Jakobsweg Tag 57: Der Camino gibt dir was du brauchst

Rolle – Nyon (ca. 16 Kilometer)

Für heute steht eine kurze Etappe an, da ich ja gestern schon „vorgearbeitet“ habe. Deshalb erlaube ich es mir etwas länger zu schlafen und ausgiebig zu frühstücken. Im Gegensatz zu sonst habe ich einen Mordshunger. Trotzdem gehe ich nach dem auschecken noch zu einem Supermarkt. Ich habe große Lust auf was Süßes und entscheide mich für eine Flasche Eistee.

Von meinen beiden Mitpilgern habe ich bis jetzt nichts gehört und weil ich nicht weiß ob wir uns nochmal sehen, reserviere ich mir sicherheitshalber eine Unterkunft in Nyon. Dank eines Rabattcodes bekomme ich ein Hotel direkt an der Promenade zum Spottpreis.

Gerade als ich aus Rolle raugehe, kommt mir der ominöse beyrische Pilger entgegen, dem ich schon in Romont begegnet bin. Er ist mit seinem Camper wieder ans Tagesziel gefahren und geht jetzt zurück zum abgestellten Fahrrad. Ich bitte ihn nach zwei Pilgern mit Hund ausschau zu halten und ihnen auszurichten, dass ich schon vorgegangen bin. Meine einzige Möglichkeit mit den beiden Kontakt aufzunehmen. Das erinnert mich an eine Aussage von Elisabeth gestern: Der Camino gibt dir was du brauchst.

Nach etwa 5 Kilometern wirds mal Zeit für eine Pause. Nicht allzuweit entfernt sehe ich eine Kirche und hoffe auf ein gemütliches Bankerl. Und was für ein gemütliches Bankerl dort steht! Ich hole mir den Pilgerstempel und machs mir auf meinem sonnigen Platzerl bequem während ich Eistee schlürfe. Ein herrlicher Tag. Und da kommen auch schon Elisabeth und Marc (natürlich mit Hündin Amelie) angetrabt. Meine Nachricht hat sie erreicht. Witzig, dass das tatsächlich funktioniert hat 😀 Wir machen gemeinsam Pause und gehen dann weiter.

Marc hat schon Hunger, aber zum Glück ist es nicht weit bis Gland. Dort suchen wir uns ein gemütliches Lokal und machen Mittagspause. Während Marc einen Burger verschlingt, bleiben Elisabeth und ich bei einem Bier. Der Weg führt heute hauptsächlich über Asphalt, was die knallige Sonne noch verstärkt. Aber wie gesagt, ist ja nicht so weit heute.

Wir gehen zügig weiter und die Zeit vergeht wie im Flug. Ganz interessant war unser Gespräch über die Unterschiede der Schweiz zu Österreich. Nicht nur sprachlich, sondern auch politisch. So kommen wir relativ unbeschwert in Nyon an. Die Hitze hat uns allen sehr zu schaffen gemacht und wir wollen schnell in die Unterkunft um uns zu erholen. Also verabschieden wir uns und verabreden uns zum Abendessen.

Mein Hotel liegt wirklich genau an der Promenade. Beim einchecken wird mir an der Rezeption gesagt, dass ich zwar ein Einzelzimmer gebucht habe, die aber alle belegt sind und ich deshalb auf ein „Superior Doppelzimmer“ geupgraded werde. Zum gleichen Preis! Da habe ich natürlich nichts dagegen und staune nicht schlecht über die Aussicht meines Zimmers.

An so einen Blick aus dem Fenster könnte man sich gewöhnen

Nach der Dusche und dem Wäsche waschen (und natürlich ein wenig Erholung) mache ich mir mit Elisabeth und Marc einen Treffpunkt aus. Mittlerweile habe ich auch deren Nummer 😉 Zuerst wollen wir uns bei der Kirche den Pilgerstempel holen, aber der wurde offenbar gemopst. Jetzt aber schnell was Essen, mir knurrt schon der Magen. Wir haben alle Lust auf Pizza, also suchen wir uns einen netten Italiener. Bei gemütlicher Atmosphäre schlagen wir uns den Wanst voll und wir versuchen Marc die Wiener Mundart etwas näher zu bringen. Dabei haben wir viel Spaß 😀 Langsam neigt sich ein entspannter Tag dem Ende zu. Heute fühlte ich mich rundum wohl und finde es fast schade, dass ich bald schlafen gehen muss 🙂 Aber was muss, das muss und ich muss morgen früh raus für eine lange Etappe, die ich definitiv nicht in der glühenden Nachmittagssonne gehen will 🙂

In diesem Sinne: Gute Nacht