Te Araroa Trail 8: Der Stadt entflohen

Tag 28: Auckland Airport – Ramarama

Ramarama… den Namen find ich einfach zu geil 😀

Ich habe geschlafen wie ein Gott. Mein Fuß schmerzt wieder ein bisschen, was mir ein klein wenig Angst macht, wo ich mir doch heute eine längere, aber einfache, Etappe auferlegt habe. Das Frühstück besteht aus Cola und Keksen, den Überbleibseln der Einkäufe von meinen Ruhetagen. Sollte ich den ganzen Tag über bereuen, nach so viel Fast Food und Süßzeug leide ich an akuter Überzuckerung und der Verdauung ist das wohl auch nicht so gut bekommen 😀

Im Groben weiß ich was auf mich zukommt… 36 Kilometer Roadwalk. Sollte ich ja eigentlich noch vom Jakobsweg kennen 🙂 Der Anfang war mühsam. Oft musste ich irgendwo abbiegen und dazu die Straßenseite wechseln. Auf dem Hauptzubringer des Flughafens. Da bin ich nicht nur einmal paar Minuten gestanden, bis ich endlich rüber konnte. Am Grünstreifen entlang laufe ich Hirntot vor mich hin, bis ich plötzlich vor einer Gedenktafel stehe. Mitten im Nichts. Zuerst dachte ich an einen Verkehrsunfall. Aber die Tafel ist einem Flugzeugabsturz in der Arktis gewidmet? Muss mal googlen was es damit auf sich hat. Fand ich auf jeden Fall sehr ominös.

Anmerkung: Ich wollte das Foto der Gedenktafel hochladen, aber es spiegelt so sehr, dass man das dann sicher nicht lesen kann. Es handelt sich um den Absturz des Fluges TE 901 am Mt. Erebus in der Antarktis (nicht der Arktis, wie ich geschrieben habe).

Straße, Straße, Straße. Aber es gab immerhin genug Platz um angstfrei und mit Sicherheitsabstand auf dem Asphalt zu gehen. Nur die Aussicht war halt nicht so berauschend 😉

Irgendwann habe ich dann einen Vorort erreicht und darf durch verschiedene Parkanlagen gehen. Eine davon nutze ich um eine längere Pause zu machen und antworte auf eine WhatsApp Nachricht von Linda, einer Pilgerin, die ich am Jakobsweg getroffen habe. Sie hat mich gebeten eine Erkenntnis zu schreiben, die ich am Jakobsweg erlangt habe. Sie sammelt alle Antworten von verschiedenen Pilgern ein und wird das in einem Schulprojekt (sie ist Lehrerin) aufarbeiten. Ich habe ihr geantwortet:

„Meine Erkenntnis, die ich bis jetzt beim Wandern erlangt habe ist, dass man sich im Leben ein langfristiges Ziel setzt, auf das man Stückchenweise hinarbeitet. An manchen Tagen ist man erschöpft, weil es ständig auf und ab geht. An manchen Tagen steht man vor einem Weg, den man glaubt nicht passieren zu können. Und es gibt sogar Tage, wo man wortwörtlich knietief in der Scheiße steht und man sich fragt: Warum zur Hölle mache ich das eigentlich? Aber irgendwann erreichst du dein Ziel und erkennst, dass du es fürchterlich bereut hättest, wenn du wegen einem dieser miesen Tage deinen Traum aufgeben hättest.“

Ich denke das triffts für mich relativ gut. Wie ihr lest jammere ich oft und beschwere mich über dies und das, aber schlußendlich bin ich immer noch am Trail und nähere mich in kleinen Schritten meinem Ziel.

Weiter zum Weg. Park ist vorbei, zur Abwechslung gibts mal wieder Straße. Gerade als ich mich ärgere, weil es eben noch einen Fußweg gab und ich jetzt auf großem Kies laufen muss, bleibt ein Auto neben mir stehen. „Soll ich dich mitnehmen?“ fragt mich ein älterer Herr. „Ähhh, du fährst aber in die andere Richtung als ich gehe?“ entgegne ich ihm etwas stutzig. „Ich habe extra für dich umgedreht!“. Oooooooh wie herzig. Na da kann ich natürlich nicht nein sagen und lasse mich 2-3 Kilometer ins Stadtzentrum der nächsten Ortschaft chauffieren. Von da an gibts dann wieder einen Fußweg. Bis es keinen Fußweg mehr gab. (Sorry, Anspielung auf Destiny 2, Nerdwitz sozusagen 😀 ).

Die letzten 6 Kilometer sind etwas unangenehm. Es geht direkt auf der Freilandstraße entlang, mit vielen unübersichtlichen Kurven. Ziemlich erschöpft erreiche ich mein Ziel. Asphalt belastet die Füße unglaublich, das ist mir noch nie so aufgefallen. Ein kleiner Campingplatz wird für heute Nacht mein Zuhause. Wie immer gibt es für wenige Euro Aufpreis eine Kabine. Das ist immer ein kleines Glücksspiel, ob sich das auch lohnt. Aber das Office sieht sehr ordentlich aus und somit erhoffe ich mir ein ebenso ordentliches Häuschen. Naja… hätte beim Zelt bleiben können.

Morgen ist der letzte Tag mit viel Straße, dann gehts wieder ins Grün. Dürfte ziemlich unspektakulär werden. Aber Neuseeland hat bis jetzt noch immer eine Überraschung auf Lager gehabt!

 

Übrigens:

1) Bin beim Durchmarsch des Industrieviertels in Flughafennähe beim Mitsubishi Generalimporteur Neuseelands vorbei gekommen. Tausende (!!!!!) Neuwagen in allen Farben und Formen schön aneinander gereiht. Habe noch nie so viele glänzende Autos gesehen 😀

2) Mir ist es ENDLICH geglückt einen halbwegs passablen Schnappschuss eines wild lebenden Papageis zu erhaschen!