Jakobsweg Tag 45: Es ist so FLAUSCHIIIG

Willisau – Häusernmoos (ca. 26 Kilometer)

Ich habe nicht so gut geschlafen. Das Bett war so ein Klappkasten-Bett und ich fand das Gefühl etwas seltsam mit dem Kopf im Kasten zu liegen. Beim Frühstück war ich heute besonders verrückt. Statt Wurstsemmel gab es Nutellacroissant und Joghurt. Eigentlich esse ich jetzt fast immer ein Joghurt in der Früh, finde das erfrischend. Leider ist das WLAN nicht nur am Zimmer grottig, sondern auch im Gastraum. Heute möchte ich mir eine Unterkuft reservieren. Nicht, dass ich nochmal 35 Kilometer machen muss 😀 Die günstigste Unterkunft finde ich in Häusernmoos. Zwar keine kurze Etappe, aber dafür kann ich dann morgen eine GANZ kurze Strecke nach Burgdorf machen. Das sind etwa 12 Kilometer, und gibt mir einen halben Pausentag. Glaube das brauche ich um mich bisschen zu erholen.

Obwohl es heute stark bewölkt und leicht windig ist, entscheide ich mich wieder für kurze Hose und Shirt. Immerhin liegen vor der Haustür gleich einige Höhenmeter, da wird mir sowieso warm. Leider ist die Landschaft nicht mehr so imposant, es wird deutlich flacher. Auch wenn man nach wie vor alle Hügeln rauf und runter rennen muss 😀 Auf Pausen verzichte ich komplett, denn sobald ich total durchschwitzt den Rucksack abnehme, wird mir eiskalt. Nur in 2 Kirchen setzte ich mich kurz hin. Dort ist es nicht ganz so kalt und vorallem windstill (und es gibt Pilgerstempel, ich Geier ich *hihi*).

Schon wieder stürze ich. Das dritte Mal in drei Tagen. Wobei ich glaube, dass das heute einfach ein Erschöpfungssturz war. Während dem Gehen sind mir auch immer wieder die Augen zugefallen und ich hab zeitweise die Füße mehr nachgezogen als dass ich gegangen bin. Aber ich konnte mich mit den Stöcken ganz gut abstützen, nix passiert. Das Knie ist eh von gestern aufgeschürft, da kommt es auf einen Kratzer mehr oder weniger auch nicht mehr an 😀

In Huttwil möchte ich wirklich gerne was essen und wieder bisschen zu Kräften kommen. Bei einer Pizzeria finde ich mit einer heißen, fettigen Pizza genau das, was ich jetzt brauche. Durch das Sitzen ist mein Körper total ausgekühlt und es hat mittlerweile zu nieseln begonnen. Erfahrungsgemäß gibt es nach einem größeren Ort 100-200 Höhenmeter Aufstieg. Aus diesem Grund will ich eigentlich auf eine Weste verzichten, weil mir dann eh gleich warm wird. Aber es ist einfach zu kalt und ich muss doch die Weste anziehen. 500 Meter Strecke und 100 Meter Höhe später schwitze ich wie ein ganzer Schweinestall und ziehe die Weste wieder aus. Na das hat sich mal ausgezahlt 😀

Der Weg führt an einem allein stehenden Haus vorbei, wo ich einen freilaufenden Hund sehe. Meine Lieblingssituation, hatte ich schon ein paar mal. Ist so eine 50/50 Sache. Entweder zuckt der Hund komplett aus, oder es tangiert ihn peripher. Der Hund scheint mich noch nicht gesehen zu haben, also mache ich ein paar Geräusche, damit er nicht erschrickt. Tja, leider gehört er zu den Auszuckern, stellt sich wenige Zentimeter vor mich hin und keifft mich an. Weil ich keine Ahnung habe wie man sich in so einer Situation verhält, ignoriere ich den Hund und gehe einfach konsequent weiter. Er weicht dann doch aus. Meine Theorie ist ja, dass das manche Bauern mit Absicht machen. Denen ist nicht recht, dass ein Wanderweg durch ihren Hof führt und deshalb lassen sie sich was einfallen um den Wanderern das Leben schwer zu machen. Nicht erst einmal musste ich hunderte Meter Umweg durch unwegsames Gelände gehen, weil die 40 Meter durch den Hof einfach abgesperrt wurden. Solche Höfe erkennt man schon aus der Ferne, weil die „Privat“ Schilder in allen Farben leuchten. Einer war besonders fies. Er hat EINEN Rasensprenger aufgestellt und zwar genau neben den Wanderweg, aber so, dass nicht sein Grund, sondern der Weg nach der Absperrung begossen wird. Vielleicht auch nur alles Zufälle, aber ich meine da einen Zusammenhang erkennen zu können 😀

Der restliche Weg läuft ganz gut. Während dem ganzen Tag habe ich keinen einzigen anderen Wanderer oder Radfahrer auf den Wegen getroffen. Was für einen Sonntag wirklich sehr ungewöhnlich ist. Aber gut, das Wetter war wirklich nicht so besonders und ohne Rucksack schleppen wird einem sicher nicht so schnell warm. Kurz bevor ich mein Ziel erreiche komme ich an einem kleinen Gestüt vorbei. Ein Pferd erblickt mich, geht zum Zaun und streckt seinen Kopf drüber. Normalerweise greife ich die Tiere nicht an, aber das liebe Pferdchen will sichtlich unbedingt gestreichelt werden. Und weil ich mich nicht daran erinnern könnte jemals ein Pferd berührt zu haben, muss ich die Chance ergreifen. Wieder mal habe ich keine Ahnung wie man sich richtig einem Tier nähert und ich mach mal das was mir logisch erscheint und lass es an mir schnuppern. Dann strecke ich vorsichtig meine Hand aus und ja, es will sichtlich gestreichelt werden. Ich rubbel kräftig am Pferd und bin überrascht wie flauschig weich das Fell ist. Ich hätte es mir eher borstig vorgestellt. Gerade die Schnauze (oder wie auch immer das beim Pferd heißt) ist ja wirklich meeeeegaweich. War ein tolles Gefühl, ich bin froh nicht streichellos am Pferd vorbeigegangen zu sein.

Ich treffe in Häusernmoos ein und beziehe die Unterkunft. Weil ich länger schlafen will verzichte ich auf Frühstück und bekomme stattdessen von der Betreiberin ein paar Softdrinks und Äpfel. Ich habe mir heute in der Früh 2 Muffins vom Frühstücksbuffet eingesteckt, das wird wohl die Stärkung morgen Vormittag werden. Was hier wirklich lustig ist und ich so noch nicht gesehen habe: Es wurde mitten ins Zimmer eine Dusche eingebaut. Verstehe zwar nicht ganz warum, wenn es eh ein Gemeinschaftsbad gibt, aber ist trotzdem witzig, wenn man vom Bett aufsteht und mitten in der Dusche steht 😀

So, morgen zum Glück eine kurze Etappe und ein bisschen rasten. Die letzten Tage waren wirklich anstrengend und ich will es nicht übertreiben. Aber es geht mir körperlich wieder besser. Das Taubheitsgefühl im Daumen (von meinem ersten Sturz) ist fast vollständig verschwunden. Die Schmerzen in den Füßen sind deutlich besser und auch der Muskelkater in den Oberschenkeln verabschiedet sich schön langsam. Mit der halbe Pause morgen bin ich hoffentlich wieder topfit 🙂