Te Araroa Trail 16: Die Tararua Range

Tag 55 – 57: Palmerston North

Es hat viel geregnet und ich bin so viel auf der Couch rumgelegen, dass ich schon beinahe angefangen hätte zu schimmeln! Von Tür zu Tür zum Burgerking brauchte ich ganze 42 Sekunden, was meinen ernährungstechnischen Untergang bedeutet hat, aber immerhin auch einfach im Regen zu erreichen 😛

Tag 56: Palmerston North – Parkplatz im Wald

Heute soll der letzte Tag mit Regen sein. Also perfekt um zu starten. Der Weg raus aus Palmerston North ist ein bisschen verwirrend, so wie eigentlich immer in größeren Städten. Ansonsten verläuft der Tag ausgesprochen ereignislos. Abwechselnd auf Asphalt und Schotterstraße geht es auf und ab durch Farmland der Tararua Range entgegen. Wobei eigentlich eher am Fuße der Ranges entlang.

Der Schein trügt. Hinter mir türmen sich die Berge auf

Immer wieder einsetzende Regenschauer lassen das Regenjacken spiel beginnen. An/Aus/An/Aus/An… bis ich mich dann dazu entscheide nass zu werden und das Spiel nicht mehr mitzuspielen 😀 Ab da klart es dann auf und strahlender Sonnenschein ermöglicht mir einen tiefen Blick ins Land.

Bei einem Parkplatz mache ich dann nach guten 24 Kilometer meine erste Pause. Dort treffe ich Lee und Simon. Zwei ältere Herren, ich schon vor Auckland im Dome Forest kennengelernt habe. Sie werden von einem Campervan supported, was sie wesentlich flexibler macht, aber wie sich herausstellen wird nicht zwingend bedeutet, dass sie nicht fit genug sind 😀 Die beiden wollen die Nacht heute hier verbringen. Ehrlich gesagt habe ich eigentlich keine Lust weiter zu gehen und der Parkplatz ist wirklich sehr ansprechend. Eine große und ebene Grünfläche, ein Picknicktisch und ein brandneues Plumpsklo. Also entscheide ich mich auch hier zu bleiben.

Viel unterhalten wie uns nicht, denn es beginnt schon wieder zu regnen. Wir müssen noch unseren Wasservorrat auffüllen, können aber den Fluß, welcher direkt am Parkplatz vorbeiläuft, nicht verwenden. Dieser ist durch die Regenfälle zu einem reißenden Strom angeschwollen und es wäre viel zu gefährlich ans Flußbett zu gehen. Wenn man da reinfällt, kommt erst am Meer wieder raus 😀 Bei einem Waldbächlein in der Nähe können wie dann in Ruhe abschöpfen.

Weils, wie bereits erwähnt, wieder regnet, verziehen wir uns in unsere Zelte. Die beiden Herren lesen auf ihren Kindles, ich gebe mir eine Runde Netflix.

Tag 57: Parkplatz im Wald – Wiese bei einem Damm

Ich glaube ich muss mir für die Tagesabschnitte irgendwas überlegen. Von einem Platz im Nirgendwo zu einem anderen Platz im Nirgendwo… damit fängt keiner was an… wohl auch ich nicht, wenn ich die Einträge in ein paar Jahren nachlese 😀

Offenbar hat es in der Nacht nicht durchgeregnet, denn der reißende Strom von gestern hat sich in ein zahmes Bächlein verwandelt. Ein sanfter Wind hat für komplett trockene Zeltwände gesorgt. Absolut null Kondenswasser! Lee und Simon sind schon vor mir gestartet. Ich lasse mir viel Zeit, denn ich habe beachlossen aus den geplanten 2 Tagen bis zum Einstieg in die Tararua Range 3 Tage zu machen. Habe ja keinen Stress 🙂

Ein touristischer Waldweg bringt mich zu einem großen Forstgebiet. Es macht mich immer ein klein wenig traurig wenn ich riesige gerodete Flächen sehe. Klar, wir brauchen Holz, aber so einen Anblick kenne ich sonst nur von den Schockbildern in Greenpeace Kampagnien.

Ich bin jetzt übrigens am offiziellen Halbzeit-Punkt. 1500 Kilometer. WOOOOOHOOOOOO!

