Te Araroa Trail 14: Der Whanganui River

Personen in diesem Eintrag (meine Kanugruppe):

Martin und Monika aus der Schweiz, Elad aus Israel, Elko aus den Niederlanden, Jason aus Australien. Wurden zwar alle schonmal erwähnt, aber zwecks der Übersichtlichkeit 🙂

Tag 42: National Park Village – Irgendwo am halben Weg nach Whakahoro

Laut Wettervorhersage soll heute der furchtbarste Tag überhaupt werden. Auf der ganzen Welt. Mindestens. Schneefall bis 1000 Meter (man bedenke, dass fast Sommer ist), Sturm, schwere Gewitter… also so ziemlich alles. Aber am Abend soll es dann nur noch leicht regnen. Mein heutiges Tagesziel ist ein Kriegsdenkmal etwa 27 Kilometer entfernt. Laut Karte gibt es dort auch ein Klo und Hörensagen zufolge sogar einen Wasserhahn. Ob man dort zelten kann weiß ich nicht, aber ich denke mir mal, dass es bei einem Denkmal ziemlich sicher flach sein wird.

In der Nacht hatte es Minusgrade. Und weil die Neuseeländer, wie schonmal in einem anderen Eintrag erwähnt, offensichtlich keine Ahnung davon haben wie man Häuser dämmt, war es im Zimmer nur unerheblich wärmer. Mit langer Unterhose, Hose, kurzem Shirt, langem Shirt, Weste, Leintuch, Decke und Überdecke war mir im Bett aber zum Glück wohlig warm. Da der Regen ja wie gesagt erst am Abend nachlassen soll, steht der Wecker auf 9. Immerhin kann ich ausschlafen. Die digitalen Vöglein zwitschern und ich ziehe den Vorhang zur Seite. Strahlender Sonnenschein? Also auf die Wettervorhersage in Neuseeland ist ja wirklich kein Verlass. Aber das ist nichts Neues 😀 Am ganzen Himmel ist kein Wölkchen zu sehen, also packe ich eilig meine Sachen. Vielleicht schaffe ich es ja sogar vor dem Regen zum Denkmal!?

Es geht fast durchgehend leicht bergab, was ein flottes Vorankommen ermöglicht. Bis auf ganz leicht matschige 6 Kilometer verläuft die Tagesetappe auf gut begehbarer Schotterstraße.

Es grünt so grün

Nach und nach sammeln sich die Wolken und langsam aber sicher ist klar, dass der Regen nicht mehr lange auf sich warten lässt. Ich lege etwas an Tempo zu und verzichte, bis auf wenige „Landschaftsgenießaugenblicke“, gänzlich auf Pausen. Zum ersten Mal sehe ich auch eine der für Neuseeland typischen riesigen Schaffarmen. Tausende weiße Punkte um Grün 🙂

Wow. 27,8 Kilometer in 5 Stunden und 20 Minuten. Denke das ist mein neuer Geschwindigkeitsrekord. Die ganze Gruppe hat sich hier bereits versammelt, allerdings wollen nur Martin und Monika hier übernachten, die Jungs gehen weiter, denn sie rechnen damit, dass das für heute angesagte schlechte Wetter morgen abgeht und möchten deshalb so viele Kilometer wie nur möglich machen.

Neben dem Klo gibt es eine große flache Stelle im Gras, dort stellen wir drei unsere Zelte auf. Das ist zwar wirklich direkt an der örtlichen Hauptverkehrsstraße, der Verkehr hält sich aber zum Glück in Grenzen. Martin und Monika haben ein bisschen Angst, dass man uns verscheuchen wird. Dafür sind Neuseeländer aber vermutlich viel zu freundlich und tolerant.

Gerade als ich mein Mittag-/Abendessen mache, von mir Linner genannt (Lunch und Dinner), beginnt es zu regnen. Phu, Glück gehabt, solange das Zelt steht ist alles gut 😀 Wir verziehen uns in unsere tragbaren Heime und nach ein bisschen Netflix (derzeit gebe ich mir die zweite Staffel von Daredevil) fallen mir auch schon die Äuglein zu.

