Te Araroa Trail 17: Wellington

Tag 64: Waikanae – Paekakariki

Nachdem ich mich gestern halbwegs gut erholen konnte und heute mit ca. 21 – 22 flachen Kilometern eine verhältnismäßig kurze Etappe vor mir habe, starte ich mit blendender Laune in den sonnigen Tag.

Ich verlasse die Stadt auf einem netten Spazierweg, der mich langsam zum Strand bringt, welchen ich den restlichen Tag folgen werde.

Am Strand genieße ich die Sonne und die Aussicht. Der schwarze Sand ist angenehm fest und es lässt sich super darauf gehen. Ich treffe auf eine ältere Hikerin, welche von einem Campervan unterstützt wird und nur die einfachen Etappen mit einem Tagesrucksack macht. Könnte meine Idee sein 😀

Als die Flut kurz vor ihrem Hoch steht, suche ich mir ein Restaurant und gönne mir ein astreines Mittagessen. Ein heißes Schwarzbrotsandwich und 2 Bier. Ich glaube das ist mein erster Restaurantbesuch seit…. Pahia? Das ist gut 1300 Kilometer her! Natürlich sofern man Mäci und Co nicht dazu zählt haha 😀 Nach knappen 2 Stunden, nachdem die Ebbe eingesetzt hat, gehe ich die letzten Kilometer zum Campingplatz. Erstmals kann ich die Südinsel sehen. Foto kann ich leider keins anbieten, sieht man leider kaum, denn die Südinsel ist grad in Wolken eingehüllt.

Auch wenn die Etappe kurz war, bin ich froh am Ziel angekommen zu sein. Mir tut noch immer alles weh und bei längerer Belastung fühle ich mich wie ein alter Mann.

Die Campsite selbst dürfte bei Familien äußerst beliebt sein, bis spät in die Nacht laufen ganze Kinderhorden schreiend hin und her.

Tag 65: Paekakariki – Porirua – Wellington

In der Nacht gab es in der Tararua Range, welche man vom Campingplatz aus sehen kann, ziemlich schwere Unwetter. Ich kann mich wirklich glücklich schätzen dort oben so gutes Wetter gehabt zu haben! Hier unten hat es hingegen nicht geregnet und bereits am Morgen herrsch strahlender Sonnenschein.

Als ich den Campingplatz verlasse treffe ich wieder mal Mark (mir ist der Name wieder eingefallen 😛 ) und Kerry, welche mich ja verarztet hat. Sie sieht sich meine Wunden nochmal an, die mittlerweile vollständig verkrustet sind und zu heilen beginnen, und beglückwünscht mich zu meiner zukünftigen Narbe am Unterschenkel, die mich für immer an diesen einen Tag erinnern wird 😀

Die erste Hälfte des Tages geht es einen Track am Hang einer Hügelkette entlang. Zwar hat der auch gut Höhenmeter, geht aber relativ flott voran, weil man sich nicht durch Matsch watend durchs Unterholz kämpfen muss. Der Ausblick ist echt umwerfend. Wirklich sehr schade, dass der TA nicht mehr solcher Tracks hat.

Am Ende des Tracks ist ein kleiner Shop an dem ich mich aufsnacke. Dort treffe ich auf Rick aus den USA. Er hält mich erst auch für einen Amerikaner. Das macht mich bisschen stolz, anscheinend ist mein österreichischer Akzent nicht mehr ganz so schlimm 😀 Wir gehen gemeinsam die zweite Hälfte der Etappe, welche ausschließlich über asphaltierte Gehwege führt, und plaudern über Gott und die Welt.

In Porirua angekommen, tun mir meine Knie dermaßen weh (Nachwirkungen der Tararua Range), dass ich beschließe die letzte Etappe nach Wellington auf Rädern zurückzulegen. Auch wenn es schade ist, dass ich nicht ins Ende der Nordinsel einlaufen kann, halte ich es doch für die bessere Entscheidung den angeschlagenen Knien die 1000 Höhenmeter der morgigen Tages nicht anzutun.

Ich quartiere mich leicht außerhalb des Stadtzentrums ein und stelle fest, dass ich offenbar in einem gehobeneren Viertel gelandet bin. Ein Flagshipstore neben dem anderen. Mich wunderts ein bisschen, dass das Hotel in so einer Gegend so günstig ist. Am Abend wird mir dann klar warum. Es hat absolut alles zu. Auch Bars und Restaurants. Sogar der Burger King ums Eck schließt regulär um 17:30 Uhr.

Tag 66 – 68: Ruhetage in Wellington

Wellington ist komplett anders als alle anderen Städte in Neuseeland, die ich bisher gesehen habe. Während sonst, vorallem in den ländlichen Gegenden, der Fokus ganz klar auf Freizeit liegt und die Menschen kaum Wert auf ihr Äußeres legen, sieht man hier hauptsächlich gestylte Businessleute. Um zu unterstreichen was ich mit „Fokus auf Freizeit“ meine: Wenn ich nach einer Woche Trail, mit fettigen Haaren, schwarzen Fingernägel, Matsch bis rauf zu den Knien und in meinen Schlapfen in den Supermarkt marschiere… falle ich unter den ortstypischen Kunden nichtmal auf.

Die Stadt gefällt mir sehr gut und ist auch die erste in Neuseeland in der ich mir vorstellen könnte zu leben. Nicht, dass ich das vor hätte, aber bis jetzt hat mich eben noch kein anderer Ort so richtig angesprochen.

In den Straßen sind immer wieder kleine Parks angelegt und im Allgemeinen gibt es viel Platz. Man fühlt sich nicht so eingeengt, wie ich es von anderen Städten gewöhnt bin.

Nach einem Rundgang mache ich die wichtigsten Besorgungen. Fährticket für die Überfahrt zur Südinsel, neue Schuhe (sind wieder die Salewa MS Train 2 geworden), Futter und noch paar kleine Sachen. Als ich auf dem Weg zu einer der bekanntesten independent Brauereien Neuseelands bin, dem Garage Prokekt, bleibe ich plötzlich stehen und applaudiere mir selbst. Ich Vollkoffer hab das Fährenticket irgendwo liegen lassen. Also alles wieder zurück, aber ich habe Glück, es liegt noch genau da, wo ich es vergessen habe.

Außerden überlege ich mir einen neuen Kocher zu kaufen, weil mein aktueller den Geist aufzugeben scheint. Dabei entdecke ich ein Kochersystem, das ich so noch nie gesehen habe. Es gibt keine offene Flamme, sondern es wird eine Fläche erhitzt, wo der zugehörige Topf draufgeschraubt wird. Dadurch ist das ganze System absolut windsicher und funktioniert auch bei Sturm. Eigentlich saugeil, denn wenn bei meinem Minikocher auch nur bissi Wind geht, brauche ich gleich ein Viertel der Gaskartusche nur um Wasser warm zu machen. Riesen Nachteil: Das Ding kostet 300 Dollar, nach aktuellem Kurs ungefähr 180 Euro. Langfristig gesehen aber sicher eine gute Investition, denn bei täglicher Verwendung für die nächsten Jahre hole ich das locker wieder rein, durch das ganze Gas, welches ich spare. Also checke ich mein Konto ob ich mir das geile Teil leisten kann. Oha. Moment. Mir schießt plötzlich ein, dass ich mit dem Geld am Konto ja nicht nur durch Neuseeland, sondern auch durch die USA muss. Denn mein restliches Kapital ist ja wegen dem kleinen Aktiendebakel gebunden. Und sofern ich nicht mit einem Verlust von über 30.000 Euro verkaufen will, muss ich die Aktien halten (bis sie hoffentlich wieder steigen).

Also nicht nur kein Kocher, sondern mir wird schlagartig klar, dass ich richtig, richtig, richtig, RICHTIG hart sparen muss. Nachdem ich mich sinnvoll betrunken habe und mir eine Henkersmahlzeit in einem Restaurant gönne, setze ich den Sparplan auf. Ab sofort müssen die Schuhe so lange getragen werden, bis ich mit den Socken am Asphalt laufe, es gibt kein neues Shirt, obwohl mein aktuelles komplett zerrissen ist und man quasi meinen ganzen Rücken sehen kann, keine vollen Ruhetage mehr, für die nächsten 10 Monate gibt es ausschließlich Instant Nudeln (2x täglich je 2 Packungen) und ich werde vermutlich keine neue Simkarte mehr kaufen (sprich keine Blogeinträge mehr 🙁 ). Wenn ich das alles einhalte, dann schaffe ich es so vielleicht bis zum Ende des Pacific Crest Trails, vermutlich im September 2019. Für den Rückflug reicht dann aber das Geld nicht mehr, werde dann wohl in Kanada holzfällen müssen 😀

Irgendwie hat mir diese Erkenntnis den Aufenthalt in Wellington bisschen madig gemacht. Nichtmal das Museum (freier Eintritt) konnte mich aufheitern. Fand es aber auch nicht so toll wie das Museum in Auckland, welches mir wirklich sehr gut gefallen hat.

Morgen gehts nach Picton und somit endlich auf die Südinsel. Achja, apropos Südinsel. Ich habe beschlossen die Richmond Range, welche ziemlich im Norden der Südinsel liegt, nicht zu machen. Die ist so änhlich wie die Tararua Range nur 4 Mal so lang. Daher habe ich einen Weg rundherum geplant. Weil ich aber verschiedene Tracks mitnehmen will und die Möglichkeit nutzen möchte die Westküste zu sehen, ist die Detour etwas größer ausgefallen 😀 in Summe sind es 785 Kilometer, 421 Kilometer mehr, als die offizielle Route des Trails. Trotzdem schätze ich, dass ich nur ein paar Tage länger brauchen werde, da viele (und lange) Abschnitte sehr einfach zu begehen sind und ich vielleicht auch ab und zu hitchen kann.

Die offizielle Route ist schwarz, meine Detour ist blau

Das wars für heute. Ich mache mir jetzt mal meine 20 Cent Instandnudeln… so zur Eingewöhnung 😉 Mahlzeit.