Jakobsweg Tag 83: Sightseeing in Le Puy

Le Puy en Velay

Offenbar kann ich einfach nicht mehr länger als bis 7:30 Uhr schlafen. Das ist meine Zeit aufzustehen, wenn ich „spät“ weggehe. Naja hab ja keinen Stress, also ziehe ich mir paar Dokus aud ARTE rein. Die deutsche Tonspur ist schon sehr bequem 😀

Gegen Mittag mache ich mich auf den Weg um ein bisschen den Touri in mir auszuleben. Es ist ziemlich heiß heute, der Himmel komplett wolkenlos. Irgendwie bin ich froh, dass ich bei der knallenden Sonne nicht wandern muss 😀 Mein erstes Ziel ist die Notre-Dame de France. Eine Eisenstatue, geschmiedet aus eingegossenen Kanonen, die über Le Puy wacht.

Der Weg auf den Corneillefelsen bringt mich ganz schön ins Schwitzen. Ich dachte lange, dass der komplett wasserundurchlässige Rucksack der Grund ist, warum ich so sehr schwitze. Nein, ich vertrag einfach nur keine Anstrengung 😀 Auf dem Gipfel des Hügels hat man einen wundervollen Rundumblick über ganz Le Puy.

Zu meiner Verwunderung kann man im inneren der Statue auch raufgehen. Definitiv nichts für Leute mit Klaustrophobie und Höhenangst. Es gibt kleine Zwischenplattformen, wo man durch Fenster auf die Stadt schauen kann. Und ganz oben, im Kopf der Statue, gibt es eine Glaskuppel, wo man seinen Kopf reinstecken kann. Allerdings müsste man dazu eine Leiter raufsteigen. Nach ein paar Schritten wurden mir die schmalen und glatten Eisensprossen, gepaart mit dem geknarze des Gerüsts und meinem komplett abgelaufenen Schuhprofil, dann doch etwas unheimlich und ich habe es gelassen. Ja natürlich, ein einmaliges Erlebnis. Mir in die Hose zu machen ist auch ein einmaliges Erlebnis, auf das ich gerne verzichte 😀

Als nächstes Ziel habe ich die St. Michel Kapelle. Ein 1000 Jahre altes Bauwerk, das auf einem Felsen über der Stadt ragt. Auch wenn der Felsen etwas niedriger ist als der der Notre-Dame. Wen treffe ich am Weg dorthin? Meine Lesben! Mit Händen und Füßen verabschieden wir uns, denn in Le Puy ist Schluß für sie. Nächstes Jahr wollen sie es bis zur spanischen Grenze schaffen. Lustig, dass wir uns nochmal getroffen haben 🙂 Wo waren wir? Achja, Kapelle. Schon wieder Stufen. Also für heute habe ich meine Höhenmeter brav abgearbeitet 😀 Der Kapelle selbst sieht man ihr Alter vorallem im Inneren an. Zwar ist sie sehr klein, aber das mittelalterliche Flair einfach bezaubernd.

Einmal muss ich dann doch noch rauf zur Kathedrale. Martin hat mir geschrieben, dass es dort im Shop deutsche Reiseführer gibt. Und nachdem ich vergessen habe mir den von Le Puy zur spanischen Grenze schicken zu lassen, muss ich ihn mir doppelt kaufen. Wobei die Versandkosten 11 Euro betragen hätten und der Führer 16 gekostet hat. Lässt sich verschmerzen.

Nach einem kleinen Snack an einem gemütlichen Fleckerl, steuere ich die Post an. Ich will mal nach meinem Paket fragen. Wieder verlaufe ich mich ganz krass. In den engen Gassen der Altstadt funktioniert das GPS nicht und ich laufe paar mal im Kreis, bevor ich die Post gefunden habe. Ich bin ja nach wie vor davon überzeugt, dass die meisten Pilger früher gar nicht in Santiago angekommen sind. Wie haben sich die Menschen nur ohne Handy orientiert? Ich wär da komplett aufgeschmissen 😀

Bei der Post angekommen, habe ich Glück und treffe auf einen älteren Angestellten, der bisschen englisch spricht. Ich frage ihn nach meinem poste restante, aber er findet nichts. Sicherheitshalber habe ich meinen Reisepass mitgenommen und drücke ihn den in die Hand. Siehe da. Mein Paket ist schon die ganze Zeit da! Sie haben vergessen es zu verscannen, deshalb wurde es mir als „nicht zugestellt“ angezeigt. Tja, da wird mir klar, wie die Leute ohne Handy ausgekommen sind… sie haben einfach miteinander geredet.

Schnell eile ich zurück zum Hotel um die ganzen Sachen, die ich nach Hause schicken will in die Amazon-Kiste zu stopfen. Winterschlafsack, Regenjacke und noch paar kleine Sachen. Ja richtig, Regenjacke. Ich hatte die Jacke heiße zwei Mal an. Sonst bin ich selbst bei Regen nur im Shirt gegangen, weils eh so heiß war. Der Hotelier hilft mir das Paket zu verkleben und schon stehe ich wieder bei dem netten Herrn von der Post. Chrisi… du bekommst wieder ein Packerl 😀

Mir fällt wirklich ein Stein vom Herzen, dass das mit dem Paket jetzt doch geklappt hat. Und irgendwie bin ich für den extra Tag heute dankbar, denn sonst hätte ich die schönen Besichtigungen nicht gehabt. Jetzt gehts also morgen weiter. Zu einem Zeltplatz, wo ich auf einer aufgeblasenen Isomatte schlafen kann. Das wird herrlich 🙂