Jakobsweg Tag 118: Warum jeder einmal den Jakobsweg machen sollte

Estella – Torres del Rio (ca. 29 Kilometer)

Erst mal sorry für den verspäteten Eintrag. Wenn Pilger und Pensionisten eins gemeinsam haben, dann ist es das „ich habe einfach keine Zeit“ Ding 😀 Im ernst, seit Spanien trifft man so viele Leute und will mit den ganzen unterschiedlichen Nationen und Kulturen in Kontakt kommen, da verfliegt die Zeit. Aber mehr dazu später.

Super Bett, ich habe ausgezeichnet geschlafen. Vielleicht ist es mir deshalb so leicht gefallen aufzustehen. Immerhin habe ich es schon um halb acht aus dem Hotel geschafft. Ist ja fast schon Rekord 😀 Heute will ich mal bisschen Gas geben und in „meiner“ Geschwindigkeit gehen.

Gleich in der Früh komme ich am berühmten Weinbrunnen von Irache vorbei. Wein für die Pilger! Eigentlich sollte man sich den Wein nicht abfülllen, aber ich möchte so kurz nach dem Aufstehen noch keinen Alkohol trinken, also geht das Wasser meiner 0,5 Liter Flasche auf ex runter und ich lasse ein paar Schluck des Traubensaftes in die Flasche laufen.

Danach beginnt der Aufstieg des Tages. 250 Höhenmeter, aber mit angenehmer Steigung auf einfachem Gelände. Ich bin besonders motiviert und gehe den Berg im Laufschritt an. Komplett verschwitzt komme ich am Gipfel an. Aber ich fühle mich herrlich. Ganz zu schweigen von der wunderbaren Aussicht.

Durch den frühen Start ist es noch angenehm kühl und ich kann ohne Pause den Abstieg angehen. Julia schreibt, dass ein Imbissstand am Weg liegt, bei dem sie gerade waren. Nur 5 Kilometer entfernt! Wie eine Gazelle hüpfe ich über Stock und Stein. Das Gelände flacht ab und ich erriche den Imbiss. Eine Stunde, einen Hot Dog und 2 Liter eiskaltes Cola später nehme ich Los Arcos in Angriff. Der Rest der Gruppe macht dort eine lange Pause (weil Gordon und Stefan dort bleiben), also beeile ich mich um sie einzuholen. Was mir auch tatsächlich gelingt!

Nachdem wir die Herren der Runde verabschiedet haben, gehen wir die letzten 8 Kilometer an. Es ist wirklich unglaublich heiß und es gibt keinen Schatten. Wir sind alle dezent fertig als wir unser Hostel erreichen. Die Mädels hatten ein Zimmer gebucht, also habe ich mich dort auch gleich einquartiert. Und es gibt sogar einen Pool! Wir drehen ein paar Runden im Pool, trinken ein paar Bier und unterhalten uns mit anderen Pilgern. Das ist eine Art der Atmosphäre, die man in Hotels halt nicht hat.

Plötzlich stehen Sandra und Petra im Innenhof. Sie haben zwar etwas länger gebraucht, aber auch von dem Hostel mit Pool gehört und sich deshalb entschlossen ebenfalls hier zu schlafen. Gemeinsam nehmen wir das Abendessen im zugehörigen Restaurant ein. Und plaudern, bis wir rausgeschmissen werden 🙂

Während die Damen morgen früh raus wollen, geselle ich mich zu einer Herrenrunde. Bestehend aus dem Polen Igor, dem Deutschen Karl (der den Jakobsweg in Lederhosen geht), dem Iren Michael und einem Südkoreaner, dessen Namen ich mir einfach nicht merken kann, aber eine sehr hübsche Freundin hat :D. Wir erzählen uns unsere Geschichten, wer warum am Jakobsweg ist, diskutieren kulturelle Unterschiede, stellen Gemeinsamkeiten fest und haben viele andere interessante Themen. Hier sitzen wir. 5 Menschen aus 5 verschiedenen Ländern aus unterschiedlichen Schichten, jeder mit einem anderen Ausbildungsgrad. Und trotzdem sind wir uns in einem einig: Wenn du am Camino bist, wirst du offener für alles. Man legt Vorurteile ab, zeigt mehr Akzeptanz und stellt nunmehr den Menschen selbst in den Vordergrund. Egal wo er herkommt oder was seine Geschichte ist. Wir finden, dass jeder einmal den Camino machen sollte, vorallem Politiker.

Die Runde löst sich langsam auf und immerhin schaffe ich es um 1 in der Früh ins Bett. Na das kann morgen ja mal was werden 😀