Jakobsweg Tag 26: Warum bin ich so fröhlich, so fröhlich, so fröhlich *sing*

St. Johann in Tirol – Söll (ca. 25 Kilometer)

Tjoa, aus dem Fernsehabend wurde nichts, kurz nach Sendungsbeginn bin ich weggeratzt und habe einen ganzen Wald umgesägt. In der Nacht hat es leicht geregnet, deshalb ziehe ich gleich die langen Sachen an. Aufs Frühstück verzichte ich, irgendwie ist mir bisschen flau im Magen. Vielleicht auch nur einfach noch im Halbschlaf. Wie sich aber herausgestellt hat, war sowieso niemand im Haus. Ich schreibe meine Telefonnummer auf und lege das Geld an die Rezeption. Bis jetzt hat keiner angerufen, dürfte also geklappt haben 😀

Als ich weggehe nieselt es noch leicht und es ist wesentlich kälter als die letzten Tage. Dafür ist die Atmosphäre wirklich bezaubernd. Die Wolken hängen sehr tief und bedecken die Sonne. An manchen Stellen schauen vereinzelt Berggipfel aus den Wolken.

Es beginnen die ersten Höhenmeter und auch die Sonne kommt heraus. Zeit die Weste auszuziehen. Ich suche mir ein Bankerl und beim Entkleiden dampfe ich am ganzen Körper wie frisch aus der Sauna. Eigentlich ein gutes Platzerl für eine Frühstückspause. Während ich pausiziere gehe ich die heutige Etappe nochmal durch. Plötzlich rennt mir ein Eichkatzerl vor die Füße. Das Eichkatzerl reissts, mich reissts. Das Eichkatzerl macht seltsame Geräusche, ich mache seltsame Geräusche. Das Eichkatzerl rennt weg, ich mache mich auch wieder auf den Weg.

Jetzt bin ich gerade zwischen den Bergen. Es hat endgültig aufgeklart und der Marsch ist einfach herrlich. Weil ich viele und lange Pausen gemacht habe (Telefonat mitn Papa musste auch mal sein) bin ich zwar noch nicht so weit gekommen, aber es ist bereits Mittag und deshalb halte ich schon die Augen nach einer Einkehr offen. Was soll ich sagen… alles geschlossen. Teilweise sind die Ortschaften wie ausgestorben. Es hat echt ALLES zu. Lebensmittelgeschäfte, Friseure, egal was. Dazu kommen die unzähligen abgeräumten Skilifte mit den riesigen, leeren, Parkplätzen. Hin und wieder stehen Pistenraupen auf der Straße. In Summe schafft das eine etwas gespenstische Atmosphäre, perfekte Kulisse für einen Horrorfilm in den Alpen.

Letztendlich finde ich ein etwas gehobeneres Gasthaus und ich gönne mir Bärlauchrisotto mit gebratenen Jakobsmuscheln. Ein Pilgermenü quasi 😉 Ein paar Meter weiter hinten wäre ein Billa gewesen. Naja, immerhin ein günstiges Nachtmahl. Zum Verhängnis wird mir eine Aktion des Mineralwassers, das ich mir manchmal kaufe. Denn ich lade den Rucksack ordentlich an… obwohl mir noch einige Höhenmeter bevorstehen.

Schweißgebadet komme ich am Bergdoktorhaus vorbei… aber es geht weiter bergauf. Bei einer kurzen Pause rufe ich beim Tourismusverband an (danke für den Tipp Papa!) und lasse mir die Nummer einer Pension in Söll geben, die auch offen hat, und ich reserviere gleich.

Das Bergdoktorhaus

Ab jetzt wird der Weg herrlich! Es geht bergab und bergauf durch Wälder und über Weiden. Ich habe so viel Spaß, dass ich sogar anfange zu singen. Bis auf die Kühe hat mich aber hoffentlich keiner gehört 😀 Obwohl das Gelände eigentlich anspruchsvoll ist, bin ich dank meiner guten Laune sehr flott unterwegs. Insgesamt waren es heute 1200 Höhenmeter.

Fast hätte ich den Weg verloren

Im Söll angekommen beziehe ich meine Unterkunft und bin sehr überrascht. Für 42 Euro bekomme ich ein großes 4-Stern Appartement mit eigenem Balkon und ein meeeegaweiches Bett mit einer Polsterarmada. Heute werde ich wie ein König schlafen!

Tage wie heute bestätigen mich in dem was ich tue. Klar gibt es auch mal miese Tage, aber eine Wanderung über Wiesen und Wälder zwischen den Bergen macht alles wieder wett!

Da mag noch wer Bankerl so gern wie ich 😉