Jakobsweg Tag 141: Hurtig, hurtig

Portomarin – Palas de Rai (ca. 24 Kilometer)

Meine Pension war übrigens voll cool. Das ganze Haus und die Zimmer waren nach dem Film „Der Pate“ gestaltet. Wollte unbedingt dort schlafen und war froh ein Zimmer bekommen zu haben 🙂 Die Nacht selbst war etwas unruhig. Bin oft aufgewacht.

In der Früh habe ich nochmal (so wie eigentlich jeden Tag) einen Blick auf die Karte geworfen um mir den Streckenverlauf grob einzuprägen. Hat mich schon paar mal vorm Verlaufen gerettet 😀 Wobei hier kann man sich eigentlich nicht mehr verlaufen. So unendlich viele Wegweiser und im Zweifel einfach den Massen nach. Und zwar wirklich den Massen. Ich kann euch das gar nicht erklären wieviele Leute hier unterwegs sind. Chris hat es heute treffend beschrieben: Das ist so wie am Bahnhof, wenn ein randvoller Zug ankommt und die Menschen nur so rausströmen.

Jedenfalls bei meinem morgentlichen Kartencheck fällt mir auf, dass mit der morgigen Etappe was nicht stimmt. Tja, ich hab mich gestern bei der Buchung der Pension wohl verschaut… statt den erwartet 34 Kilometern sinds fast 41. Wie kann man sich nur derart vertun? Tief in mir schreit ein kleiner Klaus Kinsky „SO BLÖD KANN DOCH KEINER SEIN!“.

Weil die Etappe heute kurz wird und das Wetter kühl ist, habe ich keinen zeitlichen Druck und gehe erst um 9 los. Irgendwie habe ich aber das Gefühl mich selbst quälen zu müssen und breche die ersten 15 Kilometer in knapp über 2 Stunden runter. Ich will den Trubel nur so schnell es geht hinter mich bringen und endlich in Santiago ankommen. Fast hätte ich dabei vergessen mir einen Stempel zu holen, denn auf den letzten 100 Kilometern braucht man mindestens zwei Stempel am Tag um in Santiago auch die Compostela zu erhalten. Also kehre ich in einer Bar ein, hole den Stempel, trinke pro forma halber einen Radler, und gehe dann äußerst unmotiviert die letzten Kilometer an.

Zum Glück sehe ich eine Bar weiter Chris sitzen. Ich geselle mich zu ihm und freue mich bis zu meiner Unterkunft doch ein bisschen Gesellschaft zu haben. Leider hat ihn die Scheißerei erwischt und er ist nicht so ganz bei Kräften. Für das legt er aber ein ordentliches Tempo vor 😀

Plötzlich dreht sich alles. Ohoh. Vielleicht war ein Radler als einzige Mahlzeit des Tages nicht so eine gute Idee. Chris bietet mir sofort Frühstückskekse an, wodurch es schnell besser wird. Aber es taucht eine Bar vor uns auf, wo ich mich gleich mal ausreichend nicht alkoholisch hydriere und mir eine Pizza genehmige. Chris freut sich die Haxn aus über ein deutsches Weißbier. Ein Teil meiner Gruppe war übrigens auch dort, sind aber gerade gegangen, als wie gekommen sind. Wir konnten aber feststellen, dass die Gruppe und ich für morgen die gleiche Pension demselben Kaff gebucht haben. Was für ein Zufall!

Jetzt sind es nur noch 2 Kilometer. Chris spürt das Weißbier sofort und ist sich nicht ganz sicher ob er rennen oder langsam gehen soll 😀 Eine harte Probe für einen Dünnpfiff gebeutelten Darm 😉 Am Ziel angekommen verabschieden wir uns, sind aber sehr zuversichtlich uns in Santiago nochmal zu sehen.

In meiner Unterkunft lege ich mich sofort mal aufs Ohr. Aber nur bis 20 Uhr. Ich bekomme nämlich ein Jausenpaket für morgen, statt dem Frühstück, weil ich schon um 5 los will. Da gönne ich mir auch gleich einen Abendsnack. Patatas Bravas … mutige Erdäpfel. Normalerweise bekommt man Erdäpfelspalten mit einer leckeren würzigen Sauce. Die hier waren derart scharf, dass ich sie kaum essen konnte. Aber zum satt machen hats gereicht.

Nun sitze ich am Zimmer und darf meinem Nachbarn zuhören wie er sich alle 10 Sekunden in einer Lautstärke räuspert, dass ich die Wand durch den Kopfpolster hindurch vibrieren spüre. Aber die Kinder, die am Gang spielen (warum auch immer die Kinder in Spanien bis spät in die Nacht wach sein dürfen) übertönen das sowieso. Na wenigsten habe ich vorgeschlafen, dann kann ich mir in Ruhe ein paar Folgen Orange is the new black reinziehen bis alle weggepennt sind und auch ich in aller Ruhe ins Träumeland entgleiten darf.