Jakobsweg Tag 23: Eine Nacht bei den Alemannen

Salzburg – Bad Reichenhall (ca. 22 Kilometer)

Ich habe sehr gut geschlafen, fühle mich aber trotzdem nicht erholt. Dementsprechend bin ich nicht sonderlich motiviert meine Sachen zu packen. Weil ich aber schon Hunger habe und ja kein Frühstück gebucht habe, treibt es mich dann doch gegen 9 aus dem Hotel. Eingedeckt mit einer Jause vom Merkur, mache ich mich auf den Weg.

Fast 2 1/2 Stunden braucht es, bis ich (inklusive Frühstückspause) Salzburg Stadt hinter mir habe. Mir fällt auf, dass ich mittlerweile wesentlich schneller als noch zu Beginn unterwegs bin, deshalb gönne ich mir wieder viele Pausen und genieße so oft es geht die Aussicht auf die Berge.

Bei der Jakobskirche in Gois sehe ich im Pilgerbuch einen Eintrag von Johanna. Sie war bereits gestern da, hat mich also schon überholt. Morgen ist aber ihr Ruhetag, vielleicht hole ich sie da ja wieder ein. Es freut mich wirklich, dass wir noch immer grob in der Nähe sind. Hoffentlich treffen wir nochmal aufeinander.

Etwas später komme ich beim Salzburger Freilichtmuseum vorbei und überlege kurz ob ich einen Abstecher machen soll. Allerdings bin ich schon ziemlich erschöpft und sehne mich nach einem Bankerl. Außerdem will ich eigentlich nicht mit dem Rucksack dort herum rennen. Ein Blick auf die Homepage des Museums zeigt mir, dass die Ausstellung vermutlich sowieso nicht meinen Geschmack trifft und so gehe ich weiter.

Das nächste Bankerl gehört mir. Leider direkt an einer Freilandstraße, an einer Kreuzung, über einem stinkenden Kanaldeckel. Aber Bankerl ist Bankerl! Mehr noch… das Bankerl hat mich davor bewahrt mich zu verlaufen. Ich war gerade auf Auto-Pilot im Bankerlsuchmodus und hätte die Abzweigung nach Deutschland definitiv verpasst. Sicherheitshalber frage ich noch eine hübsche junge Dame auf Pferd nach dem Weg und schon gehts weiter.

Am Grenzübergang stand ein Polizeiwagen. Mittlerweile bin ich ja richtig knusprig Braun und habe einen wuschligen Pilgerpart… kurz hatte ich schon Angst, dass ich jetzt kontrolliert werde 😀 Der Jakobsweg teilt sich hier auf und ich kann wählen zwischen kurzer und flacher Strecke auf Freilandstraße oder längerer Strecke mit Höhenmeter durch Wald. Da muss ich nicht lange überlegen und biege in den Wald ein. Sofort fällt mir auf, dass es überall unzählige, gut platzierte Bankerl gibt. Jaja, ich weiß… die Bankerl… aber geh mal mit unsportlicher Figur und 15 Kilo am Buckel jeden Tag, da sehnst du dich einfach nach regelmäßigen Sitzgelegenheiten 😀

Irgendwo kurz nach dem Wald verliere ich den Weg und gehe querfeldein über eine große Wiese. Laut Karte war da mal ein Weg, das viele Schilf am Feld deutet aber auf einen etwas moorigen Boden hin. Vermutlich ist der Weg bei Regenfällen einfach verschwunden.

Bad Reichenhall habe ich schon vor der Nase, da gesellt sich Sissi zu mir. Eine Salzburgerin, die gerade mit dem Rad unterwegs ist und im Juni selbst von Salzburg nach Santiago geht. Sie begleitet mich bis zu meiner Unterkunft und verabschiedet sich nach einem kurzen Plausch.

Meine heutige Pension ist ein großes, altes Bauernhaus. Knarriger Holzboden, enge und tiefe Türen; wirklich sehr urig. Ich freue mich schon auf morgen, endlich in Tirol. Die vorgeschlagene Etappe wäre fast 30 Kilometer lang, glaub da werd ich etwas kürzen müssen. Aber ich habe mir ja fix vorgenommen nicht zu genau zu planen, also einfach mal schauen was passiert 🙂