Jakobsweg Tag 128: Am Fuße der Meseta

Burgos – Hontanas (ca. 31 Kilometer)

Eigentlich wollte ich durchmachen, habe mir dann aber doch noch ein bisschen Schlaf gegönnt. Der Wecker läutet um 3:30 Uhr. Spielraum ist eingeplant, denn ich habe mich bei meinem längeren Aufenthalt in Burgos, welchen ich wirklich sehr genossen habe, ordentlich ausgebreitet. Dementsprechend dauert das Packen etwas, aber ich schaffe es um 4:30 Uhr auf der Straße zu stehen.

Erstaunlicherweise bin ich nicht der einzige Pilger, der verrückt genug ist um diese Uhrzeit aufzubrechen. Ein Pärchen irrt genauso wie ich durch das Labyrinth in Burgos. Immerhin bietet sich mir die Kathedrale in ihrer nächtlichen Pracht dar.

Der Weg raus aus der Stadt zieht sich ziemlich und führt mich unter anderem durch einen schlecht beleuchteten Park. Das Gelände ist riesig und ganz wohl ist mir dabei nicht. Als dann auch noch neben mir eine Eule anfängt zu eulen, gruselts mich doch ein wenig 😀

Allmählich verlasse ich das Stadtgebiet von Burgos und ich muss festellen, dass es verdammt dunkel ist. Ich meine wirklich dunkel. Kein Mond am Himmel, keine Straßenbeleuchtung in der Nähe… aber ich habe ja eine Stirnlampe 🙂 Durch das intensive Licht der LED Lampe, wirkt die Umgebung wie von einer anderen Welt.

Zahlreiches Insektengedöns findet das Licht der Stirnlampe sehr anziehend, wodurch ich bald von einem Schwarm allen möglichen Fluggetiers umgeben bin. Das wiederum ist für eine Fledermaus interessant, welche mich eine Zeit lang begleitet und die Chance nutzt um mal so richtig satt zu werden.

Langsam geht die Sonne auf und ich sehe auch ohne Lampe genug. Nach insgesamt 20 Kilometern wird es Zeit für eine Frühstückspause. Im letzten Ort vor meinem voraussichtlichen Tagesziel 11 Kilometer weiter, gibt es einen kleinen Shop, der mir ein extrem trockenes Bocadillo, also ein Sandwich, verkauft. Noch immer ist es angenehm kühl. Sogar so kühl, dass man in der Sonne sitzen kann. Die Hälfte des Bocadillos zwinge ich mir rein, ehe es mir bei den Ohren rausstaubt. Zum wegschmeissen zu schade, finde ich einen low-budget Pilger, der sich einen Haxn über das gratis Frühstück ausfreut.

Wie es so oft am Camino ist, gehe ich plötzlich nicht mehr alleine. Luise aus Südafrika hat sich zu mir gesellt und für die nächsten 6 Kilometer haben wir ein ziemlich philosophisches Gespräch über Glauben und Wissen, über gut und böse. Unser gemeinsamer Weg endet genauso abrupt wie er begonnen hat, indem sie einen Ort leicht abseits des Jakobsweges besichtigen will. So ist das hier nun mal. Oder ich bin einfach nur ein anstrengender Gesprächspartner 😀

Man geht und geht und geht, und es scheint so, als würde da einfach gar kein Ort mehr kommen, ehe sich Hontanas aus einer leichten Senke erhebt. Ich kehre in einer Bar ein, leere 1,5 Liter eiskaltes Zuckerwasser in mich hinein, gefolgt von Eis und Pommes (Hikerernährung halt) und lasse den Tag revue passieren. Es hat mir unglaublich viel Spaß gemacht im Dunkeln zu gehen. Der Beginn der Meseta hat mich total verzaubert. Die Landschaft ist karg und eintönig, aber auf ihre Art wunderschön. Dazu ein Hörbuch hören, hat das Erlebnis abgerundent. Hape Kerkelings „Ich bin dann mal weg“. Für mich war dieser Tag heute eines meiner Highlights von 4 Monaten am Camino.

Kurz überlege ich 9 Kilometer in den nächsten Ort zu gehen, aber es ist 13 Uhr und die Hitze bereits beim Sitzen im Schatten unangenehm. Deshalb verwerfe ich den Gedanken sofort wieder.

Ich quartiere mich im einzigen Hotel der Stadt ein. Und ja, ich werde bis Santiago bei Hotels bleiben. Mir ist es wichtig den Weg auf meine Art zu genießen und das kann ich nicht, wenn ich mit 70 anderen Leuten im selben Raum schlafen muss. Jedenfalls bin ich sehr skeptisch was mich erwartet, werde aber positiv überrascht. Ausgesprochen bequeme Betten und das nagelneue Bad verfügt sogar über eine Regendusche.

Ob ich es zum Abendessen über die Straße ins Restaurant schaffe, um mir ein Pilgermenü zu gönnen, kann ich noch nicht sagen. Bin während dem Blogschreiben schon paar mal kurz weggenickt 😀 Morgen möchte ich wieder früh aufstehen und das Abenteuer Meseta weiterhin erfolgreich und gefüllt mit positiven Emotionen fortsetzen.