Häusernmoos – Burgdorf (ca. 12 Kilometer)
Der Wecker läutet erst um 8:30 Uhr. So lange schlafen war herrlich! Es hat die Nacht durchgeregnet und draussen ist es arschkalt (gefühlte Temperatur laut Wetterbericht: 4 Grad) Weil neute nur wenige Höhenmeter anstehen, entscheide ich mich für lange Hose und Weste. Denn es nieselt nach wie vor und ich möchte mich auf keinen Fall erkälten.
Aufs Frühstück habe ich ja verzichtet, also verabschiede ich mich von der Besitzerin und sie gibt mir noch eine Flasche Cola mit. Das finde ich sehr nett 🙂
Nach einem kurzen Straßenstück darf ich gleich in einen Wald abbiegen. Dort erledige ich auch gleich meinen täglichen Sturz. 4 Tage hintereinander. Keine Ahnung was los ist. Der Boden ist komplett durchweicht und mit Blättern bedeckt. Meine Füße sind schwach und ausgelaugt. Normalerweise kann ich kleine Rutscher leicht ausgleichen, aber mit schlappen Beinen geht das nicht so gut. Aber ist ja nicht weit und dann darf ich mich bisschen ausruhen.
Von jetzt an gehe ich sehr langsam und bei Waldstücken taste ich mich stückchenweise vor und behandle den Boden wie frisch polierten Lack meines imaginären Porsches. Wenn ich mir die ganzen Rutschspuren am Weg so ansschaue, dürfte nicht nur ich ein paar Schwierigkeiten beim Gehen haben 😀
Wieder gehe ich durch viele Bauernhöfe und an unzähligen Kühen vorbei. Man geht irgendwie permanent an Kühen vorbei und das schon seit Oberösterreich. Es gibt so unglaublich viele Kühe! Ja, es gibt auch unglaublich viele Menschen, aber ich sehe an einem Tag sicher 100 Mal mehr Kühe als Menschen 😀 Irgendwie bringt mich das schon zum Nachdenken. Den Viechern geht es sichtlich blendend, zumindest haben die Weidetiere einen sehr zufriedenen Gesichtsausdruck. Trotzdem sind sie eingesperrt. Der Gedanke macht mich ein bisschen traurig. Natürlich weiß jeder, dass es viele Kühe gibt, aber man realisiert es erst, wenn man tagtäglich, seit über einem Monat, an hunderten, wenn nicht tausenden, Tieren vorbeigeht. Andererseits… sind wir nicht alle ein bisschen eingesperrt? An einem ereignislosen Tag verbrachte ich die eine Hälfte des Tages auf ein paar Quadratmetern Bürofläche und die andere Hälfte auf ein paar Quadratmetern Wohnfläche. Da haben die meisten Kühe mehr Platz auf der Weide. Was mich zur Frage bringt: Was ist „Freiheit“? Spontane Antwort wäre wohl: Jederzeit tun können was man will. Nur… können wir das? Ich für mich sehe mich gerade an diesem Punkt, aber die Entscheidung dorthin war nicht leicht. Freiheit bedeutet auch Verzicht. Verzicht auf Sicherheiten, verzicht auf Komfort. Und es ist auch ein Kampf. Gegen Neider und „Neinsager“, die einem die Freiheit nicht vergönnen. Vielleicht weil sie sie selbst nicht leben können. Ich weiß es nicht. Jedenfalls wurde mir klar, dass sich die unzähligen Kühe auf den ebenso unzähligen Weiden gar nicht so sehr von uns Menschen unterscheiden. Die meisten sind wohl glücklich in ihrem Käfig und wüssten vielleicht gar nicht was sie ohne dem Zaun machen sollten.
Sorry für die philosphische Ausschweifung, manchmal muss es einfach raus 😀 Wie gings weiter? Achja. Ich habe nur noch 2 Kilometer nach Burgdorf und bin mal wieder zu schnell unterwegs. Ein Bankerl mit Aussicht bietet sich an, also packe ich mein „Arschdeckerl“ aus um keinen nassen Popsch zu bekommen. Wie gestern bereits erwähnt sind die Aussichten nicht mehr so bezaubernd, erinnern aber gerade ein bisschen an die Heimat. Felder und kleine Wälder in leichter Hügellandschaft.
In Burgdorf angekommen beziehe ich meine Unterkunft, ein renoviertes Bauernhaus. Das Zimmer ist wirklich groß und sehr modern. Bisschen overkill für eine Pilgernacht, aber ideal um sich an einem halben Rasttag auszubreiten. Mittagessen gabs vom Supermarkt, wo ich entdeckt habe, dass es eine Eigenmarke mit Softdrinks gibt. 1,5 Liter Cola/Fanta/Sprite usw. für umgerechnet 47 Cent! Das ist wirklich günstig. Umso teurer ist dafür das Essen. Ihr kennt doch diese abgepackten Sandwiches? Diese grauslichen, die so billig schmecken. Ja, die gibts hier auch, kosten aber fast 5 Euro pro Stück. Aber die Hälfte der Schweiz habe ich bereits hinter mir, morgen gehts bereits nach Bern. Das Wetter wird leider megagrauslich. Laut Reiseführer gibt es ein paar steile Passagen in Wäldern und über Wiesen. Wenn es wirklich schüttet, so wie angesagt, kann es etwas ungemütlich werden.
Übrigens: Habe heute wieder eine Zecke gefunden. Muss aber von gestern sein, weil sie schon bissl angesaugt war. Wundert mich aber, dass ich bis jetzt doch relativ wenige Zecken hatte, immerhin gehts oft durch hüfthohes Gras und ich hab ja meistens die kurze Hose an.
Zeckencounter: 3