Jakobsweg Tag 14: Er geht

Enns – Ansfelden (ca. 19 Kilometer)

In der Früh verzichte ich auf Frühstück, ich habe einfach keinen Appetit. Stattdessen hole ich mir eine Jause beim Spar.

Die ersten 10 Kilometer vergehen wie im Flug. Ich bin sehr in Gedanken. Warum gehe ich diesen Weg? Was erwarte ich mir davon? Für mich ist es eine Art Flucht. Ich möchte möglichst viel Distanz zwischen mich und das was mich runterzieht bringen. Eine Freundin sagte vor einigen Jahren: „Ich muss mich von allem was negativ ist trennen“. Schön langsam verstehe ich was sie meinte. Man kann es einfach nicht jedem recht machen. Ich habe gelernt, dass alles im Leben zwei Seiten hat und man sich aussuchen kann auf welcher Seite man stehen möchte. Für mich ist das Glas seither immer halb voll. Man kann alles sehr schnell sehr schlecht reden, aber Positivität braucht manchmal etwas Arbeitsbereitschaft. Erst wenn man selbst etwas Anstrengung hineinsteckt, erkennt man den Wert in den Dingen. Meine Schlußfolgerung: Wer alles schlecht redet, ist einfach nur zu faul sich mit dem jeweiligen Thema auseinander zu setzen.

Zurück zum Weg. Bei der Hälfte der Strecke in St. Florian wollte ich im Stiftskeller einkehren. Leider Ruhetag. Diese Woche habe ich was Wirte angeht wirklich kein Glück. Aber ich habe ja noch immer meine Jause und so wird das mein Mittagessen.

Auch die weitere Strecke vergeht wie im Flug. Es gibt viele Bankerl und so mache ich oft und lange Pause. Zwar bin ich bei den Pausen noch nicht erschöpft, aber ich will es definitiv etwas ruhiger angehen die nächsten Tage und nicht wieder am Zahnfleisch kriechend die letzten Kilometer der Tagesetappe zurücklegen.

Kurz vor Ansfelden suche ich mir wieder eine Unterkunft. Leichter gesagt als getan. Vor Ansfelden, nach Ansfelden, in Ansfelden… alles ausgebucht. Schlußendlich bekomme ich dann doch beim Dorfwirt noch ein Zimmer. Zwar stimmt Preis-/Leistung nicht so wirklich, aber immer noch besser als auf der Parkbank schlafen.

Diesmal komme ich wirklich gut erholt im Gasthof an. Normalerweise zähle ich am letzten Stück der Etappe jeden Meter und heute war es mehr ein „Oh, schon da“.

Übrigens habe ich erfahren, dass nur wenige Kilometer vor mir eine Pilgerin aus Wien unterwegs ist. Wäre sicher lustig, wenn man sich mal trifft. Bis jetzt bin ich noch keinem anderen Pilger begnet.