Jakobsweg Tag 135: Astorga… ich komme wieder!

Hospital de Órbigo – Rabanal del Camino (ca. 37 Kilometer)

Trotz der immensen Lautstärke in dem „Hotel“, konnte ich dank Musik ziemlich flott einschlafen. Als der Wecker läutet überlege ich lange ob ich wirklich so früh aufstehen will, aber ich habe eine längere Etappe vor mir und möchte es gemütlich angehen. Dafür braucht man Zeit und so stehe ich ziemlich genau um Punkt 6 auf der Straße.

Am Ortsausgang ist wieder Stirnlampenzeit. Zudem splittet sich der Jakobsweg hier offenbar auf (was ich nicht wusste) und laut Bodenmarkierung kann ich zwischen den Varianten „Mountain“ und „Road“ wählen. Basierend auf der Vermutung eines geringeren Verkehrsaufkommens, da Wochenende ist und noch tiefste Nacht herrscht, entscheide ich mich für die Straßenvariante.

Es ist ziemlich kalt, aber zu warm für die Winterweste. Mir kann mans halt auch nicht recht machen. Ein langärmliges Leiberl wäre für so einen Tag perfekt. Der Weg verläuft parallel zur Hauptverkehrsstraße, zuerst auf einem Trampelpfad, dann auf den Überresten dessen, was offenbar vor der aktuellen Schnellstraße als Verbindung genutzt wurde. Auf dem alten und breiten, aber überwucherten, Asphalt kann man noch immer die Bodenmarkierungen erkennen. Irgendwie wirkt das alles ein bisschen wie die Kulisse eines Weltuntergangfilms 😀

Ich komme Astorga entgegen und kann von Weitem schon die Kathedrale sehen. Leider gelingt mir kein guter Schnappschuss, da die Vorstadt komplett verkabelt ist und ich permanent irgendwelche Masten im Blickfeld habe. Jetzt erst, nach gut 15 Kilometern, treffe ich den ersten anderen Pilger. War schön alleine. Mein Plan war in Astorga zu frühstücken, finde aber kein Café, das mich anspricht. Die Meisten bieten ein „kontinentales Frühstück“ an, welches aus einem Kaffe (den ich ja nicht trinke) und einer Scheibe getoastetem Brot von gestern besteht.

Am Hauptplatz sitzt ein Pilger, der mir bekannt vorkommt, ich quatsche ihn an und tu einen auf beste Kumpels, aber seinem verwirrten Blick nach zu urteilen haben wir uns noch nie vorher getroffen… ups 😀 Mir wirds zu peinlich und ich ziehe ganz schnell weiter 🙂

Auf dem Weg durch Astorga kann man auch eine ausgegrabene römische Therme besichtigen, das finde ich klasse! Wo man doch sonst für jede größere Kirche schon Eintritt zahlen muss. Zudem gäbe es auch ein Römermuseum. Eigentlich schade, dass ich nur auf der Durchreise bin, ich stehe so sehr auf antikes Zeug, diese Stadt hätte ich mir gerne näher angesehen. Neben der durchaus imposanten Kathedrale, welche leider noch geschlossen hat, steht ein undefinierbares und wunderlich aussehendes Gebäude. Man kann ein bisschen Gaudi (sorry, mein Handy kann das „i“ mit dem schrägen Strich drüber nicht. Wie auch immer das heißt… Umlaut i? 😛 ) darin erkennen. Der Reiseführer klärt mich auf: Es handelt sich um den Palacio Gaudi, welcher eigentlich ein Bischofpalast hätte werden sollen, aber nachdem Gaudi die Arbeit daran niedergelegt hatte und er erst Jahrzehnte später unter anderer Leitung fertig gestellt wurde, nie als solcher genutzt wurde. Jetzt ist ein Museum über den Jakobsweg drin. Leider hat auch das noch geschlossen. Sollte es mich mal für einen Kurzurlaub nach Spanien ziehen, dann wird Astorga definitiv eine Station. Ein bisschen bereue ich es schon mir nicht einen Tag Auszeit für die Besichtigung gegönnt zu haben.

Der Palacio Gaudi

Nachdem ich alle Cafés und Bars als unwürdig befunden habe, sitze ich dann schließlich auf einer Bank außerhalb von Astorga. Aber nur für wenige Minuten. Chris kommt komplett verkatert aus der Stadt raus. Wir kennen uns bereits. Der ehemalige Bundeswehroffizier hat gestern etwas über die Stränge geschlagen und bereut es gerade zutiefst. Ein bisschen Gesellschaft kann nicht schaden und so gehen wir ab jetzt gemeinsam.

In jedem Dörfchen legen wir eine Pause ein. Überall genehmige ich mir einen Snack und ein Cerveza con Limon. Wir unterhalten uns am Weg sehr gut, sitzen aber bei den Pausen länger rum, als wir zwischen den Ortschaften gehen. Aber hey, auch das gehört zum Pilgern dazu 🙂

Die angekündigten Berge müssen wohl noch einen Tag warten. Zwar ging es durchgehend bergauf, allerdings so lang gezogen, dass es schon wieder fast flach war. In Rabanal beginnt dann erst der härtere Teil. Hier ist aber für mich heute Schluss. Chris geht noch einen Ort weiter, er hat ja auch noch nicht so viele Kilometer am Buckel.

Martin ist übrigens seit einiger Zeit wieder am Camino und hat es auch schon nach Spanien geschafft. Heute ist er mehr als 60 Kilometer gegangen. Der Kerl ist verrückt! In dem Tempo holt er mich vielleicht wirklich noch ein 😀 Gegen ein Wiedersehen habe ich natürlich nichts einzuwenden. Wer weiß, wenn ich wie angedacht 2 Tage in Santiagio und 2 Tage in Finisterra verbringe, geht es sich ja vielleicht sogar aus 🙂

So meine lieben. Morgen habe ich fast 1500 Höhenmeter vor mir, da muss ich noch ein bisschen ausspannen. Hoffentlich kann ich so viel Auf- und Abstieg noch bewältigen und habe mich nicht zu sehr an das flache Gelände gewöhnt 😀

Bis morgen!