Jakobsweg Tag 136: Es geht bergauf!

Rabanal del Camino – Ponferrada (ca. 33 Kilometer)

Das Bett war soooooo flauschig! Bin direkt während dem Netflix schauen weggepennt und habe mich durch die Nacht geflauscht. Weils heute sofort ab Start bergauf geht, habe ich auf den Sonnenaufgang gewartet. Stirnlampe hin oder her, wenn das Gelände massiv scheiße ist, hauts mich zwangsläufig irgendwann auf die Pappn. Um 7:30 Uhr ist es hell genug, dass man auch im Schatten was sieht und schon gehts los.

Nach langer Zeit packe ich mal wieder die Wanderstöcke aus. Bergauf geht locker auch ohne, aber die 1000 Höhenmeter bergab sind sicher belastend für die Knie. Ungefähr weiß ich noch was für mich die optimale Höhe war. Läuft gut.

Der Aufstieg fällt mir erstaunlich leicht und ich erreiche in zügigen Schritten Foncebadón. Im 12. Jahrhundert wurde hier die erste Herberge gegründet. Viele weitere folgten und der Ort wuchs stetig. Bis das Pilgertum nachließ und der Jakobsweg nahezu in Vergessenheit geriet. Lange Zeit hatte Foncebadón den Ruf als Geisterstadt. Auch heute noch zeugen unzählige verfallene Häuser von diesen Tagen.

Foncebadón

Für eine Pause ist es noch zu früh und zu sehen gibt es hier nicht viel, also gehe ich durch den Ort durch. Nach einem weiteren kleinem Anstieg erreiche ich das Cruz de Ferro, das „Eiserne Kreuz“. Seit je her ist es Tradition hier einen symbolischen Stein abzulegen und seine Last auf dem Camino zu lassen. Stein habe ich leider keinen mit, aber vielleicht ist es auch einfach noch nicht an der Zeit alle Lasten abzulegen.

Direkt darauf folgt Manjarin. Bis auf ein einziges Haus, welches als Herberge dient, sind alle Häuser verlassen und verfallen. Ein Steinhaufen reiht sich an den anderen und man kann nur erahnen was hier vor langer Zeit los gewesen sein muss. Es gibt keinen Strom und kein fließendes Wasser. Die Herberge des „Ortes“ gilt als eine der ursprünglichsten am ganzen Jakobsweg. Und weil sie auch das einzige noch stehende Gebäude hier ist, hat man das Ortsschild gleich direkt auf das Grundstück gestellt 😀

Der „Ort“ Manjarin

Ab jetzt geht es bergab. Mal steiler, mal flacher. Mir tut meine linke große Zehe massiv weh. Genau gesagt der Mittelknochen. Ich hoffe, dass es „nur“ eine Sehnenentzündung ist, aber manchmal ist der Schmerz fast unerträglich. Die Zehe lässt sich kaum nach oben biegen, ohne dass ich glasige Augen bekommen. Vielleicht sollte ich wirklich regelmäßig dehnen. Die Zehen versteifen zunehmends.

Die Frühstückspausenstadt meiner Wahl ist erreicht. An der ersten Bar der Stadt stehen gerade Chris und sein ungarischer Begleiter auf. Mist, ich bin zu spät. Aber sie sagen mir, dass sie in der nächsten, nur drei Kilometer entfernten Stadt wieder eine Pause machen wollen. Ich lasse sie vorgehen, klebe mir schnell ein Blasenpflaster (ja, schon wieder eine Blase) und folge unauffällig.

Am Ortseingang des nächsten Ortes haben zwei junge Burschen einen kleinen Stand aufgebaut und verteilen Säfte und Kuchen an die Pilger. Das finde ich sehr süß 🙂 Chris schrneibt mir, dass sie in den nächsten Ort weitergehen, hier gibt es nämlich keine Bar. Nochmal 5 Kilometer drauf. Und das mit steilem Abstieg. Na was solls, zambeissen und durch.

Den Abstieg habe ich gerade so überstanden, aber jetzt brauche ich wirklich dringend eine Rast. 25 Kilometer Strecke und fast 1600 Höhenmeter ohne Pause. Das war zu viel. Mein Kreislauf geht langsam ein. Unzählige Kreuze für auf dieser Etappe verstorbene Pilger hätten mir eigentlich eine Mahnung sein sollen. Aber geschafft ist geschafft und ich geselle mich zu Chris und seinem Ungarn auf einen Salat. Der Ungar macht für heute Schluß, Chris gegt mit mir nach Ponferrada.

Nachdem ich Chris von meinem brandneuen Hotelzimmer für 30 Euro erzählt habe, wurde er auch heiß drauf. Ein kurzer Check bei Booking zeigt an, dass noch Zimmer frei sind. Dementsprechend gehen wir die letzten Kilometer langsam und gemütlich an. In Ponferrada wollen wir dann einchecken… aber… ups… das Hotel ist ausgebucht, ich habe für Chris beim falschen Datum nachgesehen. Mein Zimmer habe ich ja schon vor ein paar Tagen reserviert, aber Chris muss sich jetzt eine andere Unterkunft suchen. Wir machen uns als Treffpunkt die Templerburg aus, eine DER Sehenswürdigkeiten am Jakobsweg. Gesagt getan, Besichtigen wir den ehemaligen Hauptsitz des Templerordens. Habe mir etwas mehr erhofft, aber für die paar Euro Eintritt wars ok.

Danach gehen wir noch Abendessen und lassen den Tag bei einem Glaserl Wein ausklingen. Dann trennen sich unsere Wege wieder.

Wenn meine Zehe nicht besser wird muss ich vielleicht einen Tag aussetzen, aber eigentlich will ich weiter. Gut, morgen bleibt es flach, da kann mans riskieren. Sonst muss ich einfach früher Halt machen und die Etappen entsprechend verkürzen. Mal schauen, erstmal eine Nacht drüber schlafen 🙂 Gute Nacht!

Chris auf der Templerburg