 

Tag 43: Irgendwo am halben Weg nach Whakahoro – Whakahoro

Um halb 8 krieche ich (bereits fast fertig gepackt) aus dem Zelt und muss feststellen, dass ich bereits alleine bin. Irgendwie sind alle anderen Hiker Frühaufsteher, während ich permanent der Letzte bin 😀 Wegen des Regens hat es mir kondenswasserbedingt wieder die ganze Zeit ins Gesicht getropft. Äußerst nervtötend, habe aber noch keine Problemlösung dafür gefunden.

Über diese Etappe lässt sich nicht viel sagen. Immer wieder gibt es kurze Regenschauer, der gesamte Weg verläuft entlang einer Straße zwischen Farmland ohne spektakuläre Aussichten. Ein paar ausgebüchste Kühe und Schafe, welche auf der Straße herumgestanden sind waren das Highlight der Wanderung.

Ich erreiche Whakahoro und bin ein bisschen erstaunt darüber, dass der ganze „Ort“ im Prinzip aus Touristenunterkünften besteht. Wie sich übrigens später herausstellen sollte gehört der gesamte Grund des Ortes und alles Land an dem ich heute entlang gegangen bin einem einzigen Farmer. Dem wird sicher sicht langweilig 😀

Unsere ganze Gruppe hat Schlafplätze in der DOC Hütte des Ortes reserviert. Meine erste Nacht in einer der Hütten! Ein klein wenig bin ich schon aufgeregt 🙂 Ich betrete die Hütte und bin positiv überrascht. Sehr groß, verhältnismäßig sauber und sogar beheizt! Wobei zum Thema Sauberkeit zu sagen ist… mittlerweile bin ich da sehr abgehärtet. Spinnweben in den Ecken, ein gatschiger Boden und Vogelkot auf den Matratzen geht da schon als sauber durch 😀 Fünf Plätze sind bereits belegt, wodurch ich davon ausgehe, dass alle anderen schon da sind. Nur wo?

Auf der anderen Straßenseite gibt es ein Café und da sitzen sie alle und wärmen sich auf. Ich geselle mich dazu und ordere hausgemachte Quiche, was auch gleichzeitig mein Abendessen darstellt. Ein Touristenbus voller Chinesen trifft ein. Unser Zeichen um uns in die Hütte zu verziehen. Dort nutzen wir jeden freien Zentimeter um unsere Zelte zu trocknen. An der frischen Luft ginge es natürlich schneller, aber mittlerweile schüttet es wie aus Kübeln. Unabgesprochen wird es ein inoffizieller Netflixabend. Was mich persönlich nicht wirklich stört, denn den Unterhaltungen der drei Burschen kann ich nichts abgewinnen. Der 45 jährige Elko ist der Gruppenkasperl und schiebt wirklich ununterbrochen dämliche Bemerkungen, was mir extrem auf den Geist geht. Als Beispiel…: Maori sprechen die Buchstabenkombination „Wh“ als „F“. Es liest sich also Whakahoro, spricht sich aber Fakahoro. Elkos Kommentar: Fakahoro… I would like to fuck a whore too. … … Und so geht das halt wirklich die ganze Zeit. Müsste ich einen Kurzen trinken für jedes Mal wenn das Wort „Fuck“, „Penis“ oder „Ass“ fällt, wäre ich nach 5 Minuten sturzbetrunken.

Aber wie gesagt, alle am Netflix schauen, da war wenigstens Ruhe 😀

 

Tag 44: Whakahoro – John Coull Campsite

Mitten in der Nacht weckt mich etwas auf. Elko packt seine sieben Sachen und zieht samt Matratze in den Vorraum der Hütte. Ich schnarche ihm zu viel 😀 Natürlich tuts mir leid, aber ich kanns halt mal nicht ändern.

Wieder mal früh morgen sind alle putzmunter. Wie machen die das nur? Dabei haben wir doch so viel Zeit. Die Kanus werden ohnehin erst gegen 10 Uhr geliefert. Aber so bleibt Zeit für ein ausgiebiges Frühstück. Der Kanumann komm zum Glück schon ein bisschen früher. Er bring neben den Kanus auch das ganze Zeug, das wir vor einer knappen Woche dort gelassen haben. Oh jaaaaa, lauter leckere Sachen drin! Hauptsächlich schwere Lebensmittel, die man normalerweise nicht mitschleppen will. Nutella, Obst und Gemüse, Bier und sowas in dir Richtung. Nachdem wir auch unsere Ausrüstung in Fässern verstaut haben, wird uns gezeigt wie wir die Fässer sicher am Kanu vertauen. Denn im Fall des Falles, dass wir umkippen und schwimmen gehen, wollen wir ja nichts verlieren. Leider kann ich euch deshalb auch nicht mit Fotos vom Kanutrip beglücken, denn das Handy ist in 2 wasserdichten Beuteln fest im Fass verstaut.

