nicht wirklich viel Brunnen, aber man kommt durch viele belebte Bauernhöfe durch und die Bauern sind allesamt sehr pilgerfreundlich. Ich hatte immer mit: 3 Liter zu trinken, ein paar kleine Snacks.

Frankreich: Von Genf bis Le Puy gibt es eine regelrechte Durststrecke. Manchmal gibt es 1-2 Tage lang keine Möglichkeit sich richtig zu verpflegen, deshalb rate ich dazu immer irgendwas mitzuhaben, was man mit Baguette verzehren kann. Denn Bäckereien findet man wirklich an jeder Ecke. So klischeehaft es klingt… das Baguette wird in Frankreich zum Grundnahrungsmittel. Die Restaurants haben äußerst merkwürdige Öffnungszeiten (mein Highlight war ein Lokal, welches 4x in der Woche offen hatte und da nur von 19:30 – 20:30) und bieten deshalb keine verlässliche Versorgung. Dafür wird man in den Herbergen umso mehr gefüttert. Beispiel für ein Abendmenü: Kalter Vorspeisenteller, großer Salat, Suppe, Hauptgericht, Nachspeise, Käseplatte. Dazu gibts natürlich eine Flasche Wein. Ab Le Puy wird die Verpflegung deutlich besser. Es gibt mehr Märkte, mehr Restaurants, mehr alles. Trotzdem rate ich auch hier immer eine kleine Reserve mitzuhaben. In Frankreich gibt es wirklich viele Brunnen am Weg. Dennoch sollte man anstrengende Etappen gepaart mit großer Hitze nicht unterschätzen. Ich hatte immer mit: 1,5 Liter zu trinken, 1 Baguette, Sachen fürs Baguette (z.B. Wurst und Käse), Trockenfrüchte, Müsliriegel, sonstige kleine Snacks.

Spanien: Der Jakobsweg in Spanien, meine Erfahrung bezieht sich auf den Camino Frances, ist ein Pilgerparadies. Wirklich in jedem noch so winzigen Kaff gibt es mindestens 2 Bars und ein Restaurant. Immer wieder stehen Getränkeautomaten herum oder reisende Händler verkaufen eine kühle Erfrischung. Zudem findet man häufig Brunnen mit Trinkwasser. Das obligatorische Pilgermenü um ein paar Euro gibt es in jeder Herberge, jedem Restaurant, jeder Bar und jedem Café. Ist halt geschmacklich kein Highlight, macht aber satt. Supermärkte gibt es zwar auch, aber bei dem Überangebot an Bars war ich auf dem ganzen Camino Frances nur 2 Mal in einem Markt drinnen. Aber bittet unterschätzt nicht die Hitze im Sommer. Auch wenn die Verpflegung hier wirklich 1a ist, braucht der Körper viel Wasser. Also immer eine Flasche mitnehmen! Ich hatte immer mit: 1 Liter zu trinken, ein paar kleine Snacks.