Jakobsweg Tag 34: Rekordverdächtig

Zams – St. Anton am Arlberg (ca. 32 Kilometer)

Wieder einmal ausgezeichnet geschlafen. Eigentlich wollte ich heute sehr früh los, weil ja die Etappe länger werden könnte. Bis ich aber beim Supermarkt war und eine Kleinigkeit gefrühstückt hatte (und dann wieder am Jakobsweg war) wars fast halb 10.

Laut Reiseführer gehts heute mehr oder weniger den ganzen Tag bergauf, wobei aber die ersten Kilometer die steilsten sind. So kommt es, dass ich bei der Hälfte meines Tagespensums erst ein Drittel des Weges geschafft hatte. 13:30 Uhr und ich habe noch 20 Kilometer vor mir. Weils ja doch ständig bergauf geht, greife ich zu meinem Notfallplan, welcher vorsieht nicht die 30 Kilometer zu gehen, sondern heute kürzer zu machen und dafür eine Zwischenetappe zum Hospiz einzulegen. Das Hospiz ist ein 5 Stern Luxus Hotel am Arlberg, welches die Zimmer billig an Pilger abgibt. Gibts eine lange Geschichte dazu, hier die Kurzform: Im 14. Jahrhundert gründet ein gütiger Mensch eine Unterkunft mit Kapelle am Arlberg, welche für Pilger und Wanderer gedacht ist. Der Besitz ging in einen Orden über (oder hat er dem Orden angehört, weiß ich jetzt nicht) und die betreiben das heute noch. Nur… die haben geschlossen. Also doch die 30 Kilometer runterdrücken.

Ich lege etwas an Tempo zu, aber die Strecke wird jetzt auch flacher. Mittlerweile bin ich auf 1300 Höhenmeter und ich meine, dass ich leichter ausser Atem komme als sonst. Lag vielleicht aber auch daran, dass ich so gut wie keine Pausen mehr mache.

Kurz vor Pettneu, wo ich gesehen habe, dass es halbwegs günstige Unterküfte (und auch 2 Campingplätze) gibt, rufe ich den Tourismusverband St. Anton an, ob es Zimmer unter 50 Euro gibt. Einfache Antwort: Nein. Zwischensaison und das was offen hat, kostet über 100 Euro. Aber sie weiß von einer Pension, dass die Pilger aufnimmt, ich solls dort mal probieren. Gut… ohne den Zwischenstop im Hospiz muss ich mindestens bis St. Jakob kommen, sonst schaff ich die morgige Etappe über den Arlbergpass kaum. Also rufe ich mal dort an wo mich die Dame vom Tourismusverband hinverwiesen hat. Ja, es gibt dort ein Zimmer. Das ist schonmal gut. Aber ich frage immer sicherheitshalber nach was es kostet um böse Überraschungen zu vermeiden. Ich bekomme eine Gegenfrage: „Haben Sie einen Schlafsack mit?“ – Natürlich, sogar einen Polster 😀 „Ok, dann können Sie kostenlos im Keller übernachten.“ Hört sich etwas abenteuerlich an, aber kostenlos klingt ja schonmal gut.

Weil die Hausherrin anscheinend etwas im Stress war, lege ich nochmal einen Zahn zu um nicht zu spät einzutreffen. Unterdessen suche ich mir schonmal Gasthäuser in der Nähe raus. Zwar habe ich noch ein paar Milchbrötchen, aber gegen den großen Hunger ist das jetzt auch nichts.

So, fast da. Ein Blick auf die Uhr: 18 Uhr. Waaaas? 20 Kilometer in 4,5 Stunden. Ein bisschen stolz macht mich das schon. Und das obwohl ich bei jeder Kirche am Weg reingeschaut habe um brav meinen Eintrag im Pilgerbuch zu machen (und natürlich auf den Pilgerstempel zu geiern *hihi*). Das bedeutet, dass ich mit dem Abendessen noch billig davon komme, denn es ist ein Billa ums Eck und der hat noch offen. Zuerst aber mal „einchecken“.

Ich läute bei der Pension und die Hausherrin begrüßt mich freundlich. Sie zeigt mir mein Quartier und schießt nach: „Ich bekomme gleich Besuch und habe gekocht, kommens gleich rauf, sie sind eingeladen.“. WOW, nicht nur, dass ich umsonst hier schlafen kann, ich werde auch noch bekocht!

Klaus, der Besuch, ist schon hier. Ein netter wuseliger Typ, der gerne Geschichten erzählt. Es gibt Schwammerlsuppe, Gemüsestrudel und Rhabarberkompott. Wir unterhalten uns nur ein wenig, denn Klaus muss schon wieder weg und die gute Hausherrin muss noch Unterlagen für ihr Studium herrichten. Ja, sie hat tatsächlich mit 70 angefangen Kunstgeschichte zu studieren.

Also verziehe ich mich in mein Kammerl und machs mir im kuscheligen Schlafsack bequem. Vielleicht noch einen Film auf Netflix anreissen, aber dann wirds bald Zeit fürs nachtinachti Land, denn morgen steht einiges bevor.