Man ist immer zu zweit im Kanu. Dementsprechend teilt sich natürlich das schweizer Paar ein Boot und die Jungs haben ausgeschnappst, dass Elad mit mir im Kanu ist. Nach einer kurzen Proberunde (bei der wir gleich mal einen Stein mit voller Breitseite mitnehmen 😀 ) gehts dann auch schon los. 5 Tage, 150 Kilometer.

Weil ich absolut keine Ahnung vom Kanuieren habe, sitze ich vorne und muss quasi nur drauf los paddeln, während Elad hinten den Kapitän gibt. Er hat einiges an Erfahrung und steuert uns ziemlich solide durch den Fluß. Die eigentliche Herausforderung sind die Stromschnellen. Im Prinzip ist es ganz einfach. mit dem Kanu gerade reinfahren und immer der Strömung folgen. Leider gab es aber letztes Jahr eine der größten Fluten, die der Fluß jemals gesehen hat, wodurch nach wie vor vielen Bäume herumliegen. In der Regel kann man diese aber bereits am veränderten Strömungsverlauf erkennen.

Nach ein paar Stromschnellen haben wir uns gut eingewöhnt. Elad gibt mir Anweisungen, welche ich versuche so gut es geht zu befolgen 🙂

Unsere 3 Kanus fahren meist in Sichtweite, wobei Martin und Monika als sehr erfahrene Kanu- und Kajakfahrer in der Regel vorne sind und die beiden anderen Kanus dichter beeinder mit wenig Abstand folgen.

Eine Stromschnelle sieht etwas gröber aus und noch während mich Elad instruiert was wir gleich machen müssen, hören wir Elko und Jason aufschreien. Und Plumps, da sind sie auch schon im Wasser. Elad und ich kommen gut durch und eilen den beiden sofort zu Hilfe. Durch die Strömung ist es unmöglich mit dem Kanu ans Ufer zu schwimmen, zudem gibt es kaum Landungsmöglichkeiten. Elad schnappt sich das Tau des Bootes und ich paddle mit aller Kraft zum Ufer. Zu viert kippen wir das Boot, um das Wasser auszuleeren. Den beiden ist furchtbar kalt (weil der Fluß entsprechend kalt ist) und es weht auch ein kühler Wind. Ganz abgesehen davon, dass es natürlich regnet, was aber im ohnehin durchnässten Zustand vermutlich keine Rolle spielt 😀 Wir bieten ihnen trockene Sachen an, aber wegen des Regens würde das wohl nicht viel bringen, weshalb sie ablehnen. Jason hat zudem seine Jacke und Kappe nur lose im Kanu liegen lassen, die jetzt futsch sind. Wie sich aber später herausstellen wird, haben die Schweizer die Jacke aufgefangen und im Laufe des Tages hat Jason die Kappe im Wasser treiben sehen und rausgefischt 😀 Diese Stromschnelle, bei der die beiden gekentert sind, wird übrigens 50/50 genannt 😀

Der restliche Tag verläuft ereignislos. Wir kommen gut voran und pünktlich bei Erreichen des Campingplatzes hört es auf zu regnen. Zwar gibt es eine Hütte, allerdings ist sie fast voll (eine französische Reisegruppe) und würde außerdem 20 Dollar mehr kosten. Also schlagen die Burschen und ich unsere Zelte auf, die Schweizer hatten bereits im Vorraus einen Platz in der Hütte gebucht.

Es ist schon spät und so wird nach dem ersten umsortieren unserer Fässer nur kurz bei ein paar Bierchen geplaudert ehe wir in die Heia hüpfen.

 

Tag 45: John Coull Campsite – Bridge to Nowhere Campsite

Die Gruppe will wieder früh los, also füge ich mich (fast) ohne zu murren 😀 Die Fässer wieder zu den Kanus zu schleppen ist nicht ganz so lustig. Wegen den Hochwassern sind die Campingplätze alle sehr hoch gelegen und durch den Regen sind alle Wege ziemlich rutschig. Dazu sind wir alle natürlich in irgendwelchen Schlapfen unterwegs, weil die Schuhe während des Paddelns ja sonst nur unnötig nass werden.