Nach einem kurzen steilen Aufstieg befinde ich mich beim Eingang zum Burtons Track. Der heißt so, weil ihn ein Mann, nämlich James Burtton, eigenhändig ausgeschlagen hat. Dieser werte Herr imponiert mir. Er hat von 1908 – 1941 alleine mitten im Wald gelebt. Sein Tod war genauso „badass“ wie sein Leben. Eine von ihm gebaute Hängebrücke ist eingebrochen als er sie überquerte. James Burtton fiel 8 Meter in die Tiefe und hat sich dabei zahlreiche Brüche zugezogen. Mehr kriechend als gehend hat er sich 12 Stunden lang zu seinen Nachbarn geschleppt… allerdings nicht ohne vorher den Hang aus dem Flußbett heraus zu seinem Haus zu erklimmen… um seine Hunde zu füttern! Jedenfalla heißt es in den Trailnotes, dass es zu Beginn leicht matschig, aber im allgemeinen nicht zu schlimm ist. Jaaaaaaaaaa…. gut, der Matsch ist nur ärgerlich, wenns bergab geht, die zahlreichen Flüße und Bäche durch die ich durchmuss waschen meine Schuhe ohnehin sauber. Aber der Trail ist stellenweise komplett zugewachsen. Und zwar so dicht, dass ich wirklich mühe habe den Wegverlauf zu finden. Und nochdazu mit allerhand stechendem Zeug. Also jetzt nichts, was einen ernsthaft verletzen würde, aber permanent reißt dir irgendein Gras mit Widerhaken die Haare von den Beinen, ein Nadelbusch verpasst dir ein Peeling oder mein Liebling… Bushlawyer… dieses Rankenartige gewächs hat die abartigsten Widerhaken, die es gibt. Wenn such das mal wo festkrallt, kann es schon paar Minuten dauern bis man sich befreit hat. Das Zeug ist so Sticky, dass es selbst auf der bloßen Haut kleben bleibt wenn man es auch nur berührt. In Australien versucht dich die Natur zu töten, in Neuseeland will sie dich ärgern!

Ich bin heilfroh als ich endlich den Track verlassen kann. Für die äußerst fordernden 22 Kilometer habe ich 11 Stunden gebraucht. Trotz dem Schlamm, den rutschigen Abstiegen durch den zugewucherten Wald, den Rivercrossings und den etlichen Höhenmetern hat es wirklich Spaß gemacht. 

Als ich beim Staudamm ankomme, wo es flache Grasflächen geben soll, sind Lee und Simon bereits dabei sich Abendessen zuzubereiten. Mir fällt auf, dass ich fast keine Snacks mehr habe. Ein Alptraum für jeden Hiker! Weil ich jetzt ja einen Tag länger bis zur Tararua Range brauche und mir auch vorgenommen habe in den Tararuas selbst etwas langsamer zu machen und einen Tag mehr Zeit einzuplanen, möchte ich morgen einen 11 Kilometer langen Umweg zur nahegelegenen Stadt Levin machen um nochmal einkaufen zu gehen. Lee und Simon werden von ihrem Campervan am morgigen Etappenziel abgeholt und bieten mir an mich nach Levin zu bringen, wenn ich es vor 14 Uhr zum Treffpunkt schaffe. Na das ist mal ein Angebot!

Beide haben übrigens das gleiche Zelt wie ich (ZPacks Duplex) und geben mir den Rat die Türen heute Nacht offen zu lassen. Wegen dem Stausee erwarten wir viel Kondenswasser. Erst will ich nicht darauf hören, aber als ich in der Nacht für kleine Philipps muss und merke, dass die Zeltwände schon klatschnass sind, probiere ich es mal aus 🙂

Tag 58: Wiese bei einem Damm – Levin

Wieder mal bin ich in der Früh der Letzte. Allerdings habe ich mir auch viel Zeit gelassen. Es sind nur 17 Kilometer bis zum Treffpunkt und der bevorstehende Track soll ziemlich einfach sein. Oooooh was für eine Fehlinformation!

