Te Araroa Trail 15: Wenns nicht langweilig wird

Tag 50: Wanganui

Ja, ich bin noch immer in Wanganui. Als ich in der Früh meine Sachen gepackt habe und den Rucksack schulterte, gabs mir gleich wieder einen Stich im Kreuz. So wird das nix. Also gleich zur Rezeption gehechtet (mit einer Hand am Rücken und mit der anderen langsam an Geländer entlangarbeitend) und für eine Nacht verlängert. Abgesehen davon habe ich mich kaum bewegt. So gut es ging habe ich versucht die Rückenmuskulatur zu dehnen und zwischen den Powernaps habe ich geschlafen 😉

 

Tag 51: Wanganui – Koitiata

Der Rucksack steht (mehr oder weniger) von gestern noch fertig gepackt herum. Ok, klappt ganz gut. Wesentlich besser als gestern. Aber er ist unglaublich schwer. Die ganzen überschüssigen Lebensmittel von der Kanufahrt habe ich irgendwie reingestopft. Und gepaart mit dem ganzen anderen Zeug, das ich eigentlich nicht brauche, aber zu schade zum wegschmeißen ist, schleppe ich unnötige 4 Kilo mit. Hört sich vielleicht nicht viel an, aber ja… jedes Kilo spürt man massiv!

Bis zum Fuße der Tararuas ist es fast ausschließlich Roadwalk. Ist zwar nicht sonderlich berauschend, gerade auf stark befahrenen Straßen, aber doch um einiges besser als durch Schlamm zu waten (oder wieder Kanu fahren haha 😀 ). Sobald ich aus der Stadt raus bin, geht es direkt auf den State Highway 4. Welcher einer der Hauptzubringer für Wellington ist. Ist also quasi so als würde man auf der A2 zu Fuß nach Wien gehen. Die meiste Zeit gibt es aber zum Glück zumindest einen Grünstreifen auf dem man halbwegs gut gehen kann. Das war im Prinzip der Tag zusammengefasst. Wenn da nicht so einige fast schon herzerwärmende Momente dazwischen gewesen wären!

Als erstes war da John. Ein Auto hält neben mir und ein Mann, der sich als John vorstellt, steigt aus und drückt mir ein Cola in die Hand. Damit nicht genug. Er kennt den Streckenverlauf des Trails sehr gut und lädt mich zu sich und seiner Familie nach Hause ein, sobald ich seinen Wohnort erreiche (was in 2 Tagen sein wird). Na das ist aber nett!

Dann komme ich bei einem Rosengarten vorbei. Mitten im Nichts. Sehr interessant 😀 Aber es gibt einen Tisch mit Bänken, also perfekt für eine Pause. Während ich grad am Boden herumkugle um ein paar Schnappschüsse der Rosen zu machen, werde ich von hinten angesprochen. Vier Pensionistinnen machen einen Tagesausflug und halten im Rosengarten ein kleines Teekränzchen, zudem ich eingeladen werde. Man füttert mich mit Sandwiches, Kuchen, Keksen und natürlich auch Tee.

Nach einer gefühlten Ewigkeit auf einem wirklich sehr schmalen Grünstreifen, der ganz sanft bergauf ging und mir alles abverlangt hat (na das kann in den Tararuas ja was werden 😀 ) komme ich bei einem Antique Store vorbei, der auch ein kleines Café drin hat. Bei Ginger Beer und Kuchen genieße ich die nette Atmosphäre des Ladens. Shona, die Besitzerin, meint aber, dass ich mich nicht nur von Zucker ernähren kann und macht mir einen frischen Salat aufs Haus 😀 Ich mache ein paar Fotos von den Kuriositäten und streichle die Schweine im Hinterhof.

Die Frau fürs Leben?

Zwei Schweindal auf einem Foto 😀

Auf den letzten Kilometern zum Camp fallen mir zwei seltsame Dinge auf. Zum einen fahren unglaublich viele Autos in meine Richtung. Was ich etwas seltsam finde, denn laut Karte endet die Straße in den Campingplatz. Die werden doch wohl nicht alle zelten? Zum anderen hat sich da jemand tatsächlich eine Burg gebaut! Das passiert, wenn ihr eure Kinder nicht im Sandkasten spielen lässt!

