Jakobsweg Tag 68: In den Tropen

Poisy – Le Mont Sion (mit Bus)

Le Mont Sion – Frangy (ca. 23 Kilometer)

Aufstehen hat halbwegs gut geklappt. Bin leider 15 Minuten nach meiner geplanten Zeit aus dem Hotel gekommen, war dafür aber 15 Minuten zu früh bei der Busstation. Natürlich habe ich mich etwas gestresst und deshalb waren die (nicht in die Tageskilometer eingerechneten) 4,3 Kilometer gleich sehr kräftezehrend.

In Le Mont Sion angekommen, treffe ich direkt drei andere Pilger. Allerdings möchte ich mich nicht anschließen, denn ich brauche zum Wiedereinstieg ins Pilgerleben unbedingt mein eigenes Tempo. Sofort am Beginn der heutigen Etappe sehe ich, was die Unwetter der letzten Wochen angerichtet haben. Der Boden kann kein Wasser mehr aufnehmen und die Wege sind alle komplett überflutet. Obwohl es gerade nicht regnet, werde ich den ganzen Tag Bachbett-artige Wege überwinden müssen. Hier ein paar Fotos zur Veranschaulichung.

Dementsprechend eingesaut bin ich natürlich, aber mein allererster Tag am Jakobsweg hat mich ja ausreichend darauf vorbereitet 😀

Weil man aber die ganze Zeit mehr oder weniger mitten im Bach gehen musste, war der heutige Tag wirklich extrem anstrengend. Für mich eine der fordernsten Etappen bis jetzt.

Überall war Wasser und die Hitze hat einen ordentlichen Dampf erzeugt. Es war total windstill, was den Saunaeffekt noch verstärkt hat. Heute bin ich dem pensionären Herzinfarkt mindestens 10 Jahre näher gekommen 😀

Leider konnte ich mich deshalb kaum an der Landschaft erfreuen. Schattenplatz zum rasten habe ich auch keinen gefunden, und so bin ich nahe dem Delirium vor mich hingetrabt. In Chaumont hätte es eine Herberge gegeben, und obwohl ich mir geschworen habe in keine Herbergen mehr einzuziehen, war ich wirklich kurz davor hier schon Schluss zu machen. Mein Ziel war aber das etwa 3 Kilometer entfernte Frangy, wo es einen Campingplatz gibt. Und weil mir mein Papa ein schlechtes Gewissen gemacht hat (und ich auch Lust auf zelten hatte), ließ ich es auf die 3 Kilometer auch nicht mehr ankommen. Es waren harte 3 Kilometer. Mein Leben ist mir schon vor den Augen vorbeigezogen, so hinüber war ich.

In Frangy habe ich mich erstmal in die Kirche gesetzt… endlich Schatten! Eigentlich wollte ich auch gern was essen, aber alle Lokale sperren erst am Abend wieder auf. Deshalb wurde es nur ein Cola und ein Bier in einem Cafe.

Langsam kündigt sich das tägliche Unwetter an und so mache ich mich auf den Weg zum Campingplatz. Alles zu. Ein Dauercamper hilft mir und sagt mir wo ich den Chef finde. 20 Euro für eine Nacht sind gesalzen. Nochdazu wo die Sanitäranlagen nicht zu verwenden sind. Überall hängen Spinnen von der Decke. Offenbar duscht hier nie wer. Also lege ich mich eingedreckt ins erfolgreich aufgebaut Zelt. Irgendwie habe ich es geschafft eine Schlaufe für die Heringe zu öffnen und musste mir selbst was knoten. Hat aber geklappt. Zu meiner Verwunderung 😀

Das neue Zelt ist schön groß, aber man merkt doch recht deutlich was weggelassen wurde um Gewicht zu sparen. Also ob da bei einem heftigen Sturm im Zelt drin alles trocken bleibt… da bin ich mir nicht so sicher. Und natürlich hat 5 Minuten nachdem das Zelt gestanden ist der erste Vogel draufgekackt. Naja, wenns regnet, dann ists eh gleich wieder unten 🙂 Ah, jetzt donnerts grad. Wird eh Zeit, die Sonne hat das Zelt aufgeheizt und das tropische Klima des Tages hier drin aufrecht erhalten.

So, glaube jetzt werd ich einen vorzeitigen Schnarcher machen, hab nur 3 Stunden Schlaf bekommen heute Nacht und gepaart mit dem ultra anstrengenden Tag bin ich dezent hinüber. Mal schaun obs Spaß macht im neuen Zelt, hätte in den nächsten Tagen noch ein paar Zeltplätze am Weg. Andererseits wären ein Klo und eine Dusche schon nicht schlecht…