Triacastela – Sarria (ca. 17 Kilometer)
Ausschlafen. Herrlich. Bin aber leider gewohnheitsbedingt schon lange vor dem Wecker aufgewacht. Ich wäre nicht ich, hätte ich die Zeit nicht zum Herumgammeln genutzt. Dabei habe ich ein bisschen mit meinen Etappen herumgewurschtelt und werde zumindest eine davon in zwei aufteilen. Habe ja keinen Stress und auf einen Tag länger kommts jetzt nun wirklich auch nicht mehr an. Dafür kann ich meine Reise ganz gemütlich ausklingen lassen.
Irgendwann mache ich mich dann doch noch auf den Weg und humple die Straße entlang Richtung Jakobsweg. Da kommt mir eine italienische Pilgerin entgegen (gefühlt ist hier jeder zweite Pilger Italiener) und fragt mich wo es hier zum Jakobsweg geht. Also in die entgegengesetzte Richtung aus der du gestern gekommen bist mal sicher nicht meine Liebe. Ich führe sie persönlich zum Einstieg und sie ist mir so dankbar, dass ich schon befürchte gleich direkt in Santiago heiraten zu müssen. Allerdings stellt sie schnaufend fest, dass es sofort bergauf geht, meine Chance um einer kurzfristigen Eheschließung zu entgehen. Ich lege an Tempo zu.
Warum zur Hölle geht es noch immer bergauf? Ich dachte gester war die letzte anstrengende Etappe? Mit meinem (endlich erlangten) Fitnesslevel over 9000 jogge ich sogar einen Teil vom Aufstieg. Santiago scheint mich förmlich anzuziehen. Endlich oben. Ein unglaubliches Bild erwartet mich. Dichter Nebel liegt im Tal und breitet sich wie ein Meer bis zum Horizont aus.
Ab jetzt geht es bergab und ich mache mich auf die Suche nach einem Pausenplatzerl. In den ganzen Mini-Ortschaften halte ich erst gar nicht Ausschau nach einer Bar, denn es stinkt hier überall fürchterlich. Es gibt vermehrt Viehwirtschaft, was man bis jetzt in Spanien eher selten gesehen hat.
Als dann mal ein nicht stinkender Ort kommt, lasse ich mich für eine laaaaange Pause nieder. Denn ich muss viel Zeit totschlagen. Mein heutiges Hotel hat als check-in Zeit 15 Uhr angegeben. Zwei Bier und zwei Eis später gehe ich die letzten 6 Kilometer an.
Ganz leicht fühle ich mich schon verarscht. Während die asphaltierte Straße mit einem äußerst dezenten Gefälle nach Sarria führt, geht der Jakobsweg, der EXAKT NEBEN der Straße verläuft, permanent 10 Meter rauf und dann wieder runter. Rauf und wieder runter. Die ganze Zeit. Und das auch noch auf einer Schotterstraße, die den Eindruck erweckt als würde ein Bauer zwei Mal im Jahr mit dem Pflug durchfahren. Vielleicht war es nicht ganz so schlimm. Meine Zehe und die Mörderblase des Todes tun einfach höllisch weh.
Sarria ist erreicht. Ich bin heilfroh mir diese kurze Etappe eingeteilt zu haben. Mit meinen Füßen hätte ich auf einer längeren Strecke keinen Spaß gehabt. Obwohl ich zu früh bin darf ich schon einchecken. Nach der Dusche und der Wäsche melde ich mich bei Astrid. Sie, ihre Schwester und eine Freundin, Julia und Gordon sind auch hier. Ich freue mich wie ein kleines Kind und eile zu dem Restaurant an dem sie sitzen. Kurz wird die Reunion gefeiert und man tauscht Neuigkeiten aus. Zwei Italiener sind auch mit von der Partie. Wobei ich einem davon selbst dann nicht glaube, dass er Italiener ist, als er mir seinen Führerschein gezeigt hat. Irgendwie hat er einen leichten Benelux Akzent in seinem Englisch und sieht nicht ansatzweise so aus wie man sich eben einen waschechten Italiener vorstellt. Denise, Astrids Schwester, sieht ihr, Astrid, verdammt ähnlich. Zu ähnlich. Bis mich Astrid aufklärt. Eineiige Zwillinge. Noch nie durfte ich eineiige Zwillinge anfassen! Fühlt sich aber ganz normal an.
Für morgen hat die Gruppe das gleiche Ziel wie ich. Allerdings wollen sie schon um 6:30 Uhr los. Glaube für die Strecke von 22 Kilometern ist mir das zu früh. Andererseits will ich Denise und Angela, Astrids Freundin, näher kennenlernen. Wenn ichs schaffe pünktlich aus dem Bett zu rollen, dann schließe ich mich an 🙂 Apropos Bett… wird Zeit! Gute Nacht meine Lieben.