Als ich den Campingplatz erreiche staune ich nicht schlecht als ich in einem gar nicht so kleinen Ort stehe. Das erklärt auch die vielen Autos 😀 Laut Karte stehen da nur drei Häuser. Damit habe ich nicht gerechnet. Ich treffe Kiri und Mark, ein älteres neuseeländisches Ehepaar, die auch am Trail unterwegs sind. Es aber wirklich seeeeeehr gemütlich angehen 😀 Woran aber ja nichts verkehrt ist.

Laut einem Kommentar in der Guthooks App ist das zelten für TA Hiker hier kostenlos. Weil das aber nur ein Minicampingplatz ohne Rezeption ist, habe ich niemanden, den ich fragen kann. Auf solchen Campingplätzen ist üblicherweise der Preis ausgeschrieben und das Geld wirft man dann mit einem Kuvert in die dafür vorgesehene Box. Aber irgendwann taucht dann doch eine Aufsicht auf und ich frage vorsichtig nach. Tatsächlich gratis!

Gerade als ich mit dem Abendessen fertig bin und es Kiri und Mark gleichmachen will und mich ins Zelt verziehen, hören ich wen auf deutsch palavern. Ein junges deutsches Pärchen tourt durch Neuseeland und in meiner überhaupt nicht aufdringlichen Art schaffe ich es wieder mal ein Bier zu schnorren 😀

Geschnorrte Bier Counter: 8

Ich muss ehrlich zugeben, dass das ein wirklich herrlicher Tag war. So viele tolle Erlebnisse und das Wetter hat auch mitgespielt. Es war bewölkt und warm. Mein Lieblingswetter 🙂 Dieser Tag hat mich richtig aufgebaut und mir wieder Lust auf mehr gemacht. Vermutlich ist es einfach nur meine gute Laune, die all das anzieht. Bitte mehr davon 🙂

 

Tag 52: Koitiata – Bulls

Weil die ganze Nacht durch eine leichte Brise geweht hat, wache ich in einem komplett trockenen Zelt auf! Kein einziger Tropfen Kondenswasser! Man freut sich halt auch über die kleinen Dinge 😀

Kiri und Mark sind bereits weg als ich aus dem Zelt krieche. Heute will ich mir einen gemütlichen Tag machen und frühstücke erstmal Nutellawraps. Ich weiß nicht wann genau, aber ich starte auf jeden Fall ziemlich spät. Der Trail verläuft direkt am Campingplatz entlang und ich bin somit direkt am Weg. Die asphaltierte Straße endet und geht in eine endlos lange Schlammpfütze über. Hmmm. Ich glaube trockene Schuhe sind mir lieber und entschließe mich deshalb direkt am Strand entlang zu gehen. Also drehe ich um und suche nach dem Zugang. Da kommt mir ein anderer Hiker entgegen und wundert sich, dass ich in die falsche Richtung gehe. Ich teile ihm mit, dass der Weg komplett unter Wasser steht und es vermutlich besser ist direkt auf den Strand zu wechseln (wo der Weg ohnehin hinführen würde). Er hingegen meint, dass man am Strand sowieso noch einen Fluß queren muss und somit um die nassen Schuhe nicht herum kommt, weshalb er am offiziellen Weg bleibt. Ich möchte es zumindest versuchen trocken zu bleiben 😀

Unmengen von Treibholz liegen im schwarzen Sand. Die Szenerie ist wirklich umwerfend und ich bin froh den kleinen Umweg gegangen zu sein.

Wieder mal steigt mir der allgegenwärtige Geruch der Verwesung in die Nase. Und wie immer suche ich nach der Quelle. Bin halt neugierig und schaue mir gerne das leblose Getier an. Klingt das makaber, wenn ich finde, dass der Tod etwas ästhetisches hat? Ich staune nicht schlecht als ich finde was da so vor sich hin stinkt.

Dieses Pferd lehrt mich: Nicht den Kopf verlieren!

Ich gehe quasi frontal auf die Tararua Range zu, die in einer tiefen Wolkensuppe hängt. Hier unten ist das Wetter eigentlich obtimal. Es ist warm aber nicht heiß und die Luft ist sehr angenehm, weniger feucht als sonst. Apropos feucht. Ich komme zum Fluß, über den ich drüber muss und stelle fest… der ist zu breit und zu tief um da trocken rüber zu kommen 😀 ABER… es liegt ja massiv viel Treibholz rum. Langsam und vorsichtig tapse ich über Baumstämme und Äste.

Ein skeptischer Blick

Ab und zu knackst was im Gehölz, aber es ist nicht morsch genug um meinem Gewicht nachzugeben. HA! Trockene Schuhe!

