Te Araroa Trail 20: Sidetrip 2 – Der Heaphy Track

Tag 78: Takaka – Brown Hut – Gouland Down Hut

Der Shuttlebus holt mich erst zwischen 10:15 und 10:30 Uhr ab. Daher habe ich genügend Zeit um ausgiebig zu frühstücken und einfach ein bisschen in der Sonne zu sitzen. Muss man ja ausnutzen, wenn mal die Sonne scheint. Ein Supermarkt liegt am Weg zum pick-up, also genehmige ich mir noch ein Frühstückseis. Ein Mann marschiert auf mich zu und wünscht mir alles gute für den Rest meines Weges. Ich kenne den Typen nicht, aber anscheinend sehen die hier nicht so oft Leute, die den TA machen und er hat irgendwie davon Wind bekommen 😀 Ich sei noch verrückter als er, sagt er mir mit Lächeln, bei dem ein Gold- und ein Silberzahn herausfunkeln und reicht mir seine Hand auf die eine Handgranate tätowiert ist. Na dann 😀

Der Bus ist überpünktlich und bringt uns zur Brown Hut, welche direkt am Einstieg des Heaphy Tracks liegt. Auch wenn die Fahrt nur eine Stunde dauert, bin ich froh als es vorbei ist. Busfahren ist ohnehin nicht so meins und dann auch noch über die Schotterstraßen Neuseelands… da wird man ja direkt Seekrank.

Ohne viel Tamtam starte ich sofort die Wanderung, welche mit einem durchgehenden Aufstieg durch einen mehr oder weniger dichten Wald führt. Der Weg ist deutlich besser als gedacht. Es ist nicht sonderlich steil (und das ist der steilste Part des gesamten Tracks) und meistens eben und sehr breit. Von hinten quatscht mich ein junger Wanderer an. Er sieht ganz anders aus als die „typischen“ Hiker auf den Great Walks, welche in der Regel zwischen 40 und 60 sind und alle Klischees eines übermotivierten touristischen Abenteurers widerspiegeln. Craig eröffnet die Konversaion mit einer etwas seltsamen Fragestellung. Ob das mein einziger Track sei, den ich in Neuseeland mache. Ich kläre ihn auf, dass es für mich ein Sidetrip vom TA ist. „Das habe ich mir gleich gedacht, du siehst einfach viel schmutziger aus als alle anderen!“ Kurz überlege ich, entschließe mich dann aber dazu diese Aussage als Kompliment aufzufassen 😀 Als Hiker erkennt man sich gegenseitig eben sofort. Mir ist er nicht ohne Grund genauso aufgefallen, denn Craig ist den TA letztes Jahr selbst gelaufen. Weil er aber eine Hütte weiter will als ich, trennen sich unsere Wege schon bald wieder.

Der Rest des Aufstiegs verläuft einigermaßen unspektakulär. Lediglich die Hütte nahe des höchstens Punktes des Tracks fällt mir auf, denn sie wirkt mehr wie ein Hotel als eine Hütte 😀 Aber nach der Hütte gehts los. Der Pfad flacht ab und ich befinde mich mitten auf einem Plateau. Und komme aus dem Staunen nicht mehr raus. So viele Fotos habe ich an einem Tag noch nie gemacht! Während ich durch eine Steppenartige Landschaft gehe, bin ich umringt von Bergen. Hier könnte ich den ganzen Tag verbringen. Ach was… den Rest meines Lebens!

Bald darauf erreiche ich meine Hütte. Sie ist komplett ausgebucht und auch die Zeltplätze sind belegt. Sie ist deutlich rustikaler als die Hütte davor, aber definitiv ein gemütliches Häuschen.

Beim Abendessen tratsche ich mit den anderen und ein Pärchen rädt mir die nahegelegenen Höhlen zu besuchen. Was ich natürlich auch mache.


