Jakobsweg Tag 31: Der Pilger, der vom Jakobsweg verschwand, ihn mit viel Glück wieder fand (3 Mal)

Innsbruck – Rietz (ca. 31 Kilometer)

Die Nacht war furchtbar. Ich konnte kaum schlafen und bin ständig aufgewacht. Keine Ahnung warum. Es war nicht laut, die Temperatur war richtig und ich wäre auch hundemüde gewesen. Nach einer genauen Begutachtung des Bettes, meinte ich zu sehen, dass die Matraze eine leichte Neigung kopfwärts hat. Was die Ursache gewesen sein könnte. Naja, ich wollte ohnehin um dreiviertel Acht weggehen, da fiel mir das Aufstehen leichter. Frühstück hatte ich keines gebucht, das war mir mit 16 Euro viel zu teuer. Da kehre ich lieber Mittags wo ein.

Die nahegelegene Brücke bringt mich wieder ans Südufer des Inns, wo ich wieder auf den Jakobsweg einsteigen will. Tja, blöderweise führt die Brücke über die Autobahn, der Weg liegt aber zwischen Autobahn und Inn. Ich frage einen Einheimischen wie ich denn dort hin komme. Gar nicht. Ich müsste wieder ins Stadtzentrum, dort gibt es einen Einstieg auf den Weg. Na toll. Also wieder ans Nordufer und ich gehe solange bis die erste Brücke kommt. Ein wahnsinns Umweg, aber vermutlich kürzer als wenn ich zurück ins Stadtzentrum gehe.

So komme ich nach Völs und bin wieder am Jakobsweg. Bei einem Einkaufszentrum ist der Parkplatz berstend voll und in mir keimt die Hoffnung, dass ich neue Schuhe beim Intersport kaufen kann. Bei einem Schuh ist nämlich schon die Sohle durchgewetzt. Noch kann ich die Socke durch die Sohle nicht sehen, aber so weit will ichs nicht kommen lassen 🙂 Aber nein, leider hat das Einkaufszentrum geschlossen (eh klar, ist ja Sonntag), es gibt nur einen großen Flohmarkt in der Nähe.

Der Weg führt weiter aus Völs durch ein Industriegebiet. Jetzt bin ich wieder froh, dass Sonntag ist, sonst wäre sicher alles voll mit LKWs. Irgendwie kommts mir nach einer Zeit aber komisch vor, dass ich so lange geradeaus gehe. Ich hatte in Erinnerung, dass ich öfters abbiegen hätte müssen. Ein Blick auf die Karte verrät… ja, ich hätte wirklich abbiegen müssen… aber ich schwöre euch… DA WAR NICHTS ZUM ABBIEGEN!!! Spontan wird eine neue Route geplant (ich gehe das sicher nicht wieder alles zurück) und stelle fest, dass es sogar eine Abkürzung ist und ich somit den Umweg von vorhin auf der falschen Uferseite vermutlich wieder wett gemacht habe.

Nach Kematen, das ich nur am Rande gekratzt habe, steige ich wieder auf den Jakobsweg ein und befinde mich nun auf einem Radweg. Schon verfluche ich den Sonntag wieder. Sonntag und Radweg ist für einen Wanderer wirklich keine angenehme Kombination. An dieser Stelle möchte ich kurz anmerken, dass meine „Pinkel-Hemmschwelle“ inzwischen drastisch gesunken ist. Nach vielen Kilometern Stadtgebiet und Radweg ohne Möglichkeit in irgendwelche Büsche zu verschwinden, ists dir bald egal ob dir jetzt 20 Radler dabei zuschauen. Bevor ich vom Radweg runter muss, sehe ich viele Menschen vor einem Lebensmittelladen sitzen. Offen! Perfekt, denn Wirte gibt es direkt am Weg keine, so erspare ich mir einen Umweg.

Nach einer Stärkung geht es runter vom Radweg und durch viele kleine Ortschaften. Der Jakobsweg ist jetzt wieder gut ausgeschildert und ich gehe auf Autopilot. Andere nennen es vielleicht etwas philosphischer wie etwa „meditierend“ oder „gedankenleer“. Für mich trifft die Bezeichnung Autopilot am ehesten zu. Man schaltet ab, denkt nicht mehr über den Weg selbst nach, sondern über alle möglichen Sachen. Man folgt den Schildern, schaut in die Kirchen rein und macht vielleicht hier und da ein Foto der Landschaft. Offenbar war ich zu sehr auf Autopilot. Während ich gerade einen Berg hinauf trotte kommt ein Einheimischer auf mich zu und schickt mich wieder den Berg hinunter. Er meint ich hätte unten im Ortskern abbiegen müssen. Ich bedanke mich, kontrolliere aber etwas ungläubig seinen Hinweis. Natürlich hat er recht (wohnt ja immerhin da), aber wieder einmal schwöre ich, dass mich der Wegweiser den Berg rauf geschickt hat. Nunja… es stellt sich heraus, dass da ein riesen Schild hängt, das zum Abbiegen auffordert. Blind halt.

Ich marschiere in Pfaffenhofen ein, was das Ziel der Etappe ist, und suche nach einer Unterkunft. Leider bekomme ich in Pfaffenhofen nichts, aber weils dort nur einen Wirten gibt, habe ich mir als Notlösung im angrenzenden Telfs schon ein paar Ersatzpensionen rausgesucht. Auch hier haben die günstigen Unterkünfte entweder geschlossen oder sind ausgebucht. Es gibt nur ganz im Norden eine günstige Unterkunft, aber die ist 5 Kilometer vom Jakobsweg entfernt. Sprich 10 Kilometer Umweg. Da schaue ich lieber im Nachbarort und gehe einen Teil der Strecke heute noch. Tatsächlich finde ich was direkt am Jakobsweg mit der selben Entfernung zu der Pension in Telfs. Nur leider hebt niemand ab. Nach langem Hin und Her bin ich gerade dabei mir dir Nummer von der Umwegunterkunft rauszusuchen, ruft mich der Wirt von vorhin zurück. Ja, er hat noch was frei. Super! Gleich gebucht und auf den Weg gemacht. Es geht nochmal einen Hügel rauf und wieder runter. Dann sehe ich vor mir Rietz. Oben auf einem Hügel. Warum muss es zur Unterkunft eigentlich immer bergauf gehen? Aber ich bin noch erstaunlich fit und zu meiner Verwunderung trotz der wenigen Pausen heute sehr gut unterwegs.

Der Dorfwirt ist erreicht und ich habe wieder mal einen Zahn auf Salat. Irgendwie esse ich fast jeden Tag Salat, weiß auch nicht was mit mir los ist. Zum Abschluss trinke ich gerade ein Soda Zitron mit frisch gepresster Zitrone auf meine beiden Mädels. Nadine, Patricia… PROST!