Ansonsten verläuft der Tag ausgesprochen ereignislos. Keine schweren Stromschnellen, aber trotzdem eine solide Strömung, die uns gut vorantreibt. Ich plaudere viel mit Elad und informiere mich umfangreich über Israel. Das Wetter ist ausnahmsweise wirklich herrlich und so paddeln wir tratschend gemütlich vor uns her.

Nach etwa zwei Dritteln der Strecke erreichen wir die Bridge to Nowhere. Hier ist Name Programm. Denn zu der Brücke führen keine Straßen und sie ist ausschließlich per Boot zu erreichen. Man hat sie gebaut weil das Land hinter der Brücke hätte erschlossen werden sollen, aber man hat dann festgestellt, dass sich der Grund zur Bebauung gar nicht eignet. Somit war dann zwar die Brücke da, aber kein Land, das genutzt wurde. Und jetzt ist es eine Touristenattraktion 😀 Ursprünglich wollten wir die Brücke besichtigen, aber die 6 Kilometer Umweg waren es uns dann doch nicht wert. Lieber sind wir etwas früher an der Campsite. Trotzdem machen wir am Landeplatz Mittagspause, auch wenn es etwas umständlich ist, weil man direkt vom Boot einen Fels raufklettern muss. Der flache Landeplatz ist nämlich für die Motorboote reserviert, welche die Tagestouristen rankarren.

Apropos Motorboote. Jedes einzelne Motorboot bremst das Kanu komplett aus. Man muss stoppen und sich zu den Wellen drehen um nicht zu kentern. Und selbst Minuten nachdem das Motorboot vorbei ist schwappt der ganze Fluß noch hin und her.

In aller Ruhe kommen wir relativ früh an der Campsite an und stellen fest, dass wir ganz alleine sind. Der Grund dafür ist eine andere Campsite am gegenüberliegenden Ufer. Dort lebt ein Maori Stamm in seiner ursprünglichen Form und wird von den meisten durchorganisierten Kayaktouren gebucht. Weil wir aber keinen Bock auf Massentourismus hatten (und dort außerdem Alkoholverbot herrscht) haben wir uns für eben unseren Campingplatz entschieden. Der wirklich ausgesprochen umfangreich ist. Es gibt sogar eine heiße Dusche. Wobei hier mit dem heiß dezent übertrieben wird. Es gibt nur einen On/Off Schalter und das Wasser kommt wirklich brennheiß raus, was es unmöglich macht zu duschen.

Daher wollte ich eine Runde im Fluß schwimmen. Mal abgesehen davon, dass der wirklich arschkalt ist, realisiert man da erst wie stark die Strömung eigentlich ist. Also belasse ich es bei einer gemütlichen Plantscherei und genieße lieber die herrliche Aussicht in der Sonne.

Das Paddeln ist unglaublich kräftezehrend und mir tut jetzt schon alles weh. Das schreit nach einer ordentlichen Stärkung! Nach einem ganzen Kilo Risotto und drei Bier bin ich bettfertig 😀 Trotzdem komme ich nicht umhin etwas ganz besonderes zu naschen. Der Besitzer der Campsite ist nämlich auch Imker und hat uns zwei Waben zum Löffeln dagelassen!

Noch frischer geht nicht

Jetzt aber ab in die Heia. Morgen haben wir einen sehr langen Tag vor uns. Wir wollen 50 Kilometer schaffen und müssen dementsprechend früh raus.

 

Tag 46: Bridge to Nowhere Campsite – The Flying Fox Campsite

Der zeitige Start wird von Aufräumarbeiten verzögert. Während ich schon so meine Possumerfahrungen gemacht habe, schienen es nicht alle für notwendig gehalten zu haben Lebensmittel und Abfall zu verstauen, wodurch jetzt der Mist am ganzen Campingplatz verteilt liegt 😀 Fässer sind verstaut und weiter gehts. 

