Saint Jean Pied de Port – Roncesvalles (ca. 25 Kilometer)
Die Nacht war furchtbar. Ich kann nicht sagen warum, aber ich habe einfach keinen Schlaf gefunden. Vielleicht war es die Aufregung und die Vorfreude. Jedenfalls brachte ich es auf heiße 3 Stunden Schlaf. Wenigstens habe ich einmal mitgedacht und den Rucksack vorgepackt. Trotzdem bin ich erst um 8 aus dem Hotel rausgekommen.
Gleich zu Beginn der Etappe, also quasi ab der Haustür, beginnt der Aufstieg. Die 2500 Kilometer Training haben sich sichtlich ausgezahlt. Ich überhole einen Pilger nach dem anderen. Als persönliche Challenge fange ich an mitzuzählen 😀 Nach 5 Kilometern muss ich kurz stehen bleiben. Ich habe es etwas übertrieben und brauche ein paar Minuten bis sich mein Puls normalisiert hat. Und schon gehts weiter, aber in etwas minderer Geschwindigkeit. Mit dem Wetter habe ich wirklich Glück. Gestern hat es in der Nacht nochmal gestürmt und ein dichter Nebel liegt auf dem Gebirge. Leider hat man dadurch so gut wie keine Aussicht, auf der anderen Seite kommt auch die Sonne nicht durch und es hat wirklich angehme 15 – 20 Grad. Mittlerweile bin ich bei Pilger 26 und 27, die ich bereits überholt habe. Die beiden in London lebenden Ukrainerinnen sind sehr witzig und wie kommen ins Gespräch. Bei einer größeren Pausenstation trinken wir gemeinsam Koffein (die beiden Damen einen Kaffee, ich Cola) und von nun an gehen wir gemeinsam.
Die Zeit vergeht im Flug und auch unsere Gruppe wird größer. Julia aus München und Gordon aus Nebraska haben sich uns angeschlossen. Gemeinsam erreichen wir die spanische Grenze. Weil es absolut keine Grenzmarkierung gab, haben wir einfach ein cooles Gruppenfoto geschossen.
Kurz darauf kommt der höchste Punkt der Etappe. Das Schwierigste wäre überstanden! Wobei in dieser guten Gesellschaft selbst die 1200 Meter Aufstieg ein Kinderspiel waren.
Während dem Abstieg stoßen zwei weitere Pilgerinnen zu uns Österreicherinnen! Was bin ich froh endlich mal wieder ein bisschen Mundart reden zu können! Wochenlang hat der arme Martin mit den österreichischen Ausdrücken kämpfen müssen 😀
Unsere Gruppe teilt sich bisschen auf und ich treffe mit Tanja und Astrid, den beiden Österreicherinnen, als Kopf der Gruppe zuerst in Roncesvalles ein. Eigentlich wollte ich weitergehen, aber irgendwie war ich plötzlich mittendrin und dann im „Scheiß drauf, dann bleib ich halt hier“ Modus. Der ganze „Ort“ besteht nur aus einem Kloster, in dem eben die Herberge und ein Hotel untergebracht ist. Von der Dimension der Herberge bin ich etwas überrascht. Ehrlich gesagt überfordert mich die Pilgerflut ein klein wenig 😀 Über 180 Betten gibt es hier und als wir eintreffen ist die Herberge bereits zu zwei Drittel voll.
Wir gehen gemeinsam zum Abendessen, wo es ein einfaches, aber ausreichendes, Pilgermenü gibt. Während ein Großteil der Gruppe in die Pilgermesse geht, trinken Tanja und ich noch den beim Pilgermenü inkludierten Wein aus. Wäre doch schade den guten Traubensaft wegzuleeren 🙂
Jetzt sind wir in unserem „Zimmer“ das aus etwa 40-50 Betten besteht. Aber zumindest in 4er Abteile mit Sichtschutz getrennt. Und die Sanitäranlagen sind nagelneu. Jeder Campingplatz war da schlimmer 😀 So, jetzt haben sie uns das Licht abgedreht, wir müssen nun schlafen. Ist ja fast wie einer Jugendherberge 😀 In diesem Sinne… Gute Nacht!