Jakobsweg Tag 35: Mittendrin statt nur dabei

St. Anton am Arlberg – Wald am Arlberg (ca. 25 Kilometer, 20 zu Fuß, 5 mit dem Bus)

Leider habe ich sehr schlecht geschlafen, aber so wars immerhin einfach früh aufzustehen. Bei der Verabschiedung habe ich der Hausherrin ein bisschen Trinkgeld gegeben und sie hat mir noch eine riesige Tafel Schokolade in die Hand gedrückt.

Beim Billa noch ein Frühstück geholt und dann gings schon ab in die Wildnis. Und zwar wirklich Wildnis! Am Weg lag Schnee und je weiter rauf ich gekommen bin, desto öfter lagen abgrebrochene Geröllmassen und ungestürzte Bäume auf dem schmalen Grat den Berg hinauf. Gerade bei den Schieferplatten habe ich mich vorsichtig vorgetastet um nicht eine wacklige zu erwischen.

Bis auf eine Stelle bin ich aber relativ gut durch gekommen. Der Steg endet an einer Forststraße. Bei einer kleinen Kapelle, wo ich eine kurze Pause mache, geht es in den Wald hinein zum weiteren Aufstieg. Anfänglich sah es so aus als hätte sich das Schneeproblem erledigt, allerding kamen die Schneeflächen immer häufiger und deckten auch den Weg ab, wo ich dann, bei tiefen und unterspülten Stellen, eine Umweg durchs Gelände suchen musste.

Der Pfad wird von der Arlbergstraße unterbrochen, setzt aber direkt fort. Der Aufstieg ist anspruchsvoll, aber wunderschön. Immer wieder muss ich kleine Umwege machen um einigen schwer passierbaren Stellen auszuweichen. Hier gibt es auch keine Fußspuren von Vorwanderern mehr. Bei den letzten paar 100 Meter, kurz vor St. Christoph, stoße ich auf eine flächendeckende, etwa 2 Meter hohe Schneemasse.

Irgendwo da drunter ist der Weg durch den Arlbergpass

Etwas weiter hinten kann ich einen Wildwechsel am Schnee erkennen und halte es für eine gute Idee dorthin zu gehen. Die ersten 20-30 Meter laufen gut. Der Schnee ist sehr fest und ich komme voran. Aber natürlich kommt es wie es kommen muss. Ich breche bis zur Hüfte ein und bekomme Panik. In der Hektik versuche ich mich zu befreien, aber sinke dadurch immer tiefer ein. Nun stecke ich fast bis zur Brust im Schnee, nur der Rucksack hat mich aufgefangen.

Gut, tief durchatmen. Es ist nur Schnee, die Situation ist nicht bedrohlich und für den Fall der Fälle habe ich immer noch das Satellitennotfallsignal, welches griffbereit am Schultergurt des Rucksackes befestigt ist. Die Stöcke sind nutzlos, sie können mir jetzt keinen Halt mehr geben, also werfe ich sie zurück Richtung Waldweg. Langsam kann ich mich bis zur Hüfte aus dem Schnee arbeiten, sodass ich mich auf die Kante setzen kann. 2 Mal breche ich durch, bis ich endlich meinen Hintern halbwegs sicher platziert habe. Ich rolle mich zur Seite, ziehe die Füße aus dem Schnee und krabble auf allen Vieren zurück zum Weg. Zwar bin ich jetzt komplett durchnässt, aber doch froh aus dem Schneefeld wieder draussen zu sein. Kurzfristig ist mir leicht anders worden.

Ein neuer Versuch ist keine Option, also gehe ich zurück zur Arlbergstraße und folge dem Straßenverlauf mach St. Christoph. Der höchste Punkt am Jakobsweg ist erreicht! Leider hat die Kapelle geschlossen, also gehe ich nach ein paar Schnappschüssen weiter.

Aussicht vom höchsten Punkt am Jakobsweg

Bei den Schneemassen ist nicht daran zu denken am Jakobsweg weiter zu gehen, deshalb folge ich der Arlbergstraße bergab. Es ist wirklich nicht schön zu gehen, weder Banket noch Grünstreifen gibt es hier, sprich ich muss wieder mitten auf der Straße gehen. Noch dazu ruft mich der Betreiber meiner Pension in Klösterle an, dass die Buchung hinfällig ist. Sie haben eigentlich geschlossen und ein Mitarbeiter hätte einen Fehler gemacht. Aber er ist so nett und hilft mir bei der Suche nach einem Ersatz.

In Stuben finde ich mir selbst was Neues. Allerdings ist die Pension in Wald am Arlberg. Mein Studium der Verkehrskarten hat ergeben, dass es neben der Route des Jakobsweges keine Alternative zur Bundesstraße gibt. Da ich direkten Blickkontakt zum Jakobsweg habe und sehe, dass ein großer Teil von einer Lawine verschüttet ist, bleibt mir nichts anderes übrig als weiterhin der Straße zu folgen.

In Langen am Arlberg angekommen, sehe ich zufällig eine Bushaltestelle. Ehrlich gesagt habe ich keine Lust mehr durch noch einen Schnellstraßentunnel zu gehen (derer wären noch 2 auf meinem Weg nach Wald) und so werfe ich einen Blick auf den Fahrplan. HA! Der Bus kommt in 3 Minuten und meine Pension ist sogar eine eigene Haltestelle! Die Verlockung ist zu groß. 2 Euro für 5 Kilometer ist ein fairer Deal und nach den Eskapaden heute habe ich auch kein schlellchtes Gewissen dabei.

Jetzt bin ich wieder in schneelosen Gefilden und kann meinen Weg nach Bludenz morgen wie gewohnt angehen. Das war was heute. Aber definitiv eine Geschichte für die Enkeln in spe!