Schon früh setzt wieder Regen ein. Aber dadurch wird der Fluß schneller und es geht zügig voran. Mit nur wenig Anstrengung legen wir locker 7 Kilometer pro Stunde zurück. Heute gibt es auch mehr Stromschnellen als gestern, was für einen zusätzlichen Geschwindigkeitsschub sorgt. Bei einer Stromschnelle passiert es dann… Wir laufen auf einen Ast auf, das Kanu dreht sich und kippt. Glücklicherweise waren wir durch den strömenden Regen ohnehin schon komplett durchnässt und der kühle Wind hat für tiefe Temperaturen gesorgt. Dadurch ist es eigentlich überhaupt nicht schlimm, weil der Nässe- und Kälteschock komplett ausbleibt. Außerdem ist der Fluß an dieser Stelle nicht sehr tief und wir werden direkt an ein nahes Ufer gespühlt. Gemeinsam drehen wir das Kanu um, Elad schöpft den Rest aus und schon sitzen wir wieder im Boot. Das ging so schnell, dass der Rest der Gruppe gar nichts davon mitbekommen hat 😀 Die sind sogar gar nicht weit von der Stelle am Ufer gesessen und haben gerade gefuttert. Da gesellen wir uns natürlich dazu und essen auch einen Happen.

Nur wenig später paddeln wir auf eine Stromschnelle zu, die äußerst ungemütlich aussieht. Sehr eng und abfallend. Die Schweizer sind nur wenig vor uns und ich sehe sie am Rand sitzen. Kein gutes Zeichen 😀 Elad und ich kommen gut in die Stromschnelle rein, eine Welle erwischt uns frontal, das Kanu taucht tief unter Wasser, kommt aber wieder raus. Ich habe den ganzen Schwall inhaliert und ringe erst mal nach Luft. Direkt darauf eine zweite Welle… wir haben aber schon zu viel Wasser im Boot und leichte Schlagseite. Blubb, da sind wir untergegangen. Die Strömung an dieser Stelle ist so stark, dass wir ihr komplett ausgeliefert sind. Ich kann überhaupt nicht beeinflussen in welche Richtung es mich treibt. Mit einer Hand ans Kanu geklammert, mit der anderen halte ich das Paddel fest. Hinter uns hört man Rufe der Verzweiflung. Auch Elko und Jason sind gekentert. Wir werden alle gemeinsam an ein Riff getrieben und hanteln uns dann langsam an das Ufer wo die Schweizer gerade Wasser aus ihrem Kanu schöpfen. Sie sagen es war zwar komplett unter Wasser, ist aber glücklicherweise nicht gekentert. Es dauert eine Zeit bis wir wieder fit sind, aber zumindest sind alle Sachen noch da und auch die Fässer noch fest in Position.

Jetzt paddeln wir etwas schneller, damit uns warm wird 😀 Trotz des doppelten Missgeschickes sind Elad und ich gut drauf und diskutieren über Filme und Serien. Da sehen wir plötzlich die Schweizer wie sie ihr Boot an einer Stromschnelle vorbeitragen. Moooooment. Wenn die, die Ahnung und Erfahrung haben, eine Stromschnelle umgehen, dann kann das nichts gutes bedeuten. Aber auf der anderen Seite sind wir bereits an einer Stelle, an der es angeblich keine argen Stromschnellen mehr gibt. Gemütlich sieht die eine vor uns aber nicht wirklich aus 😀 Elko und Jason schmeißen sich rein. Ihr Boot wird zwar hin und her geworfen, aber sie haben es durchgeschafft. Wir entscheiden daher uns auch in das Abenteuer zu stürzen. Schlechte Entscheidung 😀 Sofort reisst uns die Strömung ans Ufer, wo viele tief hängende Bäume stehen. Mit peitschen Äste ins Gesicht, dann sehe ich Baumstämme im Wasser vor uns, es folgt ein Schlag auf den Hinterkopf und es wird schwarz.

Ich finde mich am Ufer kauernd, das Kanu festhaltend, wieder. Als mich eine Welle aus dem Gefährt geworfen hat bin ich rücklings auf einen Baumstamm geknallt. Nach wenigen Sekunden bin ich wieder voll da und bespreche mit Elad die Lage. Das Boot hat sich um 180 Grad gedreht und wir befinden uns nach wie vor mitten in der Stromschnelle. Es zu drehen hat daher keinen Sinn, denn die Kräfte sind so stark, dass es unmöglich wäre das Kanu festzuhalten sobald es in der Strömung ist. Langsam und vorsichtig geleiten wir das Kanu am Ufer entlang, bis wir den schlimmsten Teil der Stromschnelle hinter uns haben und wir uns wieder ins Boot wagen können. Ich glaub ab jetzt bin ich fertig mit Kanufahren 😀