Außerdem nisten dort 2 Takahe. Das sind truthahnartige Vögel, welche Ende des 19. Jahrhunderts für ausgestorben erklärt, aber vor rund 70 Jahren wiederentdeckt wurden. Ihre Zahl wird auf 300-600 weltweit (gibts aber nur in Neuseeland) geschätzt. So gesehen bin ich ein wahrer Glückspilz die Tierchen in Natura gesehen zu haben.

Tag 79: Gouland Down Hut – Lewis Hut

In der Früh regnet es, aber ich habe 28 Kilometer fast durchgehendes Bergab mit nur wenig Steigung vor mir. Darum lasse ich mir Zeit und hoffe auf besseres Wetter. Außerdem sind hier alle im Gegensatz zu den Hikern auf dem TA Langschläfer und als ich um 9 losmarschiere bin ich einer der ersten. Tatsächlich hört es kurz darauf auf zu regnen, auch wenn es den restlichen Tag bewölkt bleibt.

Die gestrige Etappe bleibt konkurrenzlos. Zwar ist es nach wie vor sehr schön einen einfachen Weg durch bezaubernde Landschaft zu gehen, die Aussicht kann mich aber nicht wirklich fesseln. Pausen sind fast ein Ding der Unmöglichkeit weil hier überall Myriarden von Sandflies herumschwirren und so gehe ich meinem heutigen Ziel ereignislos entgegen.

Lediglich die Vogelwelt leistet mir Gesellschaft und ein paar Fantails tänzeln mir verspielt vor der Nase herum.

Ein neuer Freund. (Wobei Wekas niemals dein Freund sind, die wollen nur dein Futter klauen)

Ich komme als erster bei der Hütte an und reserviere mir gleich den besten Schlafplatz mit der saubersten Matratze. Nach und nach füllt sich die Unterkunft und wieder mal sieht man sofort den Unterschied zwischen Europäern und Neuseeländern. Während die Europäer beim Anblick der etwas rustikaleren Hütte das Gesicht verziehen, freuen sich die Neuseeländer über einen „wirklich tollen“ Schlafplatz. Ich persönliche finde die Hütte „ok“. Ist ganz nett, aber auch nichts besonderes. Immerhin gibt es Klos mit Spülung!

Mit einem schweizer Paar quatsche ich noch bis spät in die Nacht. Eine wirklich tolle Unterhaltung!

Ein Hinweis besagt: „Diese Einrichtung ist vorübergehend geschlossen“

Tag 80: Lewis Hut – Kohaihai – Karamea

Neuer Tag, selbes Spiel. Es regnet und ich versuche das Wetter auszusitzen. Ein Neuseeländer aus der Gegend sagt mir, dass es an der Westküste 360 Tage im Jahr regnet und es absolut nichts bringt da auch nur irgendwas aussitzen zu wollen. Na gut, dann gehe ich halt los.

Gleich zu Beginn des Tages gehe ich über die (angeblich) längste Hängebrücke der Welt. Ich habe keinen Faktencheck gemacht, aber da nichtmal auch nur ein kleines Täfelchen zu erspähen ist, zweifle ich sehr starkt an dieser Behauptung, welche aus einem Reiseführer stammt.

Es hört auf zu regnen, aber es ist unglaublich schwül. Das Wasser steht regelrecht in der Luft. Und so wird der eigentlich recht flache Weg zu einer schweißtreibenden Qual.

Fast den ganzen Tag gehe ich entlang der Küstenlinie und kann den donnernden Wellen zusehen, wie sie über die Felsen brechen.

Trotz den Sandflies muss ich einfach ein paar Pausen machen. Durch die Schwüle bin ich total erschöpft. Dabei treffe ich eine Familie, welche mir nach einer Tratscherei anbietet mich vom Ende des Tracks nach Karamea zu bringen. Erspart mir 16 Kilometer auf einer engen und vielbefahrenen Straße!

