Romont – Moudon (ca. 16 Kilometer)
Wecker hätte ich mir früh gestellt, allerdings komme ich kaum auf. Seit gestern plagt mich die Allergie sehr. Die Atemwege sind angeschwollen, die Augen knallrot und mein Taschentuchverbrauch ist höher als der eines pubertierenden Teenagers mit seiner ersten Bravo in der Hand. Also gleich mal eine Tablette eingeschmissen und hoffen, dass sie schnell wirkt.
Die Dame am Empfang möchte mir erklären, dass sie bereits Frühstück für mich hergerichtet hat, aber weil ich kein Französisch kann und sie kein Englisch, checke ich erst worums geht, als sie mir den gedeckten Tisch zeigt. Na gut, wenn schon alles hergerichtet ist, dann frühstücke ich halt.
Erstes Ziel der Tagesetappe ist die Altstadt von Romont. In der mittelalterlich anmutenden Stadtkirche hole ich mir einen Pilgerstempel und treffe dabei einen Pilger aus Bayern. Ich spreche ihn auf seinen ÄUẞERST kleinen Rucksack an und er erzählt mir, dass er den Jakobsweg mit einem Van abfährt und seine Etappen mit dem Rad zurücklegt. Hin und retour, damit er dann im Van schlafen kann. Das ist der erste Pilger, der mir etwas seltsam vorkommt und ich bin fast froh, dass er zu seinem Van zurückgeht und wir nicht gemeinsam weitergehen.
Eigentlich hatte ich vor heute so weit wie möglich Richtung Lausanne zu gehen, aber ich komme kaum voran. Durch die Allergie bekomme ich fast keine Luft und ich bin auch konditionell ziemlich im Keller. So oft es geht mache ich eine Pause, kann mich aber kaum erholen. Da fasse ich den Entschluss nur bis Moudon zu gehen. Nachdem ich mir unterwegs noch ein zweites Allergiepulver eingeworfen habe, setzt auch noch die Müdigkeit ein. Also so fertig wie heute, habe ich mich schon lange nicht mehr gefühlt.
Moudon kommt in Sichtweite und ich bin froh bald da zu sein. Vorsorglich habe ich mir eine Liste mit Unterkünften bis Lausanne runtergeladen und entscheide mich für ein Hotel, das mir irgendwo schonmal untergekommen ist und ich positiv in Erinnerung hatte. Nur leider habe ich keine Ahnung wo es ist. Zuerst gehe ich ins Stadtzentrum, werde aber nicht fündig und auch Infotafel sehe ich keine. Also frage ich einen Einheimischen nach dem Weg. Tja, wieder mal wurde ich durch die ganze Stadt geschickt, wo einfach nix ist. Nie wieder frage ich jemanden aus der Gegend, bis jetzt wurde ich ausnahmslos falsch herumgeschickt. Für 10 Sekunden aktiviere ich Datenroaming um in Google Maps fix den Standort rauszusuchen. Wie sich herausstellen sollte, ist das Hotel genau dort, wo ich den Einheimischen nach dem Weg gefragt habe. Wieder alles zurückgehen. Gut, es ist etwas versteckt, muss ich zugeben. Leider spricht das Personal (schon wieder) nur Französisch. Haben die in der Schweiz kein Englisch in der Schule? Mit meinem mehr als dürftigen Französisch (und Händen und Füßen) bekomme ich ein freies Zimmer. Sogar inklusive Pilgerrabatt. Am Zimmer schaue ich sofort nach was mich die 10 Sekunden Google Maps gekostet haben. Stolze 20 Euro. In Zukunft also lieber durch die Stadt irren. Dass so eine Abzockerei im digitalen Zeitalter überhaupt legal sein kann…
Zu guter letzt bestelle ich mir das Tagesmenü. Das Einzige was ich davon enträtseln kann sind Pommes. Dachte mir wenn es Pommes als Beilage hat, kanns nicht so verkehrt sein 😀 Es war ein interessant zubereiteter Fisch. Anhand des Namens auf der Karte und des Wissens, dass es Fisch ist, tippe ich mal auf Barsch.
Nur um nochmal zu unterstreichen wie fertig ich bin (oder war, habe direkt 2 Stunden gepennt), beim Umfüllen der Getränke in kleinere Flaschen, musste ich kurz alles abstellen und mich hinsetzen 😀 Warum umfüllen? In die Seitentaschen am Rucksack passen 1 Liter Flaschen perfekt rein, aber die günstigsten Zuckerwassergetränke gibts nur in 1,5 Liter Flaschen.
In Summe bin ich froh doch schon in Moudon Halt gemacht zu haben. Denn es herrscht grad das Mörderunwetter des Todes. Und so schaffe ich es morgen auch ganz gechillt bis Lausanne. Nur hoffentlich wird das mit der Allergie morgen besser. Ich war schon ziemlich am Boden heute.
So, jetzt muss ich mir mal ein paar Floskeln auf Französisch raussuchen, damit ich bei den englischfaulen Schweizern auch durchkomme 😀