Vom Makahika Track habe ich so gut wie nichts mitbekommen. Das war der schlammigste Weg, den ich bis jetzt hatte. Knietief stehe ich im Matsch und kämpfe mich mühsam bergauf. Solche Pfade erfordern viel Konzentratuon, wodurch man leider die Umwelt kaum wahr nimmt. Mit jedem Schritt den ich mache rutsche ich gefühlte zwei Schritte zurück. Zum Glück ist es bergab wesentlich besser und der Matsch ist nichtmal knöcheltief. Außerdem muss ich permanent durch irgendwelche Bäche und Flüsse durch, was mir wieder saubere Schuhe verschafft. Insgesamt musste ich 20-30 Mal durchs Wasser, so oft wie noch nie an einem Tag! Obwohl wieder anstrengend, war auch dieser Track ein Erlebnis.

Darfs ein bissal mehr sein?

Nur leider bin ich jetzt zu spät. Um 20 Minuten. Umso mehr bin ich überrascht, dass der Camper noch hier steht. Sie haben auf mich gewartet! Das ist echt nett. Erpart mir eine Menge Zeit. Zudem werde ich auch noch mit Eis und Tee gefüttert. 

Bei einer Tankstelle in Levin schmeißen sie mich raus und ich steuere wieder mal einen Burger King an… die 4 Tage Dauerfastfood in Palmerston North haben mir offenbar doch nicht gereicht 😀 Dann gleich zum Supermarkt um meinen Futterbeutel „aufzusnacken“. Jetzt stell sich die Frage ob ich heute noch zum Einstieg in die Tararuas zurück gehe, oder in Levin bleibe und morgen in der Früh versuche zu hitchen. Nasse Schuhe, erschöpft und schönes Chillwetter… da entscheide ich mich für zweiteres.

Am lokalen Campingplatz frage ich nach nach einer Kabine. 70 Dollar…. waaaaaas? So eine teure Kabine habe ich noch nie gesehen. Na dann lieber doch zelten für 18 Dollar. Dafür gibts kostenlose heiße Dusschen und ich bekomme sogar ein Handtuch! Ich treffe Bernd, einen Hiker aus Deutschland, der sich von seiner Gruppe trennen musste weil seine Schuhe den Geist aufgegeben haben und er deshalb vermutlich um die Tararuas herumgeht um 1) neue Schuhe zu besorgen und 2) die Gruppe nicht zu verlieren. Was mir persönlich etwas Sorgen macht… seine Gruppe besteht aus 10 Hikern… könnte eng werden in den Hütten 😀

Tag 59: Levin –  Te Matawai Hut

Der Tag beginnt früh und mit einem ausgiebigen Frühstück. Es wird anstrengend werden und ich möchte vieleicht bis zur zweiten Hütte kommen. Der Dracophyllum Hut. Schnell zusammengepackt und losmarschiert. Sobald ich das Stadtgebiet verlassen habe, versuche ich zu hitchen… nur leider fahren keine Autos in meine Richtung! Tja, das ging ja mal ordentlich in die Hose. Nicht nur, dass ich 2 Stunden verloren habe, es ist auch ziemlich heiß und als ich am Einstieg in die Tararuas stehe bin ich schon leicht erschöpft. Aber immerhin hatte ich die ganze Zeit am Weg die Berge bei strahlendem Sonnenschein vor mir.

Die Tararuas sind von einem dichten Wald mit einer niedrigen Baumgrenze (etwa 1000 Meter) überzogen. Direkt am Beginn dieses Waldes treffe ich zwei Jäger, denn die Tararua Range ist auch ein beliebtes Jagdgebiet. Vorsichtig frage ich ob es matschig ist, oder ob meine Schuhe trocken bleiben. Beide brechen in schallendes Gelächter aus. Hmmm, verdammt 😀

Der Te Araroa Trail folgt der Mainrange. Anfangs ist der Aufstieg noch ok, wenn auch für mich härter, denn ich bin heute nicht in Topform. Aber schon bald zieht es steil nach oben an. Sehr steil. Seeeeeeehr steil. Mit matschigen Stufen auf Brusthöhe ist jeder Höhenmeter eine Qual. Die ersten Mitglieder von Bernds Gruppe überholen mich und ich mache mir zunehmends Sorgen um meinen Schlafplatz.