Zum Glück lässt sich die Sonne blicken, dadurch können meine (wieder mal) komplett durchgeschwitzten Sachen austrocknen. Etwa eine halbe Stunde warte ich am Ende des Heaphy Tracks, bis die Familie eintrifft und mich kurz darauf in Karamea absetzt. Ich gehe zu einem Resort, welches mir von mehrere Personen empfohlen wurde, bekomme aber keinen Schlafplatz mehr. Der Besitzer meint im ganzen Ort sei alles ausgebucht wegen Silvester. Verdammt, was mache ich denn jetzt? Zufällig sehe ich ein Schild zu einem Campingplatz. Für nur 10 Dollar (knapp über 5 Euro) bekomme ich einen ausgesprochen ruhigen Zeltplatz.

Neben mir haust Patrick. Ein Backpacker, der sein Auto geschrottet hat und jetzt erst mal in Karamea festsitzt. Er wirkt sehr angeschlagen und traurig. Er tut mir irgendwie richtig leid.

Der Supermarkt hat leider schon zu, aber weil ich ja jetzt einen Tag früher als angedacht in Karamea bin, habe ich ja morgen genug Zeit um meinen Futterbeutel wieder aufzufüllen.

Vom 90 Mile Beach zum 20 Minute Beach

Tag 81: Karamea

Den unerwarteten Ruhetag gehe ich genau so an. Unerwartet ruhig. Ich beschließe auch die Silvesternacht hier zu verbringen. 10 Dollar ist einfach supergünstig.

Ein schneller Resupply im Supermarkt ist gleich in der Früh erledigt und den Rest des Tages kann ich mit anderen Campern chillig abhängen. Und mit kratzen der Sandfly-Bisse verbringen. Zum Glück ist in diesem Kaff nicht viel los zu Silvester, wodurch mir die harte Feierei erspart bleibt. Dennoch gehe ich Abends mit drei jungen Deutschen auf ein Bier, bin aber (eh wie jedes Jahr) nicht für weiteren Rummel zu haben und verziehe mich pünktlich 10 Minuten vor Mitternacht ins Zelt. Nicht jedoch ohne vorher den wolkenlosen Sternenhimmel zu bewundern. Noch nie konnte ich die Milchstraße in solcher Klarheit sehen. Ich verliere mich so gerne in der Unendlichkeit des Universums. Viel lieber als in irgendwelchen Feiern in einem willkürlich festgelegten Zeitsystem (welches noch dazu nichtmal richtig funktioniert; siehe Schaltjahr) und wundere mich ein weiteres mal wie sich eine Spezies, die im Gesamtmosaik nicht mehr als ein Staubkorn auf einem Farbblättchen ist, für so wichtig halten kann.

Die Spaßkanone hat gesprochen. Frohes neues Jahr 🙂

Tag 82: Karamea – Seddonville

Weil ich in Seddonville keinen Empfang haben werde, darf ich hoffentlich ausnahmsweise schon vorgreifen.

Im Prinzip sollte das eigentlich der Ruhetag werden, denn der Bus bringt mich um 13:30 Uhr zum Start der Old Ghost Road, meinem dritten Sidetrip. Und weil Ankunft um 15 Uhr ist, werde ich nicht viel mehr machen als mein Zelt am örtlichen Campingplatz aufzuschlagen. Seddonville ist wahrlich ein Nest, weshalb es alles in allem ein langweiliger Tag zu werden scheint.

Ein klein wenig traurig bin ich schon, eigentlich wäre ich gerne noch länger in Karamea geblieben. Dieser Campingplatz ist so unglaublich ruhig und Patrick leistet unterhaltsame Gesellschaft. Auf der anderen Seite ist es gut, dass ich los muss, sonst würde ich hier wohl locker eine Woche hängen bleiben 😀

Jetzt besorge ich mir noch was zu futtern und dann ist eh schon Abfahrt. Hoffe ihr seid alle gut rübergerutscht und habt ein tolles Jahr 2019.