Die schönen Seiten … und wies jetzt weiter geht.

Ich habe mir meine letzten beiden Beiträge nochmal angesehen und es liest sich so, als wäre alles kacke gewesen. So war es natürlich nicht! Ok, es hat keinen Spaß gemacht komplett dehydriert fast 1000 Höhenmeter zurückzulegen, aber selbstverständlich gab es auch schöne Momente… von denen ich euch gerne ein bisschen erzählen möchte 🙂

Zuallererst möchte ich nochmal Christopher erwähnen, welcher mich für ein bisschen Spritgeld an den Starpunkt des Pacific Crest Trails gebracht hat. Dort angekommen war es erstmal arschkalt und so habe ich meine ersten Kilometer mit Handschuhe gestartet. Und wie man es von mir auch erwartet hätte, musste ich bereits nach 200 Meter mein GPS Gerät auspacken, weil ich fast falsch abgebogen wäre 😀
Im weiteren Verlauf war es aber sehr einfach dem Weg zu folgen. Im Großen und ganzen war der weg dort, wo es NICHT zugewuchert war.

Nach den ersten 5 Meilen legte ich eine kurze Rast ein und mittlerweile war es auch schon so heiß, dass ich alles bis auf das Shirt auszog (und die Hose habe ich natürlich auch anbehalten 😛 ) Hier begegnete ich auch den ersten anderen Hikern. Ein junger Mann, der als Tagesziel eine 40 Meilen Etappe hatte (meine war 16) und zwei älteren Herren, Bill und Ryan, welche ungefähr meine Statur und mein Tempo hatten, wodurch wir uns noch öfter bei den Pausen getroffen haben.

Der Aufstieg ging weiter und der Weg schlängelte sich dem Hang entlang. Gleich ums Eck wieder… Bill und Ryan 😀 Nach einem kurzen Plausch habe ich ihnen Vorrang gegeben, da ich doch der deutlich Langsamere war.
Nachdem es immer steiler wurde und die Pausen zahlreicher, kam ich bei einer Kreuzung an, an der es sich ein 4er Gespann Pensionisten gemütlich gemacht hat. Deb, Rick, Allen und den vierten habe ich mir nicht gemerkt 😉 Wie sich herausgestellt hat, hatten sie den selben Zeltplatz wie ich im Auge und somit waren wir quasi inoffiziell verabredet. Deb und Rick habe ich noch ein paar mal bei Pausen getroffen und so lernte man sich etwas näher kennen. So hat mir Deb erzählt (mittlerweile 65 Jahre alt), dass sie als 15 jähriges Mädchen davon gehört hat, dass dieser Wanderweg entstehen soll. Und sie hat sich damals gesagt, wenn der Weg jemals fertig wird, dann geht sie ihn. Die Frau steht zu ihrem Wort!

Beim Zeltplatz am Hauser Creek angekommen, merkte ich bereits, dass mein Körper komplett erschöpft war und deshalb bin ich direkt nach dem Zeltaufbau in den Schlafsack gefallen und weggepennt. Zudem hat auch mein Knöchel sehr geschmerzt, weil ich ein paar Meilen zuvor fast einen Abhang hinuntergefallen wäre (kein Scherz!) und mich mit dem Fuß irgendwie verzweifelt versucht habe festzuhalten und dabei verdreht habe. Das Pensionisten Quartett hat noch ein Lagerfeuer gemacht und ein bisschen geplaudert, davon habe ich allerdings nicht mehr viel mitbekommen.

Bereits in der Nacht musste ich mehrmals aus dem Zelt und in der Früh merkte ich, dass ich nichts mehr essen und nur Mini-Schlücke trinken konnte ohne mich zu übergeben. Dazu kam, dass mein Körper ständig krampfte und so lies ich „The retired 4“ ziehen.
Der Aufstieg aus dem Hauser Canyon ist zwar kurz, aber extrem steil. Während diesem Aufstieg fiel der Entschluss nach San Diego zurück zu fahren, da ich Stellenweise wirklich damit kämpfen musste nicht einfach umzufallen.
Hier überholten mich Bill und Ryan, welche auch im Hauser Canyon gecampt haben, aber anscheinend irgendwo versteckt, denn wir haben uns nicht gesehen. Nach einem kleinen Plausch war ausgemacht, dass wir uns am Campingplatz in Lake Morena treffen.