Ich schwitze mir die Seele aus dem Leib und muss unzählige Pausen machen. Meine drei Liter Wasser habe ich auf halbem Weg bereits aufgebraucht und es gibt bis zur ersten Hütte keine Möglichkeit ihn wieder aufzufüllen. Es wird später und später. Meinen Plan die zweite Hütte zu erreichen habe ich schon lange verworfen und bin froh, wenn ich es überhaupt zur ersten schaffe. Langsam fühle ich mich dehydriert. Alle paar Meter muss ich mich hinsetzen, weil mir schwindlig wird und ich beginne zu zittern.

Nach dem harten und durchgehenden Aufstieg auf 1000 Meter (von Meereshöhe), folgt der Trail dem Bergkamm in einem ständigen auf und ab durch schlamm und äußerst dichten Wald. Viele umgestürzte Bäume versperren den Weg und ich muss mich durch das Unterholz (auf nach wie vor steilem und rutschigen Untergrund) kämpfen. Derzeit brauche ich eine Stunde für 600 Meter Distanz. Noch nie habe ich so einen anstrengenden Pfad erlebt. 

Als ich endlich andere Hiker ohne Rucksack herumsitzen sehe, kommen mir vor Erleichterung fast die Tränen. Sofort reicht mir jemand eine Flasche Wasser und schütte einen Liter auf ex runter. Dieser Jemand war übrigens TJ, der Kanadier, mit dem ich vor laaaaanger Zeit in einem Kajak gesessen bin! Außerden treffe ich auch Adam wieder, der Brite, mit dem ich bei Trail Angel John geschlafen habe.

Die Te Matawai Hütte ist…. naja… sagen wirs mal so… ein Dach über dem Kopf. Die Matratzen sind mit Schimmel überzogen, überall liegt Mäusekot herum und die Klotür macht man besser erst gar nicht auf. Aber sie ist sehr groß, so haben wenigstens alle Platz.

Weils schon sehr spät ist, ich war heute fast 13 Stunden unterwegs, kehrt kurz nach meiner Ankunft bereits Ruhe in der Hütte ein. Allerdings halte ich den Schimmelgeruch im Schlafraum nicht aus und übersiedle deshalb mit zwei anderen auf die Küchenbank.

Tag 60: Te Matawai Hut – Nichols Hut

Gar nicht mal so schlecht geschlafen! Wieder mal bin ich das Letzte, aber es geht einfach nicht früher, der gestrige Tag hat mich komplett gekillt.

Aus der Hütte raus geht es erst wieder durch Matsch bergauf, bis die Baumgrenze überschritten ist. Der Weg zieht sich durchgehend dem Bergkamm entlang und weit entfernt kann man den mit Wolken bedeckten Mount Crawford sehen, auf den ich auch noch rauf muss. Gestern habe ich kurz mit Adam gesprochen, er will eine alternative Route nehmen und heute noch den Gipfel erklimmen, während ich den Gipfelsturm auf morgen verschiebe. Habe ja keinen Stress.

Den Bergkamm entlang geht es weiter steil bergauf. Ich komme an den ersten Opfern des Berges vorbei. Eine Hikerin hat sich vermutlich den Knöchel verstaucht und dreht mit ihrer Schwester wieder um. Eine andere hat ein riesig angeschwollenes Knie und geht auch wieder zurück zur Hütte. 

Unter Anstrengung erreiche ich den heutigen Gipfel des Tages, wo ich mir eine lange Pause gönne. Nur weil das der höchste Punkt für heute ist, bedeutet das nicht, dass es einfacher wird. Permanentes, und nicht minder steiles, auf und ab prägt die Etappe bis zur Nichols Hut. 

Obwohl wir über der Baumgrenze sind, ist es nach wie vor schwer dem Pfad zu folgen. Kniehohes Snowgrass überdeckt den ausgetretenen Weg und macht das Vorankommen noch langsamer, da ich bei jedem Schritt erst den Boden inspizieren muss.

Damit ihr euch ungefähr vorstellen könnt, wie der Weg so aussieht, versuche ich das kurz zu beschreiben. Fast durchgehend sind natürliche Stufen zu besteigen, die meisten davon irgendwo zwischen Hüft- und Brusthöhe. Der erdige Boden ist mit rutschigem Matsch bedeckt und das Snowgrass überdeckt einfach alles. Man befindet sich auf den Bergkamm und auf beiden seiten geht es mit einem zeitweise Fingerbreiten Sicherheitsabstand fast senkrecht nach unten.