Trotz alldem immer noch gut gelaunt erreichen wir endlich den Flying Fox. Für 50 Kilometer und 3 Unfälle waren wir wirklich flott unterwegs. 9 Stunden haben wir insgesamt gebraucht. Der Flying Fox ist wirklich eine Oase. Es gibt einen Kochbereich, eine heiße Freiluftdusche (diesmal aber normal heiß 😀 ) einen kleinen Shop und sogar kostenloses Wifi. Mitten im Nichts 😀 Leider ist nur wirklich absolut alles angeschissen von den ganzen Viechern, die hier frei rumlaufen.

Pünktlich zum Zelt aufstellen hat es sogar aufgehört zu regnen. Die Gruppe ist in guter Laune und es fließt eine Menge Alkohol. Da kommen dann nach kurzer Zeit schon wieder die überlustigen Sprüche der Burschen, was mir relativ schnell zu viel wird, also verkrieche ich mich schon früh in den Schlafsack. Ausnahmsweise dufte ich mal. Habe mir nämlich endlich eine Abwehr gegen die Sandflies besorgt. Meine Beine sind dermaßen voll mit Bissen, dass sogar die Bisse schon Bisse haben. Bei der Abwehr handelt es sich um ein Öl. Obs wirklich was bringt? Ich bin mir nicht sicher. Zwar saßen danach noch immer Sandflies auf mir rum, aber soweit ich das sagen kann hat mich keine mehr gebissen.

 

Tag 47: Flying Fox Campsite – Hipango Park

Kondenswasser tropft mir ins Gesicht. Weil es aber heute auch regnen soll (wer hätte das gedacht) und ich vermutlich keine Chance habe das Zelt zu trocknen, versuche ich so gut es geht mit meinem Handtuch die Innenseite des Zeltes trocken zu wischen. Außen kanns ja nass sein so viel es will. Wieder Fässer runterschleppen und alles fest verzurren.

Heute paddle ich mit Jason. Elad hat anscheinend genug von den gemeinsamen Badesessions 😀 Die Stromschnellen sind deutlich zahmer, aber wir kommen trotzdem gut voran. Jason ist der erste Australier mit dem ich mehr Zeit verbringe, also frage ich ihn natürlich über alles aus. Umgekehrt natürlich auch und ich darf ein bisschen über die Heimat plaudern. So vergeht die Zeit wirklich rasend schnell und aus irgendeinem Grund sind wir nach nur ein paar Stunden fast am Ziel. Wo wir genau hin müssen wissen wir allerdings nicht. Der Betreiber des Kanuverleihs hat uns zwar den Namen des Parks genannt, er ist aber auf keiner Karte verzeichnet. Wir wissen aber auf welchem Kilometermarker die Anlegestelle ist, also halten wir die Augen offen.

Es taucht vor uns ein komplett verfallener Holzverbau auf, zu dem kein Weg zu führen scheint. Ob es das ist? Vielleicht ist der Zugang einfach nur von der Flut letzten Jahres stark beschädigt. Weil wir die ersten sind (und ich vorne sitze), hüpfe ich raus und checke die Lage. Gerade als ich umdrehen will sehe ich ein Schild. Ich gehe weiter und weiter und weiter und… tatsächlich. Nach mehreren hundert Metern taucht der Campingplatz des Parks auf. Oh Gott. Wir müssen heute alles aus dem Kanu hochschleppen, da hier öfters gestohlen wird. Na das kann ja was werden 😀 Ich gehe zurück und sage dem Rest der Gruppe bescheid, welche mittlerweile auch eingetroffen ist. Gerade als wir das letzte Fass auf den Hügel geschleppt haben beginnt es zu schütten. Glücklicherweise gibt es einen wirklich großen Unterstand, sodass wir uns schön ausbreiten können. Als es kurz zu normalem Regen wechselt, nutzen Jason und ich die Gelegenheit um schnell das Zelt aufzustellen. Die anderen vier wollen im Unterstand übernachten.

