Jakobsweg Tag 76: Das Schnorren ist des Philipps Lust

Revel-Tourdan – Clonas sur Varèze (ca. 26 Kilometer)

Auch wenn das Zimmer wirklich gemütlich war, wollte der erholsame Schlaf nicht so richtig durchkommen. Vielleicht hat mich auch das anhaltende Unwetter immer aufgeweckt. Irgendwas hat jedenfalls nicht gepasst. Bevor ich mich auf den Weg mache, bedanke ich mich nochmal bei Yvan für die außerordentliche Gastfreundschaft. Mein Aufenthalt hier wird mir sicher in Erinnerung bleiben.

Als ich los gehe, hängen die dunklen Wolken noch tief. Wenigstens regnet es nicht mehr. Leider stehen aber alle Wege und Straßen unter Wasser, was das Vorankommen teilweise sehr schwierig macht. Nach einigen Kilometern steht plötzlich eine riesige überdachte Sitzgelegenheit mitten im Wald. Das nutze ich gleich mal um zu frühstücken. Gerade als ich wieder weiter will, marschiert mir Martin entgegen. Da muss ich meine Pause natürlich verlängern 🙂 Er berichtet von einem Fluss, der eine Brücke geflutet hat und kaum zu überqueren war. Da bin ich wirklich froh, dass mir dieses Stück erspart geblieben ist!

Martin ist so nett und reduziert sein Tempo, damit wir gemeinsam weitergehen können. Die Lacken mitten am Weg nehmen stellenweise schon die größe von Teichen ein. Als ich dann mal abrutsche und meine Schuhe nun endgültig durchnässt und eingeschlammt sind, habe ich es aufgegeben irgendwie trocken bleiben zu wollen. Martin tut mir mit seinen notmalen Straßenschuhen etwas leid. Er hat kaum Profiltiefe und wird selbst bei der kleinsten Pfütze schon nass.

Wir kommen durch einen größeren Ort und suchen was zu essen. Aber wieder mal gibt es hier einfach absolut nichts. Nach einiger Recherche im Internet, finden wir heraus, dass eine Trafik im Ort ein Mittagsmenü anbietet. Na da müssen wir unbedingt hin! Die Mahlzeit ist bereits in vollem Gange, aber wir bekommen trotzdem noch einen Tisch und lassen es uns schmecken.

Beim Verlassen des Lokals unterhalten wir uns noch mit zwei Australiern, welche ich bereits vor meinem Krankenstand getroffen habe. Offenbar habe ich sie angesteckt, denn auch sie waren eine Woche ans Bett gefesselt. Tut mir leid.

Jetzt ist es nicht mehr weit zum Tagesziel und die Unterkunftsuche beginnt. Für mich war relativ schnell klar, dass ich wieder campen werden, aber Martin hat doch Probleme was zu finden. Es gibt in jedem Ort immer nur eine oder zwei Privatunterkünfte mit maximal zwei Zimmern. Das reicht bei der Anzahl an Pilgern einfach absolut nicht. Nachdem wir alles in der Nähe abtelefoniert hatten und überall Absagen bekommen haben, versucht Martin sein Glück in einem Hotel kurz vor Clonas. Er wird am zugehörigen Campingplatz fündig, wo auch Hütten vermietet werden.

Ich gehe die letzten Kilometer allein und freue mich über die ersten Sonnenstrahlen des Tages. Bis jetzt war es stark bewölkt, windig und etwas frisch. Den Campingplatz finde ich recht schnell und schlage mein Zelt in einer Parzelle auf. Diesmal weit weg von jeglichem Gesträuch, vielleicht dämmt das ja die Schneckenplage etwas ein.

Mir ist nach Gesellschaft und so plaudere ich einfach alles an, was deutsch spricht. Leider gibt es hier nichts zu essen und weil kein Supermarkt am Weg war, sind auch meine Vorräte fast aufgebraucht. Ein älteres Ehepaar bietet mir aber ein Bier an. Sind auch Kalorien 😀 Meine Parzellennachbarn sprechen ebenfalls Deutsch und sind auch auf der Suche nach essbarem. Weil sie aber mit dem Rad unterwegs sind, fährt einer von ihnen noch zu einem etwas entfernten Supermarkt und ich darf eine Bestellung aufgeben. Im Prinzip brauch ich nicht viel und will nur bisschen was für morgen. Als er wieder zurück kommt, drückt er mir einfach die Sachen in die Hand und sagt: Meine Unterstützung für einen fleißigen Pilger. Wow, ich bin überwältigt. Wirklich eine nette Geste!

Jetzt sitze ich im Zelt, quasi auf dem Boden, weil die Matte ja noch immer Luft verliert. Ich werde mir nach Le Puy eine neue Matte schicken lassen, dieser Zustand ist kein Zustand! Hoffentlich wirds in der Nacht etwas luftig, die Geruchsbelästigung meiner Socken, die quasi seit einer Woche durchgehend feucht sind, ist enorm 😀

Weiß nicht ob ichs schon erzählt habe, aber meine Fersen sind komplett offen. Habe zwar alles mit Pflaster zugeklebt, tut aber trotzdem weh 🙁 Kann auch an den permanent nassen Schuhen bzw. Socken liegen. Hoffentlich hört dieser elendige Regen bald auf.

Mhhh, da grillt wer. Ob ich nochmal schnorren gehen soll? Nein, jetzt ist mal gut, habe ja schon ein paar leckere Sachen bekommen 🙂 In diesem Sinne… Mahlzeit und gute Nacht!