Und bei einer dieser Stufen kommt was kommen muss. Der Pfad macht eine 90 Grad Kurve. Ein Teil des Erdreichs ist bereits weggebrochen und ohne eine Möglichkeit sich irgendwo anzuhalten oder zwischenzusteigen muss man einen Schritt von etwa 160cm nach unten machen. Ich rutsche am Schneegras nach unten, will mich noch mit den Stöcken wo festhaken, aber weil da halt nichts ist landet der Stock im Leeren. Ich falle über den Weg drüber in den Abhang hinein. Nach etwa 2 Metern stoppt mich der einzige Busch weit und breit. Sofort zieht ein stechender Schmerz durch mein linkes Bein. Erster Gedanke: Das wars. Ich versuche mich aus dem Busch zu befreien, die sperrigen Äste haben aber alles durchbohrt und ich hänge im Gestrüpp fest. Erst ziehe ich meine Hand aus einem Ast (bzw. den Ast aus der Hand), dann versuche ich mit einer Hand mein Shirt zu befreien, damit ich mal vom Busch weg komme. Der Schmerz im Bein lässt nach, nur ein Krampf weils mir alles verdreht hat. Langsam kann ich aufstehen und bin auch schon wieder am Pfad. Ein Blick zum Busch zeigt mir wieviel Glück ich hatte. Dahinter wäre mindestens 80 Meter nichts gewesen, was meinen Fall gestoppt hätte.

Ein anderer Hiker, der bereits vor mir war, hat meinen Aufschrei gehört und sofort umgedreht um nach mir zu sehen. Er vergewissert sich eingehend, dass ich weitergehen kann, ehe er seinen Weg fortsetzt. Nach ein paar Minuten durchatmen gehe auch ich weiter. Erst eine knappe Stunde später realisiere ich was da eigentlich passiert ist und setze mich erstmal hin.

Zum Glück nur ein paar Kratzer. Das hätte auch anders ausgehen können! Obwohl die Hand mehr schmerzt, ist die Wunde am Bein deutlich tiefer. Das wird eine schöne Narbe werden, die mich für immer an dieses Abenteuer erinnern wird 🙂

Es geht weiter wie bisher bis zur Dracophyllum Hut. Eine wirklich kleine Hütte mit nur zwei Matratzen, wirkt aber sauber und macht einen gemütlichen Eindruck. Dort schaue ich mir meine Hand genauer an, die noch immer ziemlich weh tut. Ich sehe irgendwas dunkles, halte es aber erst für verkrusteted Blut. Sicherheitshalber stochere ich bisschen mit der Pinzette herum und ziehe eine mehrere Zentimeter langes Stück Holz aus der Hand. Tut gleich weniger weh 😀 Erst überlege ich bei dieser Hütte zu bleiben, aber ich will jetzt eigentlich doch nicht länger in den Tararuas bleiben als ich muss. Ist mir eine Spur zu extrem.

Bis jetzt hatte ich wirklich Glück mit dem Wetter. Zwar kommt ein stärkerer Wind auf, aber es hat sich auf jeden Fall ausgezahlt die Schlechtwetterfront in Palmerston North auszusitzen. 

Irgendwo am Bergkamm verliere ich den Pfad endgültig. Es ziehen Wolken auf und weil ich mich gerade auf einem Sattel befinde ist es ziemlich stürmisch. Ich irre hin und her und merke wie leichte Panik in mir hochsteigt. Nachdem ich mich kurz gesammelt habe, treffe ich den einzig logischen Entschluss. Zurück zum letzten Trailmarker. Achja, der Weg hat eine Kurve gemacht und ich gabs übersehen. Phu.

Obwohl ich komplett durchgeschwitzt bin, es schon sehr spät ist und ich bereits am Kraftlimit bin, muss ich mir eingestehen, dass der Wald einfach umwerfend schön ist. Sonnenstrahlen glitzern zwischen den mit Moos überzogenen Bäumen hindurch. Während des Marschierens muss man sich so sehr auf den Weg konzentrieren, dass man wirklich gar nichts von dem Rundherum mitbekommt. Echt schade.