Morgen ist unser letzter Tag und wir checken nochmal unsere ganze Ausrüstung durch. Der Drybag mit unseren Rucksäcken drin steht komplett unter Wasser. Fuuuuuuuck. Bei dem feuchten Wetter werden die nie trocken. Naja, aufhängen tun wir sie trotzdem.

Schon nach kurzer Zeit wird Elko langweilig und er beginnt das Messer durch die Gegend zu werfen. Danke, das wars mal wieder für mich. Da die anderen das offenbar lustig finden und das Ganze auf Wanderstock-Speerwerfen ausweiten, will ich niemandem die Laune verderben und bin heute schon um halb sechs im Schlafsack. Bereits nach wenigen Minuten befinde ich mich im Tiefschlaf. Das Kanufahren fordert extrem.

 

Tag 48: Hiponga Park – Wanganui

Kondenswasser tropft mir ins Gesicht. Oh Mann. Definitiv keine Gute Idee mit einem Einwandzelt durch Neuseeland zu wandern. Andererseits besteht mein Zelt aus Cuban Fiber, das sich im Gegensatz zum herkömmlichen Nylon nicht ansaugt. Somit ist zumindest der Boden des Zeltes immer trocken. Und es wiegt nichtmal 600 Gramm. Hat halt alles Vor- und Nachteile.

Also das Fässerschleppen wird mir definitiv nicht abgehen. Genauso wie das Kanufahren. War ja wirklich schön, aber drei Tage hätten auch gereicht.

Als wir zur Anlegestelle kommen, wird sofort klar warum wir gestern so schnell waren. Wir befinden uns bereits im von den Gezeiten beeinflussten Teil des Flusses und wir wurden von der Ebbe rausgetragen. Die Kanus sind jetzt drei Meter weiter unten. zum Glück sind unsere Täue mehrere Meter lang, wodurch zumindest keines der Kanus in der Luft hängt 😀 Ein letztes Mal alles verzurren und dann gehen wir die letzten 20 Kilometer an. Leider müssen wir gegen die Flut paddeln, aber wir sind extra früh aufgestanden, damit wir so spät als möglich in die Flut reinkommen.

Was soll ich sagen. Für die letzten 5 Kilometer haben wir trotz der totalen Paddelaction 2 Stunden gebraucht. Aussteigen und schieben wäre wohl schneller gegangen 😀

An einem Holidaypark, der mit dem Kanuverleih zusammenarbeitet, legen wir final an und räumen endlich wieder alles in die Rucksäcke um. Ach, was bin ich erleichtert 😀 Die Sucherei in den Fässern war echt mühsam, im Rucksack weiß man immer genau wo was ist. Apropos Rucksack. Der ist natürlich noch immer total durchnässt. Also schnappe ich mir einen der Müllsäcke, mit denen die Fässer ausgekleidet waren, und nutze ihn sozusagen als riesigen Drybag um mein ganzes Zeug trocken zu halten. Mein Rücken wird halt trotzdem nass, aber ich war ja eh schon seit einer Woche nicht mehr trocken, da kommts darauf auch nicht mehr an 😀

Die Burschen werden von Elads Schwester abgeholt, die hier wohnt, die Schweizer bleiben im Holidaypark, ich gehe noch 6 Kilometer bis in die Stadt, wo ich mir eine Unterkunft für 2 Nächte gebucht habe. Mir tut mein Kreuz von der einseitigen Belastung so unglaublich weh, dass ich kaum gehen kann. Da nehme ich sicherheitshalber einen Ruhetag. Außerdem muss ich noch für die nächsten Tage planen und ein paar Sachen besorgen. Wir verabschieden uns daher alle und ich bin echt froh die 3 Jungs los zu sein. Wobei ohne Elko waren Elad und Jason schon in Ordnung. Aber mit ihm ists zugegangen wie unter Teenagern.

