Jaja, ich weiß, ich bin wieder mal im Verzug. Aber diesmal habe ich eine wirklich gute Ausrede! Letzte Woche begann der Umzug in meine neue Wohnung. Richtig gehört. Neue Wohnung. MEINE Wohnung. Naja, nicht ganz, ich bin nur Mieter, aber vier, etwas abgegriffene und ehemals strahlend weiße, eigene Wände.
Gleich nach Schlüsselübergabe kam sofort die Matratze in das provisorische Schlafzimmer und obwohl ich am Boden schlafen musste, bzw. das eigentlich auch will, fiel mir eine unglaubliche emotionale Last von den Schultern. Ich bin zwar gern im Elternhaus, aber nach fast drei Monaten sehnte ich mich nach Distanz.
Mein gesamtes Hab und Gut wurde gleich transferiert. Es stellte sich heraus, dass ich durchaus mehr besitze, als ich eigentlich dachte. Denn dankenswerterweise hat mein Vater etliche Utensilien vor meinem Wurschtigkeits-Wegwerf-Anarchismus gerettet und somit habe ich sogar schon Besteck und Geschirr in meiner neuen supertollen High-End Küche. Muss zwar noch am Boden essen, aber kommt Zeit, kommt Esstisch. Apropos High-End Küche. Ausgestattet mit allem Drum und Dran (Dampfgarer, Induktionsherd mit Temperaturerkennung, Kochinsel, bewegungsgesteurte Lichtsensonsern und was weiß der Teufel noch was alles) werde ich mich wohl zwangsläufig mit der Kochthematik genauer auseinander setzen müssen. Also müssen… wollen. Meisterkoch wird aus mir vermutlich keiner mehr, aber zumindest ein paar Basics sollte ich mir schon aneignen.
Nachdem das Meiste verstaut war, mussten ein paar Möbelstücke her. Ein Couchtisch, der vorübergehend auch als Esstisch herhalten muss, ein Schreibtisch, damit ich meinen Blogeintrag nicht am Parkett kauernd schreiben muss, und natürlich eine Waschmaschine. Denn meine drei Fetzen, die ich noch habe, sind alle ausnahmslos durchgeschwitzt und geruchsbelastet. Der Couchtisch stand nach nur 10 Minuten erfolgreicher Bastelarbeit und auch die Waschmaschine wäscht, nach mehreren Wutanfällen, zwei Überschwemmungen und unzähligen Kilometern zu diversen Baumärkten.
Für meinen 21m² großen Balkon, ja, ich muss euch das unter die Nase reiben, bekam ich 3 Liegestühle und einen „Kistentisch“ gestiftet. Danke liebe Nina. Hätte nie gedacht, dass ich den Balkon so aktiv nutzen werde, aber bis jetzt war ich jeden Tag mehrere Stunden draußen.
Natürlich waren noch etliche Amtswege zu erledigen. Unter anderem die Anmeldung des Autos. Ein hübscher blauer VW Polo soll mir für den Anfang hauptsächlich Lastendienste erweisen. Ist zwar schon ein alter Herr, aber fährt ohne zu murren. Den Weg zur Zulassungsstelle bestritt ich zu Fuß. Stolze 22 Kilometer, da kamen sofort Jakobsweg-Erinnerungen hoch.
Als ich das Kennzeichen in Händen hielt, wurde mir zum ersten Mal so richtig klar: Ich bin jetzt Wiener! Mein Leben lang wollte ich nie in Wien wohnen und jetzt bin ich offiziell Städter. Und es hat sich herausgestellt… so schlimm ist das gar nicht! Gleich neben der Tür: Apotheke, Arzt, Friseur, Eissalon, Billa, Hofer und eine Bushaltestelle. Was will man mehr.
Entgegen meiner Vorstellung ist mein neues Grätzel verhältnismäßig ruhig. Die angrenzende Hauptverkehrsstraße hört man zwar, aber (noch) empfinde ich es nicht als störend. Nachbarn habe ich noch nicht viele kennengelernt. Lediglich von meinem direkten Türnachbar weiß ich, dass er ein eigenes Tattoostudio betreibt. Und ich bin mir ziemlich sicher, dass ein lesbisches Paar in meinem Haus wohnt, aber ich wollte mit „Hey, seid ihr Lesben?“ nicht mit der Tür ins Haus fallen 😀
Jedenfalls fühle ich mich seit der ersten Nacht in meiner neuen Wohnung mehr zu Hause, als die 12 Jahre in der alten Wohnung. Auch wenn der Architekt vermutlich besoffen war (habe keine einzige gerade Wand in der gesamten Wohnung), fühle ich mich sehr wohl und kann mir durchaus vorstellen, entgegen dem ursprünglichen „Plan“, doch länger hier zu bleiben.
Aber das war noch nicht alles! Nach dutzenden Bewerbungsschreiben, Vorstellungsgesprächen und Aufnahmetests, erhielt ich gestern die Zusage für einen Job, auf den ich mich sehr freue: Einsatzleiter bei der Österreichischen Bundesbahn. Komplett weg vom Schreibtisch und rein in das Feld. Bald startet meine mehrmonatige Ausbildung und ich bin aufgeregt wie ein Kind zu Weihnachten. Noch habe ich nur eine vage Vorstellung dessen, was mich erwartet, dennoch sehe ich meiner neuen Tätigkeit sehr enthusiastisch entgegen und bin schon sehr gespannt was ich alles erleben werde.
Ich will nicht zu überschwenglich werden, aber ein bisschen darf man sich doch sicher freuen über eine offizielle Uniform und ein Dienstfahrzeug mit Blaulicht 🙂 Was genau passiert und wie mein Alltag dann aussieht, werde ich natürlich berichten sobald ich mehr weiß.
Das war ein kurzes Update, was sich so alles getan hat in den wenigen Tagen. Der Blog wird, wie bereits erwähnt, weiterhin betrieben. Die letzten 1,5 Jahre haben mein Leben deutlich verändert, bzw. es verändert sich fortlaufend, basierend auf den gewonnen Erfahrungen. Daran möchte ich euch gerne teilhaben lassen.
Jetzt wird erstmal der Liegestuhl ausgeklappt und gemütlich ein Spritzer auf dem Balkon geschlürft. Prost!