Noch nie habe ich so ein großes Hochgefühl gehabt wenn ich mein Tagesziel erreiche. Endlich. Die Nichols Hut. als ich in den Sattel einsteige, bietet sich mir ein ubglaublicher Anblick, der sich leider nicht auf ein Foto bringen lässt. Vor mir türmt sich der Mount Crawford auf, welcher den Himmel zu teilen scheint. Rechts von ihm herrscht wolkenfreier, strahlender Sonnenschein, auf der linken Seite ist es durch Regenwolken stockdunkel.

Die Hütte selbst ist schwer in Ordnung. Es gibt zwar nur 6 Matratzen und wir sind zu acht, aber ein älteres Paar (habe sie nach Wanganui schon mal getroffen, sie heißt Kerry glaub ich, aber seinen Namen habe ich vergessen) teilt sich eine Matratze und ein anderer Hiker möchte draussen im Zelt schlafen. Also…. YES Matratze für mich 😀 Dieser Typ der draussen schläft ist übrigens ziemlich krass unterwegs. Würde ihn auf 65 schätzen und er macht doppelte Tagesetappen nur um die Hütten zu besichtigen. Sein Ziel ist es alle Hütten Neuseelands gesehen zu haben. Es gibt zwar unglaublich viele, aber er hat ja auch schon vor 40 Jahren damit angefangen 😀 Und er ist Triathlet. Na wenns sonst nichts ist 😛

In der Nacht muss ich mal wieder für kleine Philipps und staune nicht schlecht. Die Wolkendecke ist unter uns und bedeckt das gesamte Tal. Ich sehe nur die Gipfel in den Sternenhimmel herausragen. Ein Ausblick, den ich nie vergessen werde!

Tag 61: Nichols Hut – Waitewaewae Hut

Ich starte mal ausnahmsweise nicht als letzter 😀 Als ich aus der Hütte rauskomme kann ich wieder mal mein Glück nicht fassen. Seit zwei Tagen habe ich den Mount Crawford im Blickfeld und immer hing der Gipfel in den Wolken. Heute ist er zum ersten Mal wolkenfrei.

Es geht weiter den Bergkamm entlang und der Anblick des letzten Aufstieges in den Ranged gibt mir zusätzliche Kraft. Auch ist der Weg diesmal etwas besser, es gibt nur zwei ungesicherte ausgesetzte Passagen, abgesehen davon kann man den Pfad zum Gipfel ja schon fast wandern nennen. 

Die Aussicht ist umwerfend und ich möchte am liebsten gar nicht mehr weiter gehen.

Es stellt sich übrigens heraus, dass Kerry, die sich auch gerade am Gipfel befindet, Krankenschwester ist und so ziemlich alles mit hat, was man braucht um eine Notoperation durchzuführen. Weil meine Hand noch immer weh tut, versorgt sie die Wunde mal richtig. Vielen Dank!

Nun kommt der Part, vor dem ich mich schon gefürchtet hab, da war ich noch nichtmal in Neuseeland. Es geht 1000 Höhenmeter quasi senkrecht runter (auf 2800 Meter Distanz, wenn ich das richtig gesehen habe). Ich fasse diesen Abschnitt kurz zusammen: 2 Mal gestürzt, aber was sind schon paar Schrammen mehr 😀 Insgesamt habe ich mich in den Tararuas glaube ich 8 Mal hingelegt. Bergab liegt mir halt einfach nicht.

Ich treffe auf Kristen und Steven. Zwei Wanderer, die eine 5-Tages-Tour durch die Tararuas gemacht haben. Sie sehen wie zerschunden ich bin (von einem Sturz paar Minuten zuvor rinnt mir noch immer das Blut am Bein entlang) und sie bieten mir an morgen gemeinsam zum Parkplatz zu gehen und mich in die nächste Stadt zu bringen. Dadurch erspare ich mir einen Berg, der zwar nicht ganz so krass ist, aber mir tut aus offensichtlichen Gründen einfach absolut alles weh, also nehme ich dankend an. Dadurch kann ich zusätzlich den heute angedachten sehr langen und anstrengenden Tag in zwei gemütliche Tage aufteilen.