Ich marschiere mit vollbepacktem Rucksack und in jeder Hand ein Sackerl mit dem Essen, das mir übrig geblieben ist durch die Stadt. Aaaaaaaah ein richtiges Bett! Allerdings kann ich mich kaum hinlegen, so große Kreuzschmerzen hab ich 🙁 Trotzdem versuche ich erst mal sauber zu werden. Wäsche waschen, mich waschen, alle nassen Sachen aufhängen (der Schlafsack trieft richtig, ist beinahe auf Fausgröße zusammengeschrumpft 😀 ) und das Zelt trocknen. Das hat im Zimmer keinen Platz. Gerade als ich es draussen aufhängen will fängts natürlich wieder zu regnen an. Boah, wie mir dieser ewige Regen echt schon auf die Nüsse geht… Also doch irgendwie im Zimmer ausbreiten. So viel kann ich gar nicht lüften wies hier grad müffelt 😀

Ich mache mich dann gleich an die Planung der Tararua Range, eine Gebirgskette kurz vor Wellington, welche bei guten Wetter extrem geil und bei schlechtem Wetter ziemlich beschissen ist. Wetterbericht für die nächsten zwei Wochen: Schwere Regenfälle, Gewitter, Sturm, noch mehr Regen, wieder Gewitter usw. … Meine einzige Hoffnung: Die Wettervorhersagen stimmen oft nicht wirklich. Wenn man die Zähne zusammenbeisst, dann kann man den schwierigsten Teil der Tararuas in 2 Tagen schaffen. Also 2 Tage gutes Wetter, mehr verlang ich ja gar nicht. Die angegebene Gehzeit beträgt übrigens 3-7 Tage. Warum so einen großen Spielraum? Bei Sturm sind die Gebirgskämme unpassierbar und bei Regen die Flüsse. Und da es eigentlich fast jeden Tag entweder regnet oder stürmt, kann man schonmal festsitzen. Aaaaaaaaber: In den Tararuas beginnt das Hüttensystem des DOC. Die sind zwar nicht beheizt, aber mit dem Hüttenpass (den ich ja schon habe) kostenlos nutzbar und man hat zumindest ein Dach über dem Kopf! Werden ja sehen wies wird, brauch ja eh noch fast eine Woche dorthin 🙂

 

Tag 49: Wanganui

Warum es übrigens der WHanganui River ist, aber die Stadt selbst ohne H geschrieben wird, bleibt vermutlich ein Rätsel. Muss mich da mal schlau machen.

Leider konnte ich nur drei Stunden schlafen, bin wegen den Kreuzschmerzen immer wieder aufgewacht. Also gehe ich gleich in der Früh einkaufen. Neue Socken (die alten neuen haben ja nicht gerade lange gehalten) und ich brauche unbedingt einen neuen Futterbeutel. Mein alter hat schon lauter Risse und weil es in fast allen Hütten Mäuse gibt, muss man sein Essen immer aufhängen, damit die Biester nicht alles anknabbern. Also nehme ich gleich einen aus solidem Material, der zwar schwerer ist, ich den Beutel aber ohne Angst, dass etwas reisst, mit dem Klippverschluss aufhängen kann.

Sonst habe ich nicht viel gemacht. Festgestellt, dass ich nach wie vor so viel Essen übrig hab, dass es vermutlich nicht in meinen Rucksack passt 😀 Und viele Stunden damit verbracht diesen Eintrag hier zu schreiben. Am Handy zu tippen ist nicht so lustig, wenn man eine ganze Woche nachholen muss 😀

Während ich den Eintrag schreibe fährt übrigens grad ein Haus vor meinem Fenster vorbei. Ja, richtig gelesen, ein Haus fährt vorbei…

Bis auf morgen bin ich in den nächsten Tagen immer in Städten und werde euch daher höchstwahrscheinlich mit unspektakulären täglichen Einträgen beglücken 😀

 

Übrigens: Wir hatten die Mörderspinne des Todes im Kanu. Die hatte mindestens Hundegröße. Während ich versuche sie mit dem Paddel rauszubekommen, kommt Jason an: „What are you doing?“, nimmt sie in die Hand und hebt sie aus dem Boot…. Australier halt…

 

Edit: Habe gerade gelesen, dass wegen anhaltenden Schlechtwetters für zumindest 10 Tage allen Hikern geraten wird die Tararuas nicht zu betreten und stattdessen direkt nach Wellington zu hitchen. Die Liste der Dinge, die ich wegen Schlechtwetter nachholen muss scheint länger und länger zu werden. Aber ich muss ehrlich sagen, dass ich mich mittlerweile sehr mit der Idee angefreundet habe nach dem Trail einen Van zu mieten und die ganzen coolen Sachen bei gutem Wetter zu machen. Leider sind diese Vans halt arschteuer. Hmmmm… Ich könnte auch probieren alles zu hitchen. Ach, ich plane schon wieder zu viel. Weniger denken, mehr machen 😉