Als ich den schlimmsten Aufstieg hinter mir hatte, wollte ich kurz die Landschaft auf mich wirken lassen… aber ganz ehrlich… mir gibt so eine Wüstengegend nicht viel. Schaut halt alles gleich aus 😀
Hier 2 Fotos, welche ich bei Lake Morena geschossen habe:

Die letzten 3 Meilen nach Lake Morena waren zwar vom Gelände her relativ einfach, aber ich war wirklich schon ziemlich am Ende meiner Kräfte. Da kam mir „Der Mann aus Chicago“ entgegen, der bereits in Lake Morena war, aber den Hauser Canyon noch nicht gesehen hat und deshalb für ein Foto zurück marschiert ist. Offenbar muss ich sehr bemitleidenswert ausgesehen haben, denn er hat verzweifelt versucht mich zu motivieren 😀

In Lake Morena angekommen, habe ich Christopher angeschrieben ob er mich nicht zurück nach San Diego bringen kann kann. Er arbeitet als Ranger in Lake Morena und wohnt in San Diego. Ein wahrer Engel, ohne zu zögern haben wir uns einen Treffpunkt ausgemacht wo er mich abholt.
Währenddessen habe ich noch ein bisschen mit Bill und Ryan geplaudert, welche bereits gefrühstückt hatten und gerade neu planen mussten. Sie sind einen Tag später als erwartet gestartet und jetzt ein bisschen im Stress, weil sie wo ein Zimmer für den folgenden Tag reserviert hätten, wo sie aber noch 2 Tage hin brauchen würden. So planten sie eine Teilstrecke mit einem Taxi zurückzulegen um im Zeitplan zu bleiben.
Das ist, denke ich, die Hauptlektion, die ich auf meinem kurzen Weg gelernt habe… Planung ist sinnlos, es kommt sowieso anders. Also sinnlos natürlich nicht, aber jedes Detail zu planen bringt absolut nichts.

Während ich auf Christopher gewartet habe, kamen mir fast die Tränen. Ich habe so viel Zeit und Geld investiert um hierher zu kommen und jetzt schaffe ich es nicht. Abgesehen davon, dass ich 6 sehr nette Leute verliere, mit denen ich noch viel Zeit verbracht hätte.

Wie dem auch sei. Nachdem mir Christopher ein günstiges Hotel in guter Lage herausgesucht hat und mich in San Diego abgesetzt hat, habe ich die folgenden 2 Tage im Bett verbracht und während ich mich erholt habe viel darüber gegrübelt ob ich nun weiter machen soll oder nicht. Obwohl ich mir bereits eingestanden habe, dass ich mich schlichtweg zu schlecht bzw. zu wenig auf dieses Abenteuer vorbereitet hatte, beschloss ich noch eine letzte Teilstrecke von 6 Meilen zu gehen und erst nach diesem Weg meinen endgültigen Entschluss zu fassen.

Mit einem Uber wieder in Lake Morena angekommen, machte ich mich bei regnerischem Wetter auf. Dieser Abschnitt war relativ einfach und die wenigen Höhenmeter auf eine weite Distanz verteilt. Kaum am Campingplatz angekommen, war es für mich bereits klar: Abbruch. Und das obwohl ich noch gar nicht wusste, dass es in der Nacht -12 Grad bekommen soll.

Es war definitiv keine leichte Entscheidung, aber eine notwendige. Ich muss auf jeden Fall mehr Kondition aufbauen, die Ausrüstung besser anpassen und ganz wichtig: Die Ernährung besser planen. Ich habe den PCT einfach unterschätzt.
Mittlerweile ist es ziemlich sicher, dass es der Jakobsweg wird. Aber ohne religiösen Hintergrund 😉 Neue Ausrüstung ist bereits bestellt und auch ein paar Bücher zur Wegplanung. Wenn alles gut geht, kann ich in 2-3 Wochen loslegen. Zu Ostern. Eine symbolische Auferstehung während ich am Jakobsweg unterwegs bin? Ok, jetzt wirds zu viel 😛

Ganz sicher bin ich mir noch nicht, ob ich direkt in Österreich starten will, in Frankreich oder gleich in Spanien. Im Optimalfall (so stelle ich es mir zumindest vor) bin ich noch im Sommer fertig und mache eine kleine Island Rundreise, bevor es zum „Überwintern“ auf die Südhalbkugel geht. Wir werden sehen.

Sobalds was Neues gibt melde ich mich wieder.

Bussi, hab euch lieb.