Und so komme ich sehr früh bei der Hütte an, welche ausgesprochen groß ist, und sichere mir die sauberste Matratze. Nach und nach wird es voller. Einige andere Hiker kommen an, die heute von der Te Matawai Hut bzw. der Dracophyllum Hut gestartet sind. Karasse Typen 😀 Wir haben einen wirklich netten Abend mit guten Unterhaltungen und ich bin echt erleichtert die steilen Abschnitte endlich hinter mir zu haben.

Tag 62: Waitewaewae Hut – Otaki

Der Track zum Parkplatz ist zwar nur 10 Kilometer lang, allerdings ziemlich anspruchsvoll. Der ursprüngliche Track ist nämlich an mehreren Stellen vor ein paar Jahren komplett weggebrochen und deshalb zu gefährlich. Die relativ neue Umleitung ist ein alter Jägerpfad und nicht sehr gut ausgetreten. Aaaaber es ist nicht allzu steil, wodurch es sogar Spaß macht die umgestürtzten Bäume zu umgehen, Wege in und aus dem Bachbett zu finden und sich und seinen Rucksack von den Ranken zu befreien.

Außerdem habe ich mit Kristen und Steven das erste Mal seit langer Zeit wieder mal Hikingpartner, was diesen Tag wie im Flug vergehen lässt. Auch wenn wir für die 10 Kilometer 8 Stunden brauchen.

Am Parkplatz angekommen fällt mir ein Stein vom Herz.  Ich bin wirklich erleichtert, dass es vorbei ist. Mir fällt es schon schwer mich zu bewegen weil einfach alles schmerzt. Neben dem Loch in der Hand und dem Schnitt am Bein, welche ihr am Foto gesehen habt, kann ich noch so allerlei anderes an meinem Körper finden. Schürfwunden: Linkes Knie, linker Ellbogen, rechter Unterarm, linker Handrücken. Schnittwunden: Rechter Unterschenkel, rechter Oberarm, linkes Schulterblatt. Beulen: Rechter Unterarm, linkes Schiebein. Prellungen: Linkes Handgelenkt, Becken über dem Steißbein.

Aber was ich so höre ist es vielen anderen Hikern auch nicht anders ergangen. Offenbar eine Begleiterscheinung der Tararua Range.

Kristen und Steven wollen noch in den Fluß springen um sich zu erfrischen. Erst bin ich von der Idee nicht sonderlich begeistert, aber nachdem ich seit 7 Tagen durchgehend schweißnasse Sachen anhabe, tut so ein kleines Bad sicher ganz gut. Und jaaaa, es ist so unglaublich erfrischend! Nach der Planscherei werde ich nach Otaki chauffiert. Das ist zwar nicht am Trail, ist mir in diesem Moment aber vollkommen egal. Vielen vielen Dank Kristen und Steven für diesem  tollen Tag!

Ich nehme mir ein Zimmer im einzigen Motel der Stadt und lege mal die Sachen zum trocknen in die Sonne. Das Hinlegen ins Bett war so ein richtiger Aaaaaaaaaaaaahhhhhhhhh Moment 😀

Tag 63: Otaki – Waikanae

Ich nehme mir einen vorgezogenen Ruhetag. Werde ich wohl von meinen Erholungstagen in Wellington abziehen, ist aber definitiv notwendig.

Also setze ich mich in der Früh in den Bus, fahre nach Waikanae, wo ich rausgekommen wäre, hätte ich den letzten Berg auch noch gemacht, und mache es mir auf der Couch in einem kleinen, aber gemütlichen, Motel bequem. Dankenswerterweise durfte ich bereits um 10 einchecken.

Ich verbringe fast den ganzen Tag damit den Blogeintrag nachzuschreiben. Es haben sich ja wirklich viele gemeldet, die sich Sorgen gemacht haben, das will ich natürlich nicht 🙂 Hatte aber halt lange keinen Empfang. 

Wie immer bei langen Blogeinträgen…. ich habe NICHT korrekturgelesen. Bitte verzeiht mir die Fehler, aber ihr wisst ja… Handytastatur und Minifenster zum Schreiben. Da kann schon Kauderwelsch rauskommen 😀

Halbzeit!