Roncesvalles – Larrasoaña (ca. 27 Kilometer)
Also eine Nacht in einem riesigen Schlafsaal ist nicht so berauschend. Permanent rennt wer aufs Häusl, die ganzen Schnarcher und um 4 stehen die ersten auf. Gut, so schlimm wars auch wieder nicht. Denke man kann sich daran gewöhnen. Wirklich viel Schlaf habe ich aber nicht bekommen. Macht nichts, da fällt mir wenigstens das Aufstehen leichter 🙂
Während alle aus der Gruppe Frühstück gebucht haben, aber ich (wie immer) verzichte, machen wir uns Treffpunkt 7:30 Uhr vor dem Gasthaus aus, in dem Frühstück serviert wird. Irgendwie ist aber keiner da und auch das Gasthaus ist leer. Ich vermute daher, dass sie bereits ohne mich aufgebrochen sind, in der Annahme, dass ich sie einholen werde. Etwas später schreibt mir Sandra, eine der in London lebenden Ungarinnen, dass sie doch wo anders frühstücken sind und mir vergessen haben bescheid zu sagen. Aber selbst wenn… ich hatte ohnehin keinen Empfang. Nicht so schlimm, irgendwann werden wir schon wieder zusammen kommen.
Mein Tempo ist wieder gut und ich komme sehr flott voran. Das Wetter ist nicht so berauschend. Nieselregen hält die ganze Gegend feucht. Noch immer bin ich etwas entsetzt über die Anzahl der Pilger hier. Ich kann gar nicht auf alle Begenungen eingehen, meine beiden Highlights möchte ich aber kurz nennen.
Zwei Südkoreaner, die sich witzigerweiser erst am Camino getroffen haben, sind vollbepackt mit Highend Equipement. Unter anderem auch einer Drohne, mit der sie Videos aus der Luft machen möchten.
Serge, ein Franzose, geht den Jakobsweg jedes Jahr 2-3 mal und sammelt dabei sämtlichen Müll am Weg auf. Heuer geht er schon zum zweiten Mal und hat bereits 96 volle 50 Liter Säcke beisammen. Eigentlich traurig wie die Menschen, welche die Natur erleben wollen, mit der Natur umgehen. Ich danke Serge im Namen der Pilgerschaft und wünsche ihm ein großes Durchhaltevermögen für seine Lebensaufgabe.
Der weitere Weg ist geprägt von kurzen Plaudereien und einiges an Abstieg. Mir fällt auf, dass meine Trittsicherheit enorm zugenommen hat, seit ich die Wanderstöcke nicht mehr verwende. Vorallem fühle ich mich auch trittsicher genug um ohne Stöcke schwierige Passagen zu begehen. Eine Aufwärtsspirale sozusagen 🙂
Ich erreiche Zubiri und sehe einen ganzen Pilgerhaufen am Fluß sitzen. Da muss ich mich reinschmeissen 🙂 Als Etappenziel hatten wir, mit der gestrigen Geuppe, Larrasoaña ausgemacht. Von Zubiri aus sind es keine 6 Kilometer dorthin, also möchte ich hier auf die Gruppe warten.
Sandra schreibt mir, dass sie erst 8 von den 21,7 Kilometern nach Zubiri zurückgelegt haben. Waaaaaas? Als das Wetter zu kippen droht und die Pilgergruppe vom Fluß aufbricht, hänge ich mich dort an. Nass werden möchte ich nicht… nicht schon wieder. Während dem letzten Stück habe ich eine nette Unterhaltung mit Stuart. Einem irischen Studenten mit außergewöhnlichen Zielen im Leben. Er möchte eine neue Methode entwickeln um die Haltbarkeit von festen Materialen besser zu bestimmen. Also zum Beispiel ob eine Brücke saniert werden muss. Verrückt.
Die Gruppe steuert in Larrasoaña zielsicher eine Herberge an. Die Leute sind nett und ich will mir mal keine Gedanken über einen Schlafplatz machen müssen, also folge ich unauffällig. Von den 20 Betten des Schlafsaales belegt unsere Gemeinschaft fast alle.
Tanja, eine der beiden Österreicherinnen, meldet sich, dass sie in Zubiri bleiben. Schade, denn wir hatten gestern einen netten Tag und ich möchte sie gerne wiedersehen. Vermutlich werde ich morgen einen „Faultag“ machen und nur 15 Kilometer nach Pamplona zurücklegen, damit ich Tanja nochmal über den Weg laufen kann 🙂
Jetzt sitzt die heutige Gruppe gerade zusammen und lebt das Motto „No Camino without Vino“. Da muss ich mich natürlich dazugesellen. Bis morgen meine Lieben!