Bald darauf gehts auch schon wieder runter vom Strand und der Roadwalk geht weiter. Mir wird ein Hitch angeboten, was ich aber dankend ablehne. Bin grad so schön im Flow 🙂

Trotzdem mache ich viele Pausen. Ich fühle mich leicht angeschlagen und nicht ganz so fit. Bei einer dieser Pausen fällt mir auf, dass ich am Oberschenkel Brandblasen habe. Die 20 Minuten Sonnenschein am Whanganui River scheinens in sich gehabt zu haben 😀 Ein weiteres Mal wird mir ein Hitch angeboten, was ich wieder ablehne.

Langsam bin ich ziemlich k.O., verstehe aber nicht wovon. Der Tag war bis jetzt weder lang noch anstrengend. Gut, mein Rucksack ist gerade ziemlich schwer, aber dass das so viel Unterschied macht? Ein drittes Mal wird mir ein Hitch angeboten. Ok, die letzten 5 Kilometer nach Bulls lass ich mich halt chauffieren. Mich hat diese Situation an etwas ganz bestimmtes erinnert… an den Olli! Und zwar konkret an den gefühlt einzigen Witz, den der Olli kennt und ich mir jedes Jahr mehrmals anhören musste 😀 Wie er ganz genau geht weiß ich nicht mehr, aber ich probiers mal: Die Polizei klopft an die Tür eines Mannes: „Es wird schwere Unwetter geben und wir rechnen mit einer Überflutung. Sie sollten ihr Haus verlassen.“ Darauf der Mann: „Danke, aber ich warte auf Gottes Hilfe.“ Wenig später ist die erste Auswirkung der Flut bereits zu spüren und die Straßen stehen schon unter Wasser. Da klopft die Rettung an die Tür: „Wir haben gesehen, dass Sie noch zu Hause sind. Wir können Sie mitnehmen und in Sicherheit bringen.“ Der Mann erwider abermals: „Danke, aber ich warte auf Gottes Hilfe.“ Es regnet und regnet und mittlerweile ist das Haus beinahe komplett überflutet. Der Mann steht bereits auf dem Dach, als er einen Hubschrauber der Feuerwehr hört. „Wir kommen um sie zu evakuieren!“. Der Mann bleibt stur: „Danke, aber ich warte auf Gottes Hilfe.“ Es kommt wie es kommen muss und der Mann wird von den Fluten in den Tod gerissen. Als gläubiger Christ kommt er in den Himmel und wird von Gott empfangen. Der Mann ist sichtlich empört: „Lieber Gott, ich warte und warte und warte. Aber statt mir zu helfen lässt du mich einfach absaufen!“ Gott bleibt ganz cool und sagt: „Ich habe dir die Polizei, die Rettung und die Feuerwehr geschickt. Was willst du denn noch?“

Jedenfalls habe ich mir bei der dritten Einladung für eine Mitfahrgelegenheit gedacht, dass das vielleicht ein Zeichen ist und es besser wäre mitzufahren. Auch wenn es nur 5 Kilometer sind, das war definitiv der mit Abstand seltsamste Hitch, den ich bisher hatte 😀 Eine junge Maori Frau berichtet mir, dass der Staat ihre Familie verfolgt, alle männlichen Mitglieder der Familie in Top Secret Aktionen heimlich umgebracht hat und alle Radiosignale um sie herum blockiert werden. Aber sie verstecke sich so gut, dass die Regierung sie niemals finden würde. Deshalb fährt sie auch ausschließlich Autos mit defekter Elektronik, damit man sie nicht orten kann. Aaaaaahja. Ich bin heilfroh als ich aus der Karre wieder raus bin 😀

Verhältnismäßig früh bin ich dementsprechend schon in Bulls und will mir daher noch ein Bierchen für den Campingplatz besorgen. Auf chillig halt 🙂 Da werde ich doch tatsächlich nach einem Ausweis gefragt. Waaaaaaas. Naja, ich nehms als Kompliment und räume meinen halben Rucksack aus auf der Suche nach dem Reisepass.

Definitiv einer der cooleren Campingplätze. Nette Grünflächen, blitzeblank sauber, kostenloses wifi (aber fast unbrauchbar langsam 😀 ) und kostenlose Duschen! Ich stelle mein Zelt neben zwei jungen Franzosen auf mit denen ich den ganzen Nachmittag und Abend lang tratsche. Und mir wieder erfolgreich ein Bier schnorre 😉

 

Tag 53: Bulls – Feilding

Der Tag beginnt, wie er gestern aufgehört hat. Mit den Franzosen. Wir frühstücken gemeinsam und ich drehe ihnen ein paar meiner Lebensmittel an. Fast ein halbes Kilo werde ich los, habe aber sicher noch immer Futter für 10 Tage mit…

Heute wirds mit ungefähr 24 Kilometer ein kürzerer Tag, aber ausschließlich auf Asphalt und auf viel befahrenen Straßen. Auf Dauer ziemlich nervtötend, aber das Wetter ist wieder gut und ich bin auch äußerst motiviert.

Alles in Allem eigentlich ein unspektakulärer Tag. Wäre da nicht John gewesen! Ihr erinnert euch an den Typen, der mir ein Cola und seine Visitenkarte gegeben hat? Ich habe ihm gestern geschrieben, dass ich bei ihm vorbeschaue. Er ist mir ein gutes Stück entgegen gekommen und hat mich irgendwo auf einer Landstraße aufgegabelt. John bringt mich zu seinem Haus, wo ich von seiner Frau Rhonda und zweien seiner vier Kinder empfangen werde. Als sich wenig später ein weiterer Hiker meldet, der zu John möchte, nehme ich dann das Angebot an bei ihm im Haus zu übernachten. Wird sicher ein lustiger Abend 🙂

John teilt mich für ein paar Arbeiten ein, die ich mit meinen zwei linken Händen erledige ohne dabei das Haus abzufackeln 😀 Wir holen den anderen Hiker ab, Adam, und quatschen das übliche Hikerzeug. John möchte nämlich in ein paar Jahren selbst den Te Araroa mache und durch den nahen Kontakt zu den Hikern erhofft er sich viel zu lernen.

Es stellt sich heraus, dass sie Besuch bekommen und heute gegrillt wird. Oha. Im Endeffekt ist das alles zu einer kleinen Hausparty ausgeartet, wo Adam und mir ein Bier nach dem anderen vor die Nase gestellt wird 😀 Nachdem alle Würstchen gegessen und alle Biere getrunken sind, falle ich ins Bett und säge einen ganzen Wald um.

Geschnorrte Bier Counter: 17

 

Tag 54: Feilding – Palmerston North

Uns wird sogar noch Frühstück gemacht! Ich weiß gar nicht wie ich John für alles danken soll. Er will nichts dafür, außer ein paar Geschichten, die ich gestern erzählt habe. Wir verabschieden uns alle. Adam geht zu Fuß weiter, ich nehme Johns Angebot an mir einen weiteren Tag Roadwalk zu ersparen und lasse mich nach Palmerston North bringen.

Jetzt stehe ich nur vor einem kleinen Problem. Von heute an (Sonntag) bis Donnerstag sind schwere Unwetter angesagt. Und bereits vor Kurzem mussten mehrere Hiker umdrehen weil die Flüsse unpassierbar waren und einer wurde sogar mit dem Hubschrauber geborgen, weils ihn einfach weggeschwappt hat. Ich entscheide mich auf Nummer sicher zu gehen und bleibe bis Donnerstag in Palmerston North. Der Plan ist, am letzten Unwettertag (Donnerstag) bis zum Burtons Track zu gehen, welcher den Beginn der Tararuas markiert, und am Freitag dann in die Tararuas reizugehen. Das werden ausgesprochen langweilige 4 Tage. Nochdazu wo gerade strahlender Sonnenschein herrscht, obwohl eigentlich die Welt untergehen sollte. Vermutlich bin ich zu übervorsichtig, aber wenn sogar die Einheimischen sagen, dass man bei so einem Wetter nicht in den Tararuas sein sollte, dann wird da schon was dran sein.

So. Ich widme mich einer neuen Runde Rucksack aussortieren. Da muss definitiv einiges an Gewicht raus. Ich würde so gerne meine lange Hose loswerden, auf der anderen Seite hat es über tausend Meter gerade Minusgrade (man beachte, dass jetzt offiziell schon Sommer ist) mit Schneefall. Aber lange Hose mit Gürtel sind auch wieder 400 Gramm. Ich kenn mich ja, im Endeffekt schleppe ich die Hose bis nach Bluff ohne sie einmal angezogen zu haben 😀

Jetzt bin ich aber wirklich dahin. Bussi baba.