Te Araroa Trail 2: Die Northland Forests

Tag 6: Kaitaia

Ruhetag. Nix passiert. Habe (wieder mal) viel zu viel zu essen gekauft und musste etwa 4-5 Tage an Lebensmittelvorrat verschenken 😀 Glaub schön langsam hab ichs gelernt 🙂

Meinen am ersten Tag vergessenen Hering konnte ich ersetzen. Jetzt fällt mir das Zelt hoffentlich nicht mehr auf den Kopf.

Tag 7: Kaitaia – Apple Dam Campsite

Den heutigen Tag kann ich sehr ruhig angehen lassen. Der erste der vier Forests (Herekino Forest) ist gesperrt und muss umgangen werden. Der zweite Forest (Raetea Forest) steht angeblich komplett unter Wasser. Aus diesem Grund möchte ich den auch überspringen und steige beim dritten Forest ein. Dem Omahuta Forest.

Zuerst muss ich da aber mal irgendwie hin kommen. Die einfachste und definitiv günstigste Variante ist es per Anhalter zu fahren. Bevor ich mir eine geeignete Stelle suche, folge ich noch einen Hilferuf einer anderen Hikerin. Sie hat die Speicherkarte ihres Foroapparates in der Bibliothek in Kaitaia liegen lassen. Also gehe ich dort hin und frage nach. Die sehr bemühte Bibliothekarin sucht alles ab, aber leider taucht die Speicherkarte nicht auf. Ich hinterlege meine Handynummer, falls sie doch noch gefunden wird und stelle mich nun endlich auf den Highway direkt vor der Bibliothek um nach Süden zu kommen.

Obwohl nicht viele Autos unterwegs sind werde ich bald mitgenommen. Eine Mutter, die ihre Kinder gerade im Kindergarten abgesetzt hat, nimmt mich ein Stück mit auf ihrem Weg nach Hause. Sie schmeisst mich kurz nach einer Kreuzung raus, bei der sie abbiegen muss. Irgendwo im nirgendwo. Nur alle 10 Minuten kommt ein Auto vorbei. Wirklich nicht viel los heute.

Ein uralter Toyota bremst sich ein, nachdem er an mir vorbeigerast ist, und dreht um. Eine sehr junge Maori Familie wohnt genau dort wo ich hin muss und will mich mitnehmen. Wirklich Glück gehabt! Sicherheit spielt hier definitiv keine Rolle. Während das Baby am Schoß der Mutter sitzt (natürlich alle nicht angeschnallt), schießt der Toyota über die kurvenreichen Straßen. Teilweise so schnell, dass es mich aus dem Sitz hebt. Ich war mir sicher diese Fahrt nicht zu überleben 😀 Jedenfalls wurde ich praktisch bis vor die Haustüre gebracht, also exakt dort hin, wo ich in den Trail wieder einsteigen wollte. Der Familienvater hat mir gleich noch angeboten mich direkt zum Campingplatz zu bringen, was ich aber freundlich abgelehnt habe. Dann solle ich doch wenigstens was zu essen oder zu trinken mitnehmen, von den Einkäufen, die sie gerade getätigt haben. Aber mein Rucksack ist ja ohnehin schon zum bersten voll 😀

Endlich wieder am Trail, auch wenns heute nur 11 Kilometer sind. Der Omahuta Forest ist relativ einfach zu begehen. Der Weg folgt hier einer Schotterstraße. Nach nur kurzer Zeit werde ich von dem schweizer Paar eingeholt, welches ich schon in Utea Park getroffen hatte. Sie erzählen mir Horrorgeschichten vom Raetea Forest. Schlamm bis zum Oberschenkel, steile und überwucherte Auf- und Abstiege. Und beide sind am rutschigen Untergrund mehrfach gestürtzt. Bei etwa 1 Kilometer pro Stunde haben sie zwei Tage für die 18 Kilometer durch den Wald gebraucht. Ich bin wirklich froh mir das erspart zu haben.

Wir kommen sehr früh am Campingplatz an und treffen dort auf Jamie. Der Biologe aus Leidenschaft arbeitet für den DOC, das ist das Department, welches alle Wanderwege in Neuseeland verwaltet, und möchte den Weg jetzt auch mal selbst gehen, für den er schon so viel administrative Arbeit geleistet hat. Jamie hat viel Ahnung vom Wald und klärt uns unter anderem auf, dass das Wasser des Flusses nur deshalb braun ist, weil die Blätter einer bestimmten Baumart abfärben. Es ist also eigentlich kalter Tee und problemlos trinkbar. Ganz vertraue ich der Sache trotzdem nicht 😀

Etwas später stoßen noch Niels und Bart zu uns. Zwei Niederländer, die ziemlich erschöpft aussehen. Jamie bietet eine Führung durch das nahegelegene Kauri Sanctuary an. Kauris (gesprochen Ka-uri) sind eine neuseeländische Baumart, die schnurgerade und sehr hoch nach oben wachsen. Alte Bäume bekommen sehr dicke Stämme und wirken ziemlich imposant.

Allerdings breitet sich zunehmends eine Krankheit mit dem Namen Kauri Dieback unter den Bäumen aus, was auch der Grund ist warum der erste der Wälder und auch der folgende Wald (Puketi Forest) gesperrt sind.

Als wir zurück zum Campingplatz kommen ist Futterzeit. Und ich habs mal wieder geschafft was kaputt zu machen. Mein Topf hat eine abnehmbare Plastikschüssel am Boden… welche man im Normalfall… abnehmen sollte. Jedenfalls hat sich das Plastik so richtig schön über den ganzen Kocher verbreitet und ist in alle Öffnungen eingedrungen. Tja, das wars dann wohl mit dem Kocher. Dankenswerterweise haben mir die beiden Schweizer, Martin und Monika, ihren Kocher geborgt, damit ich trotzdem was warmes essen kann.

Gleich danach gings sofort ins Zelt, denn es ist eigentlich immer ziemlich kalt. Die Temperaturanzeige sagt zwar es ist nicht kalt, aber es fühlt sich permanent kalt an 😀 Außer die Sonne kommt raus, denn dank fehlender Ozonschicht über Neuseeland fühlt sich jeder Sonnenstrahl wie 4 Stunden Solarium an. Allerdings hatte ich bis jetzt (zum Zeitpunkt des Eintrages) in 2 Wochen Neuseeland noch keinen einzigen richtig sonnigen Tag. So gesehen ist es vielleicht normalerweise eh heiß hier 😀

Tag 8: Apple Dam Campsite – Puketi Recreation Area (ca. 35 Kilometer)

Die Nacht war sehr unruhig. Im Wald leben unzählige Possums, die nicht gerade leise sind. Immer wieder suchen sie einen Weg ins Zelt zur Nahrung, wodurch man oft aufwacht. Die Viecher sind nicht gefährlich, aber unglaublich lästig, vorallem weil ihre Schreie auch ziemlich laut sind. Man gewöhnt sich aber schnell dran, weil man wirklich an jedem Campingplatz welche hat.

Als ich aufstehe sind bis auf Jamie schon alle weg. Der Neuseeländer ist Langschläfer, geht aber verdammt schnell, wodurch er wieder aufholt. Da der Puketi Forest gesperrt ist, wird der Trail über Schotterstraßen umgeleitet. Dagegen hab ich nichts einzuwenden. Im Gegensatz zu den meisten anderen Wanderern gehe ich ganz gern auf Schotter. Jamie überholt mich bereits nach wenigen Kilometern und saust davon. Immer wieder treffe ich auf die beiden Niederländer, die noch immer sehr angeschlagen wirken. Bart hat massiv Probleme mit seinen Füßen. Aber auch ich bin heute nicht in Topform und mache mehrere längere Pausen.

Gerade als mir das Wasser ausgeht, komme ich an einem glasklaren Fluß vorbei. Filtern sollte ich trotzdem, aber weil das etwas Zeit in Anspruch nimmt, setze ich mich mitten auf die ohnehin nicht befahrene Straße und mache eine vorzeitige Mittagspause. Da kommen Niels und Bart die Straße runter und gesellen sich zu mir.

Von da an gehen wir gemeisam.

Barts Fuß ist ziemlich angeschwollen und wir müssen regelmäßig rasten. Was mir nur recht ist, ich mag Pausen 🙂 Obwohls mir nach der Mittagspause eigentlich super geht und ich vermutlich auch 50 Kilometer gehen könnte. Das einzige Auto, das uns auf der Straße begegnet hält an als Bart den Daumen rausstreckt. Der Fahrer bietet uns etwas von seinem Bier an und fragt ob wir auch mal an seinem Joint ziehen wollen… da hat es sich Bart schnell überlegt und geht doch lieber zu Fuß weiter 😀

Langsam nähern wir uns dem Campingplatz und passieren dabei die 200 Kilometer Marke. Bei einem „Siegerfoto“ finden wir, dass man uns am Campingplatz eigentlich jubelnd empfangen sollte und mit Essen überhäufen.

Als wir den Campingplatz erreichen jubelt uns eine Junggesellenabschiedspartie zu und bietet uns Bratwürstel an. Wie bestellt 😀 Das ist der größte Campingplatz auf dem wir bisher waren. Allerdings sehr rudimentär eingerichtet. 2 Plumpsklos, eine kalte Dusche und ein Waschbecken mit Regenwassertank. Trotzdem ist hier Highlife und es stehen haufenweise Camper und Autos rum.

Wir haben uns eine Zeltecke eingerichtet in der Jamie, Martin und Monika und ein belgisches Paar, das wir noch nicht kennen, bereits gewartet haben. Nachdem die Bratwurst nicht erfüllend war, habe ich mir wieder einen Kocher ausgeborgt um ein gscheites Abendessen zu machen. Also gscheit… ein Packerl Fertignudeln halt 😀

Leider sind wir erst sehr spät angekommen, wodurch bis auf das übliche abendliche „fertig machen“ kaum Zeit für Tratschereien bleibt. Ich muss außerdem noch mein Zelt reparieren, weil ein Possum in der Nacht drüber gelaufen ist und dabei ein Loch reingemacht hat. Apropos Possums. Auch diese Nacht wieder x-mal aufgwacht wegen diesen Mistviechern.

Tag 9: Puketi Recreation Area – Kerikeri (ca. 25 Kilometer)

So gut habe ich schon lange nicht mehr geschlafen. Das Schlimmste am Wandern ist das Aufstehen in der Früh. Raus aus dem kuschligen Schlafsack. Rein in die vom Tau feuchten Sachen. Und das klatschnasse Zelt einpacken.

Diesmal hänge ich mich gleich an Bart und Niels ran. Noch bin ich mir nicht sicher ob ich alleine oder in einer Gruppe gehen will. Aber es gibt jeden Tag irgendeine blöde Stelle zu queren, wo es einfach besser ist als Gruppe unterwegs zu sein. Die heutige blöde Stelle gilt es gleich zu Beginn zu bewältigen. Der Weg führt quer durch Farmland und eine Wiese steht komplett unter Wasser. Bis zum Oberschenkel stehen wir in einer Mischung aus Matsch und Kuhscheiße. Danach ist es wenigsten nur noch gemütliches wandern.

Die beiden Niederländer machen immer wieder eine ganze Menge Fotos mit ihren Profi-Kameras, die sie rumschleppen. Bart ist Regisseur und scheint hier ziemlich in seinem Element zu sein. So weit ich mich erinnern kann ist das der erste Regisseur überhaupt den ich treffe und so unterhalten wir uns sehr lange und ausführlich über Filme. Dadurch vergeht die Zeit sehr schnell und macht das Wandern für mich etwas erträglicher. Irgendwie will und will bei mir einfach keine Wanderlust aufkommen. Gut, die Tage am Strand mit bis zu 100 km/h Gegenwind und Regen waren nicht gerade berauschend. Aber ich kann auch die Faszination der anderen für die Wälder hier nicht teilen. Die Gegend ist „ok“, hat in mir aber noch keine Hochgefühle ausgelöst. Vielleicht brauche ich auch einfach nur mal Sonne, bis jetzt war es fast durchgehend bewölkt mit regelmäßigem Nieselregen.

Das Highlight des Tages ist der Rainbow Waterfall kurz vor Kerikeri.

Wir haben alle das selbe Motel gebucht und machen gemeinsam einen Ruhetag, weil wir ein Stück mit einem Kayak zurücklegen. Ich hätte zwar keinen Ruhetag gebraucht, wollte aber gerne bei der Gruppe bleiben.

Tag 10: Kerikeri

Die Niederländer und ich haben gestern am Abend noch gemeinsam unsere Wäsche gewaschen, welche dann aber verschwunden ist. Aus diesem Grund ist mein erster Weg heute zur Rezeption. Bereits am Weg dorthin sehe unsere Wäsche in einem Korb rumstehen. Ok, muss also nicht nackt wandern 😀 Dann muss ich mir noch einen neuen Kocher besorgen. Es ist ein ganz kleiner geworden, oder zumindest ein klein faltbarer. Wieder Platz gespart 🙂

Ansonsten mache ich heute nicht viel außer mich die ganze Zeit kratzen. Diese Sandflies sind noch fieser als die Possums. Im Prinzip sind das Gelsen, die aussehen wie Fruchtfliegen. Den Biss spürt man sofort und sie gehen fast ausschließlich auf die Beine, aber die Dippel halten eeeeeewig. Habe noch immer die vom ersten Tag. Und meine Beine sind übersäht, denn diese Mistviecher treten in riesigen Schwärmen auf und gibt es quasi überall.

Morgen gehts dann zu der Stadt, von der aus wir mit dem Kayak übersetzen. Hoffentlich hebt das meine Laune etwas. Aber ich habe von Anfang an befürchtet, dass mir die Nordinsel nicht so gut gefällt, ist einfach nicht die Art von Landschaft, die mich mit offenem Mund durch die Gegend laufen lässt. Vielleicht brauche ich auch einfach mal ein paar Wandertage an denen ich alleine bin, habe ja zum Glück noch reichlich Kilometer vor mir uns rauszufinden 😉