Jakobsweg Tag 12: Willkommen Oberösterreich

Wallsee – Enns (ca. 26 Kilometer)

Bereits gestern ging es mir ja schon phasenweise nicht so gut und auch in der Nacht bin ich immer wieder aufgewacht. In der Früh fühle ich mich total beschissen und komme kaum aus dem Bett. Beim Frühstück würge ich ein paar Bissen runter und mache mich an die Planung der Tagesettappe. Dunkel kann ich mich von meiner Übernachtungsrecherche vor einigen Wochen erinnern, dass diese Etappe etwas blöd bezüglich Unterkünften war. Bereits gestern habe ich mit dem Gedanken gespielt mir einen Tag Auszeit zu nehmen und somit war dir ÄUSSERST bescheuerte Idee geboren bis Enns durchzugehen. Dort gibt es günstige Schlafmöglichkeiten und ich kann den freien Tag mit Sightseeing kombinieren.

Beim Nah und Frisch im Ort decke ich mich noch mit Zuckerwasser ein, damit mein Kreislauf nicht wieder in den Keller geht. Allgemein habe ich die letzten Tage sehr wenig gegessen, aber das führe ich mal darauf zurück, dass mir öfters übel war. Die Verkäuferin fragt mich ob ich den Jakobsweg gehe, was ich bejahe. Als ich das Geschäft verlasse, läuft die Verkäuferin zu einem Handwerker, der die Aussenfassade repariert und schreit: „Du, der geht a den Jakobsweg“. Wie sich herausgestellt hat, startet der Handwerker in 3 Wochen in Steyr. Ich verspreche ihm, dass ich besonders langsam gehen werde, damit wir uns nochmal über den Weg laufen. In Wallsee scheint das Pilgern besonders beliebt zu sein. Es gibt mehrere Leute im Ort, die bereits von Österreich nach Santiago gegangen sind.

Ich mache mich bereits erschöpft und ausgelaugt auf den Weg. Meinem Knie geht es wieder sehr gut und es haben sich ein paar Muskelkater gemeldet, was ich als positives Zeichen werte. Es scheint, dass ich die Belastung aus den Gelenken rausnehme und mehr mit der Muskulatur abfedere. Auch, wenn es mich indirekt freut, ist es doch etwas belastend, wenn man eh schon erschöpft ist.

Ein Wanderweg, den ich nur schwer umgehen kann, hat ein Warnschild am Eingang: „Betreten Verboten wegen Forstarbeiten vom 11.4. – 12.4.“. Phu, nochmal Glück gehabt. Ein Stück weiter steht schweres Baugerät und 2 Arbeiter. Ich grüße freundlich. Mein Gruß wird erwiedert mit dem Nachsatz „Des Schüdl host owa scho glesen?“. Ich weise die Herrschaften darauf hin, dass heute der 10.4. ist. Nachdem sie sich aufs Hirn ghaut haben, durfte ich passieren 🙂

Kurz darauf treffe ich einen ungarischen Fischer, der in Wallsee lebt. Wir unterhalten und sehr nett und er erzählt mir, dass auch er einen Freund hat, der jetzt gerade den Jakobsweg geht. Also die Wallseeer sind echt kein Dreck.

Heute nehme ich mir vor jede Rastmöglichkeit zu nutzen um mich etwas zu regenerieren. Aber WO SIND SCHON WIEDER DIE BANKERL? Ich verspreche hoch und heilig in meinem Leben mindestens eine Parkbank entlang des Jakobsweges zu stiften. Inschrift: Gestiftet von Philipp Deringer, der auf seinem Weg immer auf der Suche nach einer Rast war.

Leider haben alle Wirten am Weg heute geschlossen. Bei einem war die Türe offen. Frech wie ich bin, hab ich natürlich meine Nase reingesteckt und gefragt ob ich trotzdem was krieg. Der Wirt hat sich meiner erbarmt und mir ein Paar Frankfurter gemacht. Das hat mich zwar kurz geboostet, aber die verbleibenden 11 Kilometer nach Enns hab ich gefühlt im Rücksack mitgeschleppt. Vor mich hin schwitzend habe ich mich nun fix dazu durchgerungen die Strecke durchzudrücken und habe das billigste Zimmer, das ich in Enns finden konnte für 2 Nächte reserviert.

Mittlerweile schleife ich mich mehr den Weg entlang als ich ihn gehe und frage mich wie blöd ich eigentlich sein kann mir 26 Kilometer vorzunehmen, wenn ich mich eh nicht so wohl fühle. Als ich aus einer leichten Senke herauskomme, habe ich plötzlich Enns in unmittelbarer Nähe. Meine Motivation nimmt ungeahnte Ausmaße an und ich komme spät aber doch in der Pension an. Das Zimmer riecht etwas nach Rauch und Bier, aber ich glaube spätestens morgen überdecken meine Sachen den Geruch haha 😀

Achja. Mitten am Weg irgendwo im Nirgendwo stand eine kleine Verpflegungsstelle. Alle Getränke 1 Euro. Da hab ichs mir natürlich nicht nehmen lassen